Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
eine Arbeit finden und mich durchbringen, darum ist mir nicht bange. Bestell deinen Garten allein und sieh zu, daß du nicht von der Leiter fällst und dir deine morschen Knochen brichst, wenn du in die Olivenbäume steigst. Du wirst mir nicht mehr unter die Röcke schauen, du alter stinkiger Ziegenbock! So — und jetzt gehe und schrei! Ich bin bereit, Clara Produtti und Carlotta Bartoli und die ganze Nachbarschaft zu empfangen!«
    Sie hob ihn an den Achseln hoch und trug ihn hinaus und stellte ihn wie eine Vogelscheuche vor die Tür ins Freie.
    »Los, los!« fauchte sie ihn an, »weshalb schreist du denn nicht? So schrei doch endlich! Ich helfe dir dabei! Denn deine Stimme ist schwach und weckt höchstens die Hunde auf...«
    Der Alte stand schlaff mit klaffendem Kiefer neben ihr.
    »Was habe ich dir getan, Anna, daß du so mit mir umgehst?« stammelte er kläglich, »und was soll ich in meinem Alter anfangen, wenn du nun fortgehst und mich allein läßt?«
    »Das hättest du dir früher überlegen sollen!« sagte sie hart, »aber du warst für einen Toten eifersüchtig auf einen lebenden Mann, den ich von der Madonna erfleht habe und den sie mir gnädig in mein einsames Bett gelegt hat. Tu jetzt, was du willst! Schrei oder geh in dein kaltes Lager zurück. Ich gehe ins warme Bett, und du wirst mich nicht daran hindern!«
    »Ich bin ja still...«, murmelte er, »ich sage ja kein Wort* mehr...!« und er schlurfte mit krummem Rücken ins Haus zurück.
    »He, Anna!!« es war die Stimme von Carlotta Bartoli, die wie ein Huhn gackerte, wenn sie sprach, »was ist bei euch los? Braucht ihr Hilfe?«
    »Nichts ist los, Carlotta!« rief Anna zurück, »es war nur Nonno Anselmo, der im Traum aus dem Bett gefallen ist. Schlaf ruhig weiter, es ist noch lange hin bis zum Morgen.«
    »Diese alten Hosenscheißer...!« rief Carlotta Bartoli lachend zurück, »sie werden wie die kleinen Kinder. Leg ihn in deinen Wäschekorb, damit er nicht noch einmal herausfällt und sich womöglich Arme und Beine bricht!«
    Es dauerte eine Weile, ehe Anna zu mir zurückkam. Sie hatte das Haar aufgesteckt und trug ihr Arbeitsgewand.
    »Hab keine Furcht, Lorenzo, daß ich nach diesem schlimmen Auftritt ins warme Bett zurückkomme. Es war nur so eine Redensart, mit der ich ihn treffen wollte. Und es ist mir wohl auch gelungen. Es war sehr häßlich, was du gehört hast, und ich schäme mich...«
    »Mir tut der alte Mann leid...«, murmelte ich.
    »Mir auch... Aber ich mußte ihn hart anfassen. Harte Ohren brauchen laute Worte.«
    »Du wirst ihn nicht verlassen, Anna, nicht wahr?«
    »Natürlich nicht, was finge er auch, auf sich selbst gestellt, mit dem Rest seines Lebens noch an? Er würde verhungern und verkommen. Aber ich mußte mich einmal von seiner Herrschsucht befreien. Für alle Zukunft! Denn sieh einmal, Lorenzo: im letzten Jahr haben mich zwei Männer heiraten wollen. Pietro La Porta, der Fischer, und Camillo Sarpi, der bei Tignale einen Rebgarten und eine Limonenpflanzung besitzt. Ich wollte keinen von beiden, weil ich dort doch nur ein Arbeitstrampel gewesen wäre und den kleinen Rest Freiheit eingebüßt hätte, den ich hier immerhin habe. Aber glaub mir, hätte ich nun einen von den beiden heiraten wollen, Nonno Anselmo hätte ihn durch seine Bosheit und Eifersucht aus dem Hause gebissen. — Es war sehr gut so, wie es gekommen ist. Jetzt frißt er mir aus der Hand.«
    Ich drehte mir in der Dunkelheit eine Zigarette, deren Tabak Anna mit Feigenmark fermentiert hatte. Er roch süß und mild wie ein echter Virginia. Am Luntenfeuerzeug, das keine Flamme gab, die mich verraten konnte, zündete ich sie an. Die Glut warf einen roten Schimmer auf unsere Gesichter.
    »Trotzdem wirst du verstehen, Anna, daß ich nicht länger bleiben kann. Meine Anwesenheit macht den alten Mann mürrisch und verbittert ihn...«
    »Ich verstehe dich, Lorenzo«, sagte sie leise, »und ich will dich auch nicht länger halten, obwohl es mir schwer genug fällt, dich gehen zu lassen.«
    Sie griff nach meiner Hand und hielt sie eine Weile an ihre Brust gepreßt, wo das Herz schlug: »Du hast einen neuen Glanz in mein Leben gebracht, Lorenzo. Vielleicht überhaupt den ersten Glanz, der mein Herz erstrahlen ließ. Erst gestern sagte Maria Ruszelli, die Frau von dem tauben Schuster, zu mir, als sie an unserm Garten vorbeiging: Was hast du, Anna, daß dein Gesicht wie von innen leuchtet? Das sagte sie wahrhaftig. Und ich rief zurück: Ich habe einen Schluck Petroleum

Weitere Kostenlose Bücher