Liebe auf eigene Gefahr Roman
sind gleich an der Abzweigung zu Benjys Eltern, oder?«, will Jake wissen.
Todd setzt sich aufrecht hin. »Schon, aber …«
»Lass uns einfach ohne ihn fahren«, fügt Sam hinzu.
Jake ignoriert sie und biegt ab. Kurz darauf halten wir vor dem heruntergekommenen Farmhaus. »Mann, fühlt sich gut an, wieder selbst zu fahren.«
»Er wohnt immer noch hier?« Angestrengt schaue ich über den dunklen Hof. Es gibt keinerlei Weihnachtsdekoration, das einzige Lebenszeichen ist eine schwache Lampe hinter dem Vorhang.
»Soviel ich weiß, schon«, bestätigt Jake.
Sam schaut mich an. »Er googelt«, witzele ich.
»Und meine Mutter lebt auch noch in dieser Stadt«, kämpft Jake beleidigt gegen seinen Außenseiterstatus an.
»Wenn man unter ›leben‹ versteht, dass sie Strafzettel wegen Alkoholmissbrauchs am Steuer sammelt«, flüstert Sam mir zu.
»Der Laden von Benjys Vater ging bankrott, als das große Möbelhaus aufmachte«, fügt Todd laut hinzu und übertönt Sams boshafte, wenn auch wahre Nebenbemerkung.
Jake drückt auf die Hupe, deren Echo in der nur vom Tuckern
des Motors durchbrochenen Stille verhallt. Wir beobachten das reglose Haus und warten auf eine Reaktion. Endlich zieht jemand den Stoff vor dem Fenster ein Stück beiseite … und lässt ihn wieder los. Das Licht geht aus.
»Gibst du mir meine Jacke?« Jake streckt den Arm nach hinten aus.
Sam gräbt zwischen unseren Sitzen einen braunen Wildlederparka aus und reicht ihn nach vorne. Der anscheinend nicht länger um einen Aufstand besorgte Jake stellt die Zündung ab und steigt aus.
Todd klopft aufs Armaturenbrett. »Ich kann gar nicht glauben, dass die Kiste noch läuft.«
»Jake Sharpes erstes Auto?«, fragt Sam verächtlich. »Seine Mom bewahrt es wahrscheinlich in Windeln gewickelt in einer beheizten Garage auf. Wart ihr schon auf dem Gelände?«
»Nur ganz kurz«, gebe ich zu. »Sah aus wie immer. Du weißt schon, bis auf das Flutlicht.«
Wir schauen zu, wie Jake die Stufen zu der schiefen Veranda hochspringt.
»Nein«, sagt Todd und streicht übers kastanienbraune Kunstleder. »Nachdem Jakes Dad abgehauen ist – wann war das – ungefähr ‘93?«
»Direkt nach dem Highschool-Abschluss«, antwortet Sam.
»Stimmt. Na ja, ein paar Jahre später fing sie an, die umliegenden Häuser aufzukaufen. Sie ließ die Außenwände stehen, riss aber das Innenleben heraus und machte irgendwas Verrücktes daraus – Ställe, ein Privatkino, ein Schwimmbad. Anscheinend pendelt sie im Sommer im Golfcart von einem Gebäude zum nächsten.«
»Vollkommen geisteskrank.« Sam schüttelt den Kopf, wo der neue Gedanke auf eine bereits stark abgenutzte Furche trifft.
»Es ist so traurig.«
»Was?«, dreht sich Sam zu mir um.
»Sie wollte nie hier leben – Susan. Jakes Dad schleifte sie von Boston hierher, wegen der Arbeit, und war dann neun Monate im Jahr auf Reisen und ließ sie vollkommen allein. Und nach alledem macht er sich davon, und sie … sitzt hier irgendwie fest. Ich weiß nicht. Es ist traurig.«
»Wir waren genauso oft in dem Haus wie du, Katie. Die Frau ist eine Hexe.«
»Aber ich sage doch nicht, dass sie keine Hexe ist. Ich sage nur, dass es traurig ist.«
Wir sehen zu, wie Jake aufhört zu klopfen und stattdessen den Finger auf die Klingel legt.
»Das ist ja überhaupt nicht peinlich.« Ich ziehe die Fäuste in meine Ärmel hoch.
Sam reicht mir seine Handschuhe, und ich stecke dankbar die Hände hinein. »Er ist persönlich da, anstatt seine Anwälte mal wieder einen Brief schreiben zu lassen – das ist doch schon was.«
»Seid ihr etwa immer noch an der Sache dran?«, fragt Todd und zieht sich wieder den Pullover an.
»Ja«, antwortet Sam, »wir sind immer noch dran . Dir ist das jedenfalls nicht zu verdanken, du elender Schlappschwanz.«
Todd fährt herum. »Ich habe die größte Autohauskette im Land. Im ganzen Staat. Und deshalb werde ich ganz bestimmt nicht den Helden der Stadt verklagen.«
»Nur, weil du mehr Geld damit machst, jedem zu erzählen, du wärst immer noch sein bester Freund. Ich schätze, dieser kleine Ausflug sichert dir die Rente.«
»Du wirst nie gewinnen, Sam.« Todds gemessener Verkäufertonfall kehrt zurück. »Seine Anwälte haben selbst Anwälte. Lass es endlich ruhen.«
»Dieses Geld gehört meinen Kindern«, bellt ihn Sam an.
»Benjy!«, ruft Jake von der Veranda. Man kann seinen Atem sehen. »Beweg deinen Hintern hier raus! Wir fahren zum See!«
Die Vordertür fliegt auf, und der nur mit
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