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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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auf der Hochzeitsreise seine verflossenen Liebschaften vorzuführen!«
    »Liebschaften?« rief sie, »waren es denn mehrere?«
    »Ich bitte dich, Elisabeth! Nagel mich nicht auf ein Wort fest, das mir in der Erregung herausgerutscht ist.«
    »Schon gut. — Aber du wirst mir die Frage erlauben, weshalb du Anna nicht früher aufgesucht hast. Du warst doch nach dem Kriege fast jedes Jahr in Italien...«
    »Fünf Jahre nach dem Krieg zum erstenmal! Du vergißt, daß ich Kriegsstudent war und daß ich mich tüchtig auf den Hosenboden setzen mußte, als plötzlich im Examen nicht mehr stramme Gesinnung gefragt war, sondern nur noch das BGB. Von daheim hatte ich wenig Unterstützung; ich hatte nichts als meinen Ehrgeiz, so rasch wie möglich auf eigenen Füßen zu stehen. Und das ist mir schließlich auch gelungen. Natürlich war Gina nicht aus meinem Gedächtnis gelöscht, aber ihr Bild verblaßte, wie das nun einmal geht...«
    »Wessen Bild?« fragte sie verblüfft.
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte er und runzelte die Stirn, um den Gedanken nicht zu verlieren, den er noch nicht beendet hatte.
    »Du sagtest soeben: Ginas Bild...!«
    »Unmöglich! Du mußt dich verhört haben!« rief er hastig.
    »Ich habe mich nicht verhört, Lorenz«, sagte sie entschieden, »aber es ist möglich, daß du dich versprochen hast.«
    »Wenn es geschehen ist«, sagte er nervös, »dann geschah es ohne realen Hintergrund. Gina — es ist zu lächerlich, ich wüßte nicht, wie ich auf diesen Namen kommen sollte!«
    »Ich auch nicht. — Es hat natürlich genausowenig zu bedeuten gehabt wie der Plural, den du vorher gebrauchtest, als du von deinen verflossenen Liebschaften sprachst, nicht wahr?«
    Er schüttelte sich leicht, es sollte wohl komisch wirken: »Was für ein Glück, daß die Zeiten der Inquisition vorüber sind! Du wärest als Großinquisitor wahrhaftig zu fürchten gewesen.«
    »Wie merkwürdig, nicht wahr? Wir beginnen uns zu entdecken. Du mich und ich dich. Ich bin wirklich darauf gespannt, was für Überraschungen uns noch bevorstehen.«
    »Weshalb bist du so bitter?« fragte er tief betroffen, »habe ich dich so sehr enttäuscht?«
    Sie drehte ihr Glas, in dem aus dem Rest des schal gewordenen Weins die letzten Perlen aufstiegen, zwischen den Fingern und schaute wie in einen Spiegel hinein. Ihr langes Zögern war nicht dazu angetan, seine Unruhe zu vermindern.
    »Daß ich über die letzten Ereignisse gerade juble, wirst du wahrscheinlich weder erwarten noch verlangen...«
    »Natürlich nicht«, sagte er mit schmalen Lippen, »aber ich hoffe doch, daß du darüber hinwegkommen wirst. Denn schließlich liegen diese Dinge mehr als zehn Jahre zurück.«
    »Und damit willst du sagen, daß sie verjährt sind?«
    »Ja, ja und nochmals ja! Denn einmal verjährt alles. Liebe, Haß und Eifersucht. Einmal verjähren und vergehen alle Gefühle, die uns bewegen!«
    »Gefühle vielleicht. — Du vergißt aber, daß hier ein Kind existiert, dessen Vater du bist!«
    »Ich habe es nicht vergessen!« Er preßte, die Augen überdeckend, für einen Moment beide Hände vor das Gesicht: »Ich weiß nur nicht, wie das weitergehen und was ich tun soll.«
    »Ich weiß es auch nicht, Lorenz, und ich kann dir auch keinen Rat geben.«
    »Pietro Cosini, der Mann, mit dem Anna seit fünf oder sechs Jahren verheiratet ist, arbeitet in den Steinbrüchen von Carrara. Der Marmorstaub hat seine Lungen geschädigt. Anna will hier an der Piazza Feltrinelli eine Cafeteria pachten oder kaufen...«
    »Und du hast ihr Geld angeboten, nicht wahr? Und Anna hat dein Angebot abgelehnt. Ich weiß, es war zwischen euch von Geld die Rede.«
    »Ja! Und ich empfinde die Schäbigkeit dieses Angebots genauso wie du!« sagte er und fuhr sich verzweifelt durch die Haare. — »Es steht nicht gut um mich, wie? Mein Bild trübt sich in deinen Augen von Stunde zu Stunde mehr, nicht wahr?«
    Sie hob den Kopf und starrte zu der gelben Birne empor, die schirmlos in dem Spiräengerank über dem Tisch hing: »Ich warte seit einer guten Stunde auf deine Frage, ob ich dich noch liebe. Weshalb stellst du sie eigentlich nicht, Lorenz?«
    »Weil ich sie nicht zu stellen wage!«
    »Dann will ich sie dir beantworten, auch ohne daß du gefragt hast: Ich liebe dich. Ich liebe dich, obwohl ich innerlich vor Zorn und Empörung fast platze. Und ich rede mir fortwährend ein, daß diese vergangenen Dinge mich nicht berühren können und mich nicht berühren dürfen. Aber sie berühren und

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