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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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ich gelegentlich einmal angehalten, so gab ich an, in der Gegend von Pescheria am Gardasee daheim zu sein. Mein Glück war groß, aber ich wurde nicht leichtsinnig, ließ mir Zeit und kam doch rasch voran. Manchmal nahm mich ein Bauernwagen und einmal sogar ein englischer Jeep ein Stück des Weges mit. Mit dem Jeep hätte ich bis nach Verona kommen können, aber ich sprang nach halbstündiger Fahrt ab. Einheiten der alliierten Streitkräfte sah ich selten. Dafür wimmelte das Land von Halbsoldaten aller Art, militärisch organisierten Gruppen, die auf Faschisten Jagd machten und die Dörfer terrorisierten. Wandernde Landarbeiter gab es genug. Es gab wohl auch eine Menge deutscher Landser, die sich auf meine Art nach Norden durchzuschlagen versuchten. Aber zumeist langten ihre Sprachkenntnisse nicht aus, um die Rollen, in denen sie sich bewegten, erfolgreich durchzustehen. Ich begegnete Schlossern, Kaminkehrern und einmal sogar zwei Männern, die mit rotweißgestreifen Stangen und einem Meßband den Weg nach Norden vermaßen...
    An einem glühendheißen Tag lag ich auf der Straße nach Brescia in der Nähe von Caravaggio im Straßengraben und verzehrte, das Stück Mortadella kunstgerecht vor dem Munde abschneidend und die Zähne mit der Messerspitze säubernd, im Schatten eines Maulbeerbaumes mein Mittagsmahl, als ein anderer Kerl zu mir stieß, um mich um Tabak anzuschnorren.
    »Hä...?« fragte ich mit blödem Gesicht und legte die Hand muschelförmig ans Ohr.
    »Tabak, Kamerad!« brüllte er mir ins Gesicht.
    Ich gab ihm einen nicht gerade appetitlichen, aber in Landfahrerkreisen durchaus üblichen Rat, wo er sich seinen Tabak hernehmen solle. Meine Grobheit schien ihn nicht zu stören. Er ließ sich neben mir ins Gras fallen und spielte mit den Zehen, die unbesockt zwischen Sohle und Oberleder des alten, italienischen Militärstiefels zum Vorschein kamen.
    »Soldat gewesen?« fragte ich.
    »Fußlatscher!« brüllte er mir in einem unbeschreiblich ordinären Dialekt ins Ohr, »vierundneunzigstes Regiment... Verona!« Und er krempelte den Ärmel der zerschlissenen ehemaligen Uniformjacke auf und zeigte mir eine breite Narbe am Unterarm. »Und du?«
    Ich drehte den Zeigefinger an der Schläfe und grinste.
    »Echt blöd?« fragte er treuherzig.
    »Blöd genug für die Musterungskommission...«
    »Respekt!« brüllte er hochachtungsvoll.
    Ich zog eine Schweinsblase mit einem kleinen Tabakrest aus der Hosentasche. Er sah mir so gierig zu, daß ich das Gefühl hatte, der Kerl könnte mich wegen dieser paar Tabakskrümel ermorden. So tat ich, als ob mir seine Bewunderung schmeichle und reichte ihm die Schweinsblase und ein zurechtgeschnittenes Papier von einem Zeitungsrand herüber. Es kamen zwei zündholzdünne Zigaretten heraus, und er inhalierte den ersten Zug, als müsse er den Rauch aus den Löchern des Stiefels herauslassen.
    »Woher kommst du?« fragte ich.
    »Genua!« schrie er, »hab’ die letzten Monate im Hafen gearbeitet. Mist! Tags nichts zu fressen und nachts Bomben.«
    »Hast du Papiere?«
    Er sah mich von der Seite an und rotzte vor seine Füße.
    »Merda!« brüllte er, »ein Bandit, mit dem ich zusammen pennte, hat sie mir geklaut. Möchte wetten, daß es ein verfluchter deutscher Soldat gewesen ist. Die Brüder treiben sich in Massen herum und machen anständigen Menschen das Leben sauer. Hast du Papiere?«
    »Klar!« antwortete ich, »was für eine saudumme Frage!«
    »Zeig mal her!« schrie er.
    Ich bohrte den Finger zum zweitenmal in die Schläfe: »Damit du sie mir klaust, du Affe, was?«
    »Du verdammter Schweinehund...«, brummte er.
    »Wo willst du eigentlich hin?« fragte ich.
    »Richtung Bolzano...«
    Ich hielt die Hand ans Ohr, und er brüllte es noch lauter.
    »Verdammt gefährliche Richtung!« sagte ich.
    »Ich kann nichts dafür, daß ich in Appiano daheim bin!«
    »Südtiroler?« fragte ich grinsend, »vielleicht noch ein deutscher
    Name, wie?«
    »Halt das Maul!« schrie er mich an, »Italiener wie du. Wie heißt du überhaupt?«
    »Lorenzo...«
    »Und weiter?«
    »Du widerwärtiger Stinkstiefel!« fuhr ich wütend auf, »wenn du mich verhören willst wie ein Gendarm, dann kannst du was erleben!« Ich zog das Messer aus der Hosentasche und ließ die Klinge herausschnalzen. Er fuhr wie der Blitz zurück.
    »Mach keinen Unsinn, Kamerad!« brüllte er, »so war es nie gemeint! Ich heiße Paolo Caravatti und habe vor dem Krieg in den Wasserkraftwerken im Brenner gearbeitet. Gute Arbeit und

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