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Liebe auf eigene Gefahr Roman

Liebe auf eigene Gefahr Roman

Titel: Liebe auf eigene Gefahr Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma McLaughlin
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stecke den Finger in die winzige Öffnung. Weil ich weder Zeit noch Lust habe, Moms Unterwäscheschublade nach einem Unterhemd zu durchforsten, schnappe ich mir einen Edding vom Schreibtisch, hebe den Pulli ein Stück hoch und male mir einen radiergummigroßen Punkt auf die Rippen. Dann klappe ich den Stoff wieder herunter und – voilà! – kein Loch mehr zu sehen.
    »Du bist ein Genie.« Er schnäuzt sich.
    »Danke.« Ich wende mich wieder dem Spiegel zu. »Samba tanzen darf ich zwar nicht, aber das macht nichts, das steht sowieso nicht auf dem Spielplan. Mein Spielplan ist völlig frei von Samba – und sonstigen Details.«
    »Meiner auch.« Sein Hörgerät beginnt zu pfeifen, und er steckt den Zeigefinger hinein, um es richtig einzustellen.
    Ich kauere mich vor ihn und mustere sein Gesicht. »Und wie fühlst du dich, Dad?«

    »Toi, toi, toi.« Er klopft sich mit den Fingerknöcheln auf den Kopf. Als er merkt, dass sich seine Haare aufgeladen haben, streicht er mit der Hand darüber.
    »Wie schläfst du nachts?« Ich berühre die Knie seiner Kordhose.
    »Nicht schlechter als andere in meinem Alter.« Er beginnt, sich die Taschen abzuklopfen, sein Beruhigungsreflex, und ich stehe instinktiv wieder auf und mache einen Schritt nach hinten, um ihm Raum zu geben. »Du läufst um drei Uhr morgens die Straße entlang und stellst fest, dass alle anderen auch den Fernseher anhaben.«
    »Machst du das? Um drei Uhr morgens die Straße entlanglaufen?«
    Er schlägt sich mit den Handflächen auf die Oberschenkel. »Komm schon, deine Mutter wartet mit dem Essen.«
    »Moment noch. Dad, gehst du noch zu Dr. Urdang?«
    »Katie, solange du nicht während dieses Besuchs meine Krankenversicherung erneuerst …«
    »Ich will nur diese ganzen Täuschungsmanöver verstehen.«
    »Ich bereite mich auf eine zweite Karriere beim Geheimdienst Ihrer Majestät vor.«
    »Dad …«
    »Katie.« Er steckt das Papiertuch zurück in die Tasche.
    Vor lauter Wut über seine kindischen Vertuschungsversuche fange ich an, die Verpackungen des neuen Make-ups aufzureißen. »Wärst du so freundlich, mir eine richtige Antwort zu geben?«
    Er steht auf. »Hör zu, Kleines, ich habe kartonweise Aufzeichnungen vom Forschungszentrum, die ich schon seit Jahren zu einem Buch verarbeiten möchte.« Ich quittiere diesen oft gehörten Satz mit einem Nicken. »Und dann sitze ich da in dieser entsetzlichen Bibliothek mit ihren kalten Leuchtstoffröhren und höre denselben fünf Leuten bei dem
selben bescheuerten Etatstreit zu wie jedes Jahr, und da bin ich einfach durchgedreht. Auf was warte ich eigentlich noch? Vielleicht darauf, dass man dir mit fünfundsechzig die private Altersvorsorge auszahlen wird? »Ich fühle mich fantastisch. Wir haben uns endlich diese Last vom Leib geschafft – ich koche wieder, ich hole meinen Lesestoff nach, ich habe diese Pillen abgesetzt, von denen ich mich wie ein Zombie fühlte …«
    »Du hast was ?«, ereifere ich mich.
    Er tritt über die Schwelle. »Jetzt komm endlich, Katie, meine Puttanesca-Soße schmeckt am besten heiß.«
    »Weiß Mom davon?«
    Er tut so, als hätte er die Frage überhört, und schließt die Tür. Verdammt. Ich werfe einen Blick auf den Wecker, dann auf das Make-up, das in einer eingestürzten Pyramide auf der Tagesdecke gestapelt ist. Dann klappe ich die Puderdosen auf und trage vor dem Spiegel an der Rückseite der Tür die verschiedenen Farbtöne auf.
    »Katie?«, ruft Mom.
    »Sofort.« Als ich das Mascarabürstchen hochhalte, merke ich, dass meine Hand zittert.
     
    In der Küche dreht sich Mom mit Unschuldsmiene zu mir um. »Lust auf Wein?«
    »Nein, danke«, antworte ich und starre Dad an, flehe ihn an, etwas zu sagen. Aber er blickt hartnäckig nach unten und schöpft weiter Manicotti auf die Teller.
    »Dann vielleicht Milch?« Mom legt fragend den Kopf schief, während sie die Hand nach der Kühlschranktür ausstreckt. Ich kann meinen Blick nicht von Dads Mund abwenden, der sich zu einer grimmigen Linie zusammengezogen hat.
    »Danke, aber ich muss erst …«
    Dad seufzt.

    »… das hier hinter mich bringen. Und zwar jetzt.«
    Mit hochgezogenen Schultern sagt Mom: »Der Autoschlüssel liegt auf der Kommode.«
    »Danke, aber ich laufe lieber«, erwidere ich und küsse ihre Wange. Mein Herz verkrampft sich, als ich die Kücheninsel umrunde, ohne ihn dabei anzusehen. »Ich muss mir erst noch überlegen, was ich sagen will.«

ZEHNTES KAPITEL
    NEUNTE KLASSE
    Laura linst vom Altstimmenabschnitt des

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