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Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Platz vorüber. Am liebsten hätte ich in Ritas nahtlose Nylons gebissen — wenn ich mich getraut hätte...
    Die Musik setzte aus. Sie blieben einen Augenblick stehen und sahen sich an. Dann zog Dan sie an sich und küßte sie ziemlich lange. Ich konnte schon nicht mehr hinsehen. Rita schloß die Augen und schmiegte sich an Dan. So. Jetzt würde auch er drei Wochen nach diesem Parfüm riechen!
    Von nun ab tanzten sie öfter und küßten sich häufiger. Dan vernachlässigte mich. So sind Männer. Überein paar Küssen vergessen sie ihre Freunde.
    Als es dämmerte, hatten sie die Flasche fast geleert. Rita hatte einen kleinen Schwips. Nach einem wilden Gedudel, bei dem sie ziemlich herumgehopst waren, fielen sie auf die Couch nieder. Dan wühlte in ihrem Haar herum und küßte sie wild.
    «O Dan», flüsterte sie, als sie den Mund frei hatte, «Du Lieber! Nun muß ich aber gehen!»
    «Warum?» fragte er.
    «Weil ich sonst kein anständiges Mädchen bleibe.»
    «Ist das so wichtig?» fragte mein Herrchen kühn.
    Sie antwortete nicht direkt, sie streichelte sein Haar. «Die Eltern erwarten mich zum Essen», sagte sie. «Aber wir haben ja noch so viel Zeit. Alles kann schön werden, wenn du willst.»
    Beide sahen etwas zerwühlt aus. Rita brauchte eine Viertelstunde vor dem Spiegel, um alten Glanz neu aufzufrischen.
    «Ich bring dich runter», sagte Dan.
    Er rief mich, und wir fuhren im Aufzug abwärts. Rita ging zu einem gewichtigen Auto. Sie verabschiedete sich so zärtlich von Dan, daß die Leute sich umdrehten; mich streichelte sie kurz, aber huldvoll. Dann rauschte sie ab.
    Oben roch es wie in einer Parfümerie. Dan pfiff vor sich hin, als er aufräumte.
    Sie hatte ihn schwer angeschlagen, das merkte ich. In ein paar Tagen kam das Familienessen. Und dann? Dann würde er die Reise perfekt machen, und schon war's um ihn geschehen.
    Was konnte man nur tun? Wenn irgend jemand ihm zugeredet hätte — aber ich, ein Dackel von zwölf Pfund, was sollte ich machen? Von schweren Gedanken bewegt ging ich zu Bett.
     
    Am nächsten Tag machten wir uns gleich nach dem Frühstück auf. Dan hakte mich an die Leine. Die ganze Bude roch immer noch nach Rita, die Erinnerung an sie brachte mir Herzklopfen. An Eugens Kneipe waren die Rolläden noch heruntergelassen. Wir gingen um ein paar Ecken und kamen in eine ruhige, schmale Straße. An einem freundlichen Haus klingelte Dan.
    An der Wohnungstür schnupperte ich wie immer an der unteren Ritze herum. Plötzlich wurde mir schwindelig. Ein Geruch war das, so vertraut, so heimatlich, so schön, daß ich am liebsten unter der Tür durchgekrochen wäre. Gleichzeitig vernahm ich ein leises Trippeln, wie es nur Hundepfoten auf Linoleum hervorbringen. Ich spürte, daß auf der anderen Seite der Ritze auch einer herumschnupperte. Die Tür öffnete sich: Ich stand vor meinem Bruder Ralf! Die nächsten Minuten verliefen äußerst turbulent. Wir kugelten im Korridor herum, sprangen mit allen vieren zugleich in die Luft und stießen schrille Freudenschreie aus. Es war ein Höllenlärm. Aus einer Tür kamen zwei Kinder heraus, und jemand schrie: «Was ist denn das für ein Krach, zum Teufel?»
    Dan erwischte mich und hob mich hoch. Ralf sprang wie ein Irrer an ihm empor und versuchte, mich an den Ohren zu ziehen. Endlich beruhigte auch er sich.
    Vor uns stand eine kleine niedliche Frau. Wie ein Porzellanpüppchen. Sie war es, die damals Ralf abgeholt hatte.
    «Sieh, Mutti, genau wie unserer!» riefen nun ihre Kinder.
    Jetzt erst kam Dan dazu, sie zu begrüßen. Anschließend traten wir in das Zimmer, aus dem die zornige Stimme gekommen war. Auch den Mann am Schreibtisch erkannte ich wieder. Das also war Paul Gilbert. Er war genauso klein wie seine Frau. Sein Kopf war das Größte an ihm; aber in seinem zerfurchten und faltigen Gesicht hatte er so kluge und gute Augen, daß mir warm ums Herz wurde.
    «Tag, Daniel», sagte er und deutete auf mich, «Quernheim?»
    «Ja. Der Letzte seines Stammes.»
    Im Laufe des Gesprächs erfuhr ich, daß Ralf dieselben Unarten hatte wie ich. War auch kein Wunder.
    «Wenn das so ist, seid ihr ja Kummer gewohnt», meinte Dan. «Ich wollte euch nämlich bitten, ihn tagsüber zu euch zu nehmen. Wenn ich ihn allein lasse, frißt er mir die Tapeten von den Wänden.» «Gern», sagte Gerda. «Einer von uns ist ja immer zu Hause. Außerdem können sie im Garten herumtoben.»
    «Ja», fügte Paul hinzu, «zu zweit werden sie auch mit dem Ausgraben der Tulpen schneller

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