Liebe auf eigene Gefahr Roman
desinteressiert mit den Rollen auf den Boden klopfe, mustere ich in der Dunkelheit diesen Jungen, der es in weniger als einem Jahr vom Niemand in lächerlichen Shorts in die oberste Riege geschafft hat, was völlig in Ordnung ist – ich meine, soll er doch. Aber jetzt hier direkt vor meinen Augen dieses Pärchending abzuziehen …
Als die Eröffnungsakkorde von Lean on Me die letzten Takte des langsamen Songs übertönen, erwachen die Lampen wieder flackernd zu voller Wattleistung. Wie auf Kommando scheren die Jungs aus der Kreisbewegung aus und fahren, wohin sie wollen, nehmen die Tanzfläche in Besitz und lassen im Vorbeirollen BH-Träger schnalzen. Wie wäre es wohl, wenn einem die eigene Wirkung auch so … so egal wäre?
Bei der Reggea-Überleitung bewegt Kristi unbeholfen ihre Hüften auf eine Weise, die sie wohl für jamaikanisch hält. Gerade in dem Moment, als die Jungs in Gelächter ausbrechen wollen, rollt Jake lächelnd um sie herum. Sie packt den Saum seines Shirts und entführt ihn zum Getränketisch.
Ja. Es wäre toll, wenn ein Junge an meiner Seite wäre; wenn alle zuschauen würden, wie ich von der Tischkletterin zu einer beneidenswerten, fabelhaften, freien Person mutiere. Es wäre …
»Also?«, beendet Jeanine finster ihr haarspalterisches Verhör. »Bist du eifersüchtig?«
Ich nicke. Ja, bin ich.
In ihren knöchelhohen Söckchen erhebt sich Laura auf die Zehenspitzen und dreht sich unter den summenden Leuchtröhren der Umkleiden von Lord & Taylor hin und her. Automatisch tue ich es ihr gleich, ziehe den Überschuss an Satinstoff
am Mieder meines Kleides hinter mir her und versuche, das Ganze an der Stelle zu raffen, wo der Reißverschluss von meiner Wirbelsäule absteht. »Findest du nicht, dass es aussieht wie die neue Tapete in meinem Esszimmer?«, fragt sie und schiebt ihren Busen in dem gut sitzenden Korsett nach oben.
»Äh, nein.« Ich klemme das Zelt mit meinen Ellbogen fest, während ich die flache Fächerschleife über ihrem Hintern zuhake. »Es ist wirklich hübsch.« Ich senke die Fersen und mache einen Schritt nach hinten, um mich an die Resopalwand zu lehnen. »Mit wem gehen wir denn da hin, dass wir so groß sein müssen?«
»Katie?«, ruft Dad von draußen, wo ihm der Vorhang den Eintritt verwehrt, und ich raffe meine ausladenden Falten, um seiner Stimme zu folgen. »Da bist du.« Er stößt rückwärts gegen die Ständer mit Abendkleidung, die sich vor dem Eingang zur Umkleide drängen. Im Arm trägt er Pullover mit V-Ausschnitt, an seinen Ellenbogen baumeln Kordhosen, und an seinem angewinkelten Finger schaukelt ein pfirsichfarbenes Kleid. »Ich habe das hier gefunden. Ist das was?«
»Ich kann’s ja mal anprobieren.«
»Großartig.« Er mustert mich von Kopf bis Fuß. »Ich weiß ja, dass du es groß und unförmig magst, aber mit dem hier übertreibst du vielleicht ein wenig.«
»Ich weiß, Daddy. Es kommt auf den Ausschussstapel.«
»Deine Mutter durchwühlt gerade die Sonderangebote in der Männerabteilung. Ich werfe ihr jetzt diese Pullover zum Fraß vor. Ruf uns, wenn du eine dritte und vierte Meinung brauchst.«
Ich deute auf meinen Kopf, mein Zeichen, dass er sich das Haar glattstreichen soll, das sich in der Shoppingmall-Statik zu Entenflaum aufgeladen hat. Als ich mit dem pfirsichfarbenen Anwärter zurückkomme, ist Laura auf dem Teppichsockel
der Umkleide zu einem jämmerlichen geblümten Stoffhaufen zusammengesunken.
»Wen denkst du, sollte ich fragen?«
»Michael J. Fox?«
»Aus der Schule«, ergänzt sie das übliche Spielchen, während ich mich zur Seite drehe und mich frage, wie ich mit Dekolleté aussehen würde.
»Fragst du Jake?«
»Natürlich nicht .«
»Jetzt geh nicht gleich in die Defensive.« Sie hebt die Handflächen. »Außerdem ist deine Mom vollbusig – die wachsen schon noch.«
Ich kauere mich auf den Boden vor ihren Füßen. »Ich kann Jake nicht fragen. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis diese ganze Sache sich gelegt hat. Außerdem steckt er jetzt immer mit den Kristi-Mädels zusammen. Fragst du Rick?«
Ihre Nase kräuselt sich.
»Siehst du.« Ich stehe wieder auf.
»Was hältst du von Craig?«
»Von dem Craig, der im Labor neben dir sitzt?«
»Ja.« Sie zieht sich das weinrote Samtband aus der herauswachsenden Dauerwelle, streift es übers Handgelenk und schüttelt sich die schlaffen Wellen auf die Schultern. »Ihr beide würdet süß zusammen aussehen. Er groß und blond, du groß und brünett.«
»Soso.« Ich
Weitere Kostenlose Bücher