Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
ab?«
Charles schwieg, die Augenbrauen immer noch über den grauen Augen zusammengezogen. »Ein guter alter Pisswettbewerb.«
Georgeanne hatte Charles noch nie Kraftausdrücke gebrauchen hören und war bestürzt und beunruhigt. Sie wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, mit John konkurrieren zu müssen. Die beiden Männer spielten nicht annähernd in derselben Liga. John war ordinär und lüstern und stieß Gotteslästerungen aus, als seien sie seine zweite Muttersprache. Charles dagegen hatte Stil und war ein Gentleman. John war ein skrupelloser Kämpfer, der unbedingt gewinnen musste, koste es, was es wolle. Charles hatte keine Chance gegen einen Mann, der beim Urinieren beide Hände benutzte.
Charles schüttelte den Kopf. »Entschuldige den vulgären Ausdruck.«
»Schon gut. John bringt anscheinend in jedem das Schlechteste zum Vorschein.«
»Was wollte er von dir?«
»Über Lexie reden.«
»Was noch?«
»Sonst nichts.«
»Warum hat er dich dann nach deinen Gelüsten nach Küssen gefragt?«
»Er wollte mich provozieren. Das kann er sehr gut. Ignorier ihn einfach.« Sie schlang ihm die Arme um den Hals, um ihn und sich zu beruhigen. »Ich will jetzt nicht über John reden.
Ich will über uns reden. Ich dachte, wir könnten vielleicht am Sonntag die Mädchen ins Auto laden und bei den San-Juan-Inseln nach Walen Ausschau halten. Das ist zwar was für Touristen, aber ich hab das noch nie gemacht und wollte es schon immer mal. Was meinst du?«
Er küsste sie auf die Lippen und lächelte. »Ich finde dich hinreißend, und ich mache alles, was du willst.«
»Egal, was?«
»Ja.«
»Dann lad mich zum Lunch ein. Ich bin am Verhungern.« Sie nahm Charles bei der Hand, und als sie das Zimmer verließen, fiel ihr auf, dass das Foto, auf dem sie aussah wie ein Zirkuszelt, verschwunden war.
ELF
Zum ersten Mal seit sieben Jahren war Mae fast froh darüber, dass ihr Zwillingsbruder tot war. Rays Freunde zogen alle weg oder verabschiedeten sich für immer, und er war noch nie gut damit fertig geworden, verlassen zu werden. Egal, ob derjenige, der ihn verließ, die Wahl hatte oder nicht.
Mae setzte ihre Sonnenbrille auf und durchquerte das Krankenhausfoyer. Wenn Ray noch am Leben wäre, hätte er es nicht ertragen, hilflos mit anzusehen, wie sein guter Freund und Liebhaber Stan mit Aids im Endstadium dahinsiechte. Er wäre zu emotional geworden und hätte seinen Schmerz nicht verbergen können. Anders als Mae. Mae war schon immer stärker gewesen als ihr Bruder.
Sie stieß eine der schweren Glastüren auf. Sie war ein Kontrollfreak. Na und? Wenn sie es nicht wäre, hätte sie nicht ins Krankenhaus kommen können, um Abschied von Stan zu nehmen. Ohne ihre Selbstbeherrschung würde sie wahrscheinlich zusammenbrechen, noch bevor sie zu Hause war. Sie würde auf der Stelle zusammenbrechen und um den Mann weinen, der ihr über den Tod ihres Bruders hinweggeholfen hatte. Den Mann, der eine Schwäche für gute Witze, Golf und Liberace-Fanutensilien hatte. Stan war so viel mehr als nur ein Skelett, das darauf wartete, von seiner Familie zum Sterben nach Hause geholt zu werden. Er war so viel mehr als das neueste Aids-Opfer. Er war ihr Freund, und sie hatte ihn sehr gern.
Mae sog die kühle Morgenluft tief in ihre Lunge, um die antiseptische Krankenhausluft nicht mehr riechen zu müssen. Sie lief an der Fifteenth Avenue entlang zu dem Haus, das sie sich mit ihrem Kater Stiefelchen teilte.
»Hallo, Mae!«
Sie hielt mitten im Schritt inne, und als sie einen Blick über die Schulter warf, schaute sie geradewegs in das grinsende Gesicht von Hugh Miner. Seine Augen wurden von einer blauen Baseballkappe abgeschirmt, und sein hellbraunes Haar kringelte sich an den Spitzen wie kleine Angelhäkchen. Auf der Schulter trug er drei große Eishockeyschläger, die mit den Schaufeln über seinen breiten Rücken ragten. Ihn in ihrem Viertel anzutreffen überraschte sie. Mae wohnte in Capital Hill, eine Gegend östlich der Seattler Innenstadt, die für ihren beträchtlichen schwul-lesbischen Bevölkerungsanteil bekannt war. Mae hatte ihr Leben lang Umgang mit schwulen Männern gehabt und konnte die sexuelle Orientierung eines Menschen innerhalb weniger Minuten bestimmen. Das erste und einzige Mal, als sie Hugh getroffen hatte, hatte sie schon innerhalb von Sekunden gewusst, dass er hundert Prozent hetero war. »Was machen Sie hier?«, fragte sie.
»Ich bringe diese Schläger ins Krankenhaus.«
»Warum?«
»Für eine
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