Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
festliche Events sah es hier nicht gerade aus.
»Ach, ihr jungen Dinger, was müsst ihr auch immer gleich heiraten.« Yvette schüttelte den Kopf. »Also, für kurzfristig zu organisierende Veranstaltungen erheben wir einen Aufpreis, dafür sind Sie bei mir aber auch in den allerbesten Händen, Kleines. Ich werde Ihnen eine Hochzeit auf die Beine stellen, wie Sie es sich in Ihren schönsten Träumen nicht ausmalen können. Außerdem ist das heute Ihr Glückstag, es hat nämlich gerade eine Frau abgesagt. Ihr Verlobter, der verdammte Mistkerl, hat sie mit ihrem Tennislehrer betrogen!« Sie zog kopfschüttelnd eine Braue hoch. »Spielen Sie Tennis?«
»Ähm, nein.« Avery trat von einem rosa Miu-Miu-Pumps auf den anderen. »Und die Sache ist außerdem die, dass nicht ich, sondern meine Mutter heiratet«, berichtigte sie das Missverständnis.
»Oh, okay.« Yvette wirkte einen Augenblick lang enttäuscht. »Gibt es irgendwelche religiösen Hintergründe zu beachten?«
»Nein«, antwortete Avery schnell. Edie hatte eine Phase gehabt, in der sie heidnische Partys veranstaltet und zu verschiedenen Erdgöttinnen gebetet hatte, aber das war zum Glück Jahre her.
»Wie viele Gäste?«
»Ungefähr dreißig«, rundete Avery auf, weil sie wusste, dass ihre Mutter immer gern spontan irgendwelche Fremden einlud. »Ich dachte, dass die Feier vielleicht im Poolbereich stattfinden könnte. Und die Trauungszeremonie am Strand? Außerdem will ich ganz viel Weiß und Kerzen. Es soll schlicht, aber romantisch sein – wie die Traumversion einer verlassenen Insel. Aber es darf auf keinen Fall kitschig sein. Keine Rosen, sondern Orchideen. Und nicht irgendein DJ, sondern Livemusik, vielleicht eine Jazz-Band.« Avery nickte. So eine Inselhochzeit war tatsächlich romantisch. Sie stellte sich vor, wie sie neben Rhys, der einen ecrufarbenen Anzug trug, in einem weißen Kleid im Meerjungfrauenschnitt barfuß am Strand stand. Nein, nicht barfuß, sondern in hinreißenden Slingbacks von Christian Louboutin, sodass Rhys sie in die Arme nehmen und tragen müsste …
»In Ordnung!«, riss Yvette sie in die Wirklichkeit zurück – sie plante nicht ihre Hochzeit, sondern die ihrer Mutter – und gab ein paar Daten in ihren Computer ein.
»Seien Sie unbesorgt, Herzchen. Ich bin Profi. Ihre Mutter wird die Hochzeit bekommen, die sie sich wünscht. Bliebe noch das Finanzielle …« Yvette verstummte diskret, woraufhin Avery ihr Portemonnaie aus der großen Korbtasche von Marc Jacobs nahm, ihre schwarze American Express herauszog und sie ihr reichte. Yvette strahlte wie eine Dreijährige am Weihnachtsmorgen. »Großartig. Dann vertrauen Sie mir also?«
Avery nickte. Schließlich hatte sie keine andere Wahl. »Und wo bekomme ich die angemessene Garderobe?«
»Ich rufe Jasmin an und bitte sie, Sie exklusiv zu beraten und ihr Geschäft für andere Kundinnen zu schließen. Keine Sorge«, fügte Yvette hinzu, als sie Averys zweifelnde Miene bemerkte, »das wird ein ganz besonderer Tag für Ihre Familie. Verlassen Sie sich ganz auf mich.«
Zehn Minuten später stand Avery im hinteren Bereich der Resort-Boutique auf einem kleinen Podest. Sie hatte den Laden bis jetzt keines Blickes gewürdigt, wenn sie an ihm vorbeigekommen war, weil sie gedacht hatte, darin gäbe es nur die übliche Freizeitmode für Frauen mittleren Alters. Tatsächlich aber war er hochexklusiv und führte nur ausgesuchte Designerware – und das Beste daran war: Sie hatte ihn ganz für sich allein. Sie nippte an ihrem Champagner und stellte das Glas dann auf dem Beistelltischchen neben sich ab, auf dem eine Platte mit Früchten, Käse und Rohkost stand. Noch mehr Spaß hätte es allerdings gemacht, wenn sie noch jemanden dabeigehabt hätte. Sie hatte Jack eine SMS geschrieben, aber keine Antwort bekommen; Laylas Nummer hatte sie nicht, und bei Baby war nur die Mailbox drangegangen. Wobei sie bezweifelte, dass ihre Schwester Lust gehabt hätte, sich an der Hochzeitsplanung zu beteiligen. Auch wenn es Schlimmeres gab, als sich ein paar Stunden lang von einer reizenden Verkäuferin das Ego pudern zu lassen.
Geld regiert eben doch die Welt.
»Sie geben die perfekte Braut ab«, murmelte Jasmin, die bildhübsche zierliche Boutiquenbesitzerin.
Avery drehte sich zu dem dreiflügeligen Spiegel um und prüfte, wie ihr Hintern in dem brombeerfarbenen Seidenkleid von Chloé aussah, das sie gerade anprobierte. »Hatte ich nicht erwähnt, dass es meine Mutter ist, die heiratet?«
»Oh,
Weitere Kostenlose Bücher