Liebe auf südlichen Straßen
dem Mädchen loszueisen. Stell dir das vor, sie kriegt ein Kind von mir! Und jetzt wollte sie durchaus mit mir mit! Und wie das mit ihr weitergehen soll, hat sie mich gefragt. Und dabei will ich sie ja heiraten. Aber doch nicht jetzt. Verdammt noch mal, was macht man da? Ich habe ihr gesagt, daß wir den Engländer vielleicht wieder rausschmeißen und zurückkommen. Is natürlich ‘n Quatsch. Das geht jetzt ab und heidi mit uns genau wie in Afrika und in Sizilien. — Na ja, auf jeden Fall hab’ ich ihr meine Heimatanschrift gegeben und auch die Adresse von meiner Mutter, falls ich den Hintern zukneifen muß. Und ich werd’ der Ollen mal in den nächsten Tagen schreiben, daß sie es gefaßt tragen soll, wenn sie Großmutter wird. Nur ich fürchte, ich fürchte...«
»Was fürchtest du, Paule, daß deine Mutter aus den Pantinen kippt?«
»Keine Spur! Die wundert sich schon seit meiner Konfirmation, daß ihr noch kein Mädchen was Kleines auf die Schwelle gelegt hat. Die ist innerlich auf alles vorbereitet. Nee, weißt du, ich habe das peinliche Gefühl, daß Angela uns nachlaufen wird...«
»Mann Gottes! Wir können doch keine Weiber bei der Batterie gebrauchen!«
»Hab’ ich ihr auch beizubiegen versucht... Aber mach das mal so einem italienischen Mädel klar!«
Er trottete mit hängenden Schultern davon und ordnete sich im rechten Flügel der lang auseinandergezogenen Gruppe ein. Unsere Aufgabe war ziemlich witzlos. Das Gelände, das wir durchrechten, war bretteben und bis auf ein paar Weidenbüsche, Maulbeerpflanzungen und Weingärten zumeist abgeerntet und kahl und bot Heckenschützen nur wenig Gelegenheit, uns abzuknallen. Die Siedlerstellen, die wir antrafen, umgingen wir in weitem Bogen. Auf den Feldern und in den Gärten war weit und breit kein Mensch zu sehen. Nur das Vieh glotzte uns an. Es war ein wenig unheimlich. Dabei lag uns das Dröhnen von rollenden Panzern dauernd in den Ohren. Es mußte sich um den Einsatz riesiger Verbände handeln.
Manchmal brausten feindliche Jäger über uns hinweg, bei deren Annäherung wir uns flach an die Erde warfen und regungslos liegen blieben, bis sie außer Sicht waren. Sie hatten uns am Kirchturm von Pastola gezeigt, daß sie zu schießen und zu treffen verstanden. Weiter östlich zogen ungeheure Geschwader wie blitzende Taubenschwärme nach Norden und bombardierten die Rückzugsstraßen unserer Truppen. Einmal erschien ein Zerstörer auf der hohen See, näherte sich der Küste und nahm die Straße unter Beschuß. Gelbe Staubwolken wirbelten auf, verhüllten den Horizont und sanken langsam nieder.
Bei Anbruch der Dunkelheit sammelte ich meine Männer. Es war sinnlos, weiter querfeldein zu stolpern und zahllose Wassergräben zu überwinden. Außerdem galt es, schnell voranzukommen. Bei völliger Dunkelheit marschierten wir flott weiter und erreichten gegen Mitternacht Ardea, unser Marschziel. Es war wirklich eine typische Siedlung mit schnurgeraden, sich rechtwinklig schneidenden Straßen; ein Marktflecken, in dem man sonst um diese Zeit nur liebeshungrigen Katzen begegnete. Zwar war das Nest abgedunkelt, aber die ganze Einwohnerschaft trieb sich auf den Straßen herum oder lungerte in den Kneipen. Vor uns rückten sie aus, als trügen wir die Pest heran. Und in jeder Osteria, in der wir einen Schoppen oder eine Aranciata trinken wollten, jagte der Padrone bei unserer Annäherung seine Gäste davon und tat, als sei er gerade dabei, den Laden dichtzumachen. Das passierte uns drei- oder viermal hintereinander, bis ich ungemütlich wurde und mit der Pistole zu spielen begann. Dann durften wir uns endlich in einer Osteria wenigstens selbst bedienen. Der Wirt rührte für uns keinen Finger.
Es war klar, jeder Padrone fürchtete, daß er von den nachrückenden Partisanen als Kollaborateur behandelt würde, wenn er uns freiwillig bediente. Wir zahlten natürlich das, was wir uns nahmen. Wir legten die dreckigen Lirescheine sorgfältig auf die Theke, denn höheren Orts hatte man bei uns in solchen Sachen absolut keinen Sinn für Humor. Das taten wir zwei Stunden lang und hielten uns bei entsicherten Karabinern möglichst dicht zusammen. Als wir gegen zwei Uhr morgens noch immer vergeblich auf das Eintreffen des Haupttrupps warteten, kam der Kanonier Hein Puhvogel, von Beruf Transportarbeiter und ein Mann wie ein Gorilla, auf den gescheiten Einfall, den Padrone leicht an der Krawatte zu nehmen und in eine Ecke des Lokals zu drücken. Und da erfuhren wir dann, daß die
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