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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Deckenbeleuchtung einschaltete. Auf dem Bild über dem Doppelbett tanzten die Nixen noch immer bei Mondenschein auf der Blumenwiese; ihre hauchdünnen Schleiergewänder schimmerten im Licht der Alabasterampel in einem süßlichen Rosa, das die Klebrigkeit der Szene unerträglich machte. Während Elisabeth sich für den Abend im Badezimmer erfrischte und schönmachte, kleidete Lorenz sich im Schlafraum um, aber sein Bild sah ihm, als er vor dem Schrankspiegel den Knoten der schwarzen Strickkrawatte band, nicht gerade freundlich entgegen.
    In Elisabeths Gegenwart hatte er sich mit Gewalt bezwungen, um sich nichts von dem Schock, der ihm widerfahren war, anmerken zu lassen. Zum Glück war sie auf dem Heimwege nicht gesprächig gewesen, da der steile Weg in der halben Dunkelheit ihre Aufmerksamkeit zu stark in Anspruch genommen hatte.
    Allein mit sich selbst und für ein paar Minuten unbeobachtet, setzte er sich leicht erschöpft auf den Bettrand und preßte die Hände vor die Augen. Er sah aus, als sei er plötzlich um zehn Jahre gealtert. Was für eine groteske Situation! Die Frau, mit der er seit acht Tagen verheiratet war, saß ahnungslos dabei, während eine andere, die einmal vor langer Zeit seine Geliebte gewesen war, ihm offenbarte, daß er einen Sohn habe. Und merkwürdigerweise empfand er ein Gefühl der Kränkung, daß Anna dieses Kind für sich beschlagnahmt hatte, als ihr Geschöpf und ausschließliches Eigentum, gerade so, als ob seine Rolle dabei ohne jede Bedeutung gewesen sei. Ein Geschenk, das sie sich von der Madonna erbeten hatte und das ihr gnädig gewährt worden war. Und es kränkte ihn auch, daß Anna sein Angebot, ihr zu helfen, so schroff zurückgewiesen hatte. Schließlich hatte er es wahrhaftig nicht gemacht, um den Dank, den er ihr schuldete, mit barem Gelde abzutragen, oder gar, um sein Gewissen zu entlasten und seine Verpflichtungen loszuwerden. Es bedrückte ihn schwer, wie er mit dem Problem Anna und dem größeren, das sich für ihn aus der Existenz ihres Sohnes ergab, fertig werden sollte. Man konnte es doch nicht einfach beiseite schieben, wie Anna es zu wünschen schien, und insgeheim darauf hoffen, daß es nach und nach in die dunklen Verliese des Gedächtnisses absinken werde. — Aber noch peinlicher und bedrückender als diese Probleme empfand er im Augenblick die Tatsache, daß dieses alles in Elisabeths Gegenwart geschehen war und daß er es nur einem Zufall, ihrer Unkenntnis der fremden Sprache, zu verdanken hatte, daß sie ahnungslos war. Mehr noch als die Zukunft war es die Gegenwart, die auf ihm lastete. Wie widerwärtig die Harmlosigkeit, die er Elisabeth in diesen Tagen Vorspielen mußte! Wie jämmerlich die Ausreden und Ausflüchte, die er um das Gespräch mit Anna zu ersinnen gezwungen war! Und wie man es auch drehen und wenden mochte, eine scheußliche und ausweglose Lage. Es sei denn... Er krümmte sich und preßte die Handwurzeln gegen die Augen — er erzählte Elisabeth, was geschehen war und was er erfahren hatte. Aber konnte er ihr die Wahrheit sagen, ohne daß seine Ehe einen unheilvollen Riß bekam? — Er war so tief in Gedanken versunken, daß er Elisabeths Eintritt ins Zimmer überhörte und erst aufschrak, als sie ihn anrief.
    »Hallo, was ist mit dir los? Hast du Kopfschmerzen?«
    Er war ihr für dieses Stichwort dankbar: »Ja, elende Kopfschmerzen, ich habe gestern doch ein paar Glas zuviel erwischt!«
    Sie suchte in ihrem Handtäschehen und reichte ihm eine Röhre mit Tabletten. Er nahm zwei davon und spülte sie mit einem Schluck Wasser aus der frisch gefüllten Karaffe hinunter. Elisabeth drehte sich vor dem Spiegel. Sie trug ein Kleid, in dem er sie zum erstenmal sah. Blauweiße Seide, quer gestreift, ein enges Mieder ohne Träger, und einen weiten krinolineartig abstehenden Rock, unter dem die Rüschen eines steifen Petticoats knisterten.
    »Du siehst hinreißend aus!« sagte er und suchte ihren Blick im Spiegel, »du wirst von Tag zu Tag bezaubernder...«
    Sie wich seinem Blick aus: »Ich bin für Komplimente noch empfänglicher, wenn ich keinen Hunger habe...«
    »Andiamo!« rief er und zog ihre Hand durch seinen Arm. »Laß uns gehen und sehen, was uns Signor Portula zu bieten hat.«
    Sie schlenderten ins »Albergo Trota« hinüber und nahmen unter einem dichten Dach weißblühender Spiräen an dem für sie reservierten Tisch Platz. Die Mauer des Hauses strömte eine angenehme Wärme aus, so daß Elisabeth das Überjäckchen ablegen konnte. Signor

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