Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Vorstoß und will wieder den gescheiten Rückzug antreten, als Mr. Barclay mich plötzlich verstummt ansieht. Wahrscheinlich folgt jetzt gleich mein unabwendbarer Untergang.
„Miss Robertson“, bemerkt er nur kurz und verfällt sofort wieder in Schweigen.
Ja. Ich weiß, dass ich so heiße. Ich hab dir gerade eine Frage gestellt. Aber du musst mir natürlich nicht darauf antworten. Wie gesagt, es geht mich auch nicht das Geringste an. Aber wissen würde ich es schon gerne. Frauen wollen immer alles ganz genau wissen, vor allem, wenn es um die Verlobte geht, die sie eigentlich gar nicht sein sollte.
„Na ja“, setze ich erneut an, „nicht, dass ich gelauscht hätte, aber es war beim besten Willen nicht zu überhören, dass Sie etwas ziemlich erzürnt hat. Okay, ich weiß selbst, dass ich kaum das Recht habe, Sie danach zu befragen, worum es zwischen Ihnen und Veronica ging, aber ehrlich gesagt könnte das meine Entscheidung, bei Ihnen weiterhin arbeiten zu wollen, flüchtig beeinflussen. Bis jetzt dachte ich nämlich, es gehe hier gerecht zu. Hätte ich beim Militär arbeiten wollen, wäre ich ganz sicher nicht nach Irland gezogen.“
Mr. Barclay atmet tief durch und lächelt mich befreit an.
„Schön, dass Sie wieder hier sind. Ich muss dringend etwas mit Ihnen besprechen“, erwidert er unerwartet ruhig und fordert mich auf, ihm ins Haus zu folgen. Welch ungeahnte Wendung seiner Verfassung. Oder täusche ich mich? Als wir sein Büro erreicht haben, setze ich mich zaghaft auf den Stuhl, den er mir anbietet und überlege kurzzeitig, ob ich ihn wirklich nur zu einem Gespräch oder zu meiner Hinrichtung begleitet habe. Ich hätte vielleicht doch nicht wieder herkommen sollen. Was mag mich jetzt nur erwarten?
„Mr. Barclay, bitte poltern Sie nun nicht auch noch auf mich ein. Ich weiß, dass mich die Sache mit Veronica nichts angeht und ich hätte Sie nicht danach fragen dürfen.“
David Barclay nimmt an seinem Schreibtisch Platz und schüttelt den Kopf.
„Um Gottes willen, Miss Robertson, was müssen Sie nur von mir denken? Haben Sie etwa wirklich den Eindruck, ich schreie in regelmäßigen Abständen mit meinen Mitarbeitern herum?“
Eigentlich – ja.
„Nicht direkt. Na ja …!“, druckse ich herum. „Aber geht das denn nicht ein bisschen leiser? Und wieso vor allen Leuten? Ich gebe zu, ich kann Veronica nicht ausstehen, aber eine Unterredung in Ihrem Büro wäre ja wohl angebrachter gewesen. Es muss doch nicht der ganze Hof mitbekommen, was auch immer sie angestellt haben mag.“
„Okay, Miss Robertson, Sie haben Recht“, erwidert er matt.
Erschöpft reibt er mit seinen Händen sein Gesicht und sieht mit gesenktem Kopf auf ein Schriftstück, das vor ihm liegt.
Also schön, ich hab Recht. Das ist doch mal ’ne Aussage. Aber warum sagt er denn jetzt nichts mehr? Stumm sitze ich ihm gegenüber und warte darauf, dass er seinen Blick von diesem Dokument losreist. Aber er scheint direkt hineingetaucht zu sein und ist mit einem Mal gänzlich abwesend. Huhu, hier bin ich!
„Sie hat ihn verkauft“, durchbricht er die Stille.
Ja, gut. Kann ja mal passieren. Von was redet er jetzt eigentlich? Wer hat wen verkauft?
Aufmerksam schaue ich Mr. Barclay ins Gesicht und warte auf eine Ergänzung seiner eben getroffenen Aussage. Vielleicht wären ein paar Details ganz nützlich.
„Verstehen Sie nicht, Miss Robertson, Charly ist verkauft!“
Wie, Charly ist verkauft? Könnte er das noch einmal in einer anderen Sprache wiederholen? Vielleicht verstehe ich auch nur Chinesisch.
„Was soll das heißen?“, erwidere ich nun. „Wer hat Charly an wen verkauft und weshalb?“
„Veronica hat Charly an einen Schlachthof verkauft. Er ist heute Morgen in aller Herrgottsfrühe abgeholt worden. Ich habe es eben erst erfahren.“
Erschüttert über diese Nachricht springe ich von meinem Stuhl auf. Durch den enormen Schwung schleudert er mit voller Wucht gegen die Wand und macht dabei einen Höllenlärm.
„Das ist nicht Ihr Ernst. Sie machen Witze.“
Was redet er da? Veronica kann Charly schließlich nicht einfach verkaufen. Wie soll das gehen? Welche Berechtigung hätte sie dazu? Mr. Barclay ist Charlys rechtmäßiger Eigentümer, ebenso gehört ihm der gesamte Grund und Boden, auf dem wir uns befinden, also Rosefield, und all das, was sich darauf befindet. Das ist doch Unsinn! Er will mich auf den Arm nehmen.
Mr. Barclay hält mir das Schriftstück hin, das soeben noch auf seinem Schreibtisch lag. Ein
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