Liebe auf eigene Gefahr Roman
Jim-Beam-Etikett ab. »Du besitzt die größte private Sammlung in den Vereinigten Staaten.«
»Echt?«
»Steht im Architectural Digest .« Er rollt das klebrige Papier zwischen seinen Handflächen zu einer engen Rolle.
Mit offenem Mund starrt Sam Todd an, er kann es nicht glauben.
»Michelle hat ein Abo«, erklärt Todd schulterzuckend.
»Eden muss sie gekauft haben.« Jake erholt sich langsam. »Sie kauft immer irgendeinen Blödsinn und erzählt mir nichts davon. Ihr wisst ja.«
»Absolut, ich hasse es, wenn ich Laura zu Wal-Mart schicke, um ein paar Sachen zu besorgen, und sie dann mit einem Kofferraum voll japanischer Handwärmer zurückkommt.« Sam schüttet sein Bier in die letzten, kraftlosen Flammen, und wir lauschen dem Brutzeln. Schachmatt gesetzt starrt Jake in den grauen Rauch, während Todd das zusammengerollte Etikett in den Hals der leeren Flasche klopft.
»Okay, Zeit zum Eislaufen!« Urplötzlich schnappt sich Jake sein letztes Bier vom Boden, drückt die Holztür auf und rennt die Treppe hinunter. Langsam stemmen wir uns von den Liegen hoch und beobachten durch die Tür, wie er durch den Pulverschnee zu der Stelle stapft, wo der Rasen steiler wird, seitwärts die Uferböschung bis zum Rand der Eisfläche hinuntertrippelt und sich auf den alten Anleger
setzt, um sich die Schlittschuhe anzuschnallen. Dann schiebt er sich auf die gefrorene Oberfläche hinaus, fährt von uns weg. Ohne an Schwung zu verlieren, öffnet er seine Dose, worauf sich ein bogenförmiger Sprühregen ergießt, der im Mondlicht blau schimmert. Unter Freudengeschrei streckt er die Arme aus und wirbelt herum, das Gesicht dem dunklen Himmel zugewandt.
»Es ist wunderschön!«, lockt er.
Todd folgt dem Sirenengesang und schlurft zum Auto hinaus, um seine Schlittschuhe vom Vordersitz zu holen und dann die Böschung hinunterzuklettern. Sam wendet seine Aufmerksamkeit unterdessen einem unordentlichen Haufen Freizeitgerät in der Ecke zu und hebt halbherzig einen schlaffen Fahrradschlauch vom Boden auf, während ich die kleine Kette an einer neben mir stehenden, aus einer alten Boje gefertigten Lampe ziehe, deren Licht die zerbrochenen Kanuruder und abgelegten Badeanzüge erfasst. Sam hebt eine der zig zerdrückten Flaschen Sonnenspray auf und schüttelt sie.
»Hier«, sage ich und deute auf die Ecke, in der Jake den Deckel der zersplitterten Holztruhe offen gelassen hat. Nachdem ich die Spinnweben beiseitegefegt habe, reiche ich ihm ein paar Männerschlittschuhe.
»Verdammt, warum nicht? Hab schließlich die Fahrkarte bezahlt, da kann ich genauso gut die ganze Fahrt mitmachen.« Er ergibt sich in sein Schicksal und wirft die Plastikflasche ins Kanu. »Geht’s dir gut?«
»Fantastisch. Und dir?« Wir schauen uns an, zwei entfernte Verwandte, die bei einer Beerdigung nicht die richtigen Worte finden.
»Sehn wir uns dort unten?«, fragt er schließlich und klopft an den Türrahmen. Ich nicke, und er lächelt kurz und stapft davon.
Ich grabe weiter und fördere Schlittschuhe, Schneeschuhe
und Gummistiefel zutage. Dann entdecke ich ganz unten nicht nur ein kleineres Paar Schlittschuhe, sondern genau das, auf das ich mit verblasstem rotem Edding KATIE geschrieben habe.
In den wenigen Minuten, die ich brauche, um mir die Schlittschuhe anzuschnallen, gleiten die Jungs bereits mit der Bierdose in der Hand kreuz und quer aneinander vorbei. Die sportliche Betätigung und der Alkohol befeuern ihr dringendes männliches Verlangen, einfach nur eine gute Zeit zu haben, einfach nur zu dem Punkt zurückzugelangen, an dem alles in Ordnung war, an dem alles, was wir brauchten, die Nähe der anderen war.
Zaghaft mache ich einen Schritt nach vorne, meine Knöchel wackeln, bis ich in Fahrt komme. Dann beginne ich, gleichmäßig auf dem silbernen Eis dahinzugleiten, ich erinnere mich, erinnere mich, wie es geht. Als es dunkel wird, blicke ich nach oben und sehe, dass eine dichte Wolke den Mond verdeckt. Ich zögere – und in diesem Moment legen sich Hände auf meine Hüften.
SECHZEHNTES KAPITEL
ZWÖLFTE KLASSE
»Sam, die gehört auf deinen Schoß.« Laura trägt die Suppenterrine ins Esszimmer und liefert eine eigentlich selbstverständliche Bedienungsanleitung für die Servietten, die sie und ich sorgfältig in Moms gute Weingläser gesteckt haben.
Schulterzuckend zieht sich Sam die Serviette vom Kopf und legt den Leinenstoff übertrieben elegant auf seinen Schoß. Jake lacht, schnappt sich seine eigene Serviette aus dem Glas und zieht
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