Liebe im Spiel
ist irgendwo noch ein Karton mit den alten Flugblättern.«
Rose spürte den großen Mann einen Moment wieder sehr intensiv. Sie lauschte, wie die drei Männer über das Jagdtreffen am zweiten Weihnachtstag sprachen, als hätte er ihnen die Idee eingegeben. Es war gut, wieder tiefe Stimmen im Haus zu hören. Sie beobachtete ihre Mädchen, wie sie um den Herd beschäftigt redeten und lachten. Lydia und Selena – die ständig gegeneinander stießen – deckten den Tisch fürs Essen, während sie darin wetteiferten, Rufa von Stinkers Niederlage zu berichten. Rufa hielt Linnet in den Armen und hörte zufrieden zu. Rose bemerkte, wie häufig sie zu Edward hinüberschaute, und wie liebevoll er die Blicke erwiderte. Es war ein erstaunliches Resultat, aber Rose hatte das starke Gefühl, dass sich die Dinge letztendlich zurechtgerückt hatten.
Sie hatte während des letzten Jahres viel über Edward erfahren. Sie hatte entdeckt, dass man Schicht um Schicht seines Charakters freilegen konnte und bis zum innersten Kern nur Güte fand. Rose erschauderte bei dem Gedanken, wo sie ohne seine unendliche Liebe zu Rufa jetzt alle wären. Er hatte letztendlich die ganze Familie geheiratet, sich der Tatsache ergeben, dass er sie alle für immer am Hals hatte. Er würde Geld in Rans zum Scheitern verdammte Wagnisse stecken. Er würde Selena durch die Universität bringen und den Kühlschrank auf Melismate stets gefüllt halten. Einst hatte sich Rose gefragt, was Edward davon hatte. Ihn mit Rufa zu sehen, machte es offensichtlich. Er war wie neu geboren.
»Die Fleischpastete ist fertig«, rief Selena. »Setzt euch hin.«
Die Tür zur Großen Halle öffnete sich knarrend. Nancy platzte herein, mit Papiertüten beladen und mit Mistelbeeren im Haar. »Frohe Weihnachten – wo ist Ru?«
»Hark, the herald angels sing, pom-pom, pom-pom, newborn king!«, sang Berry. Nancy schlief entspannt auf dem Beifahrersitz und verströmte ihr Parfüm im Wagen. Berry befahl sich, beim Fahren keine Erektion zu bekommen. Damals, in dem glatten, bequemen Leben mit Polly hatte er sich manchmal vorgestellt, eine einzige Nacht mit Nancy zu verbringen. Jetzt wusste er, dass es kein Genug gab, wenn es um Nancy ging. Sie hatten sich während der letzten zwei Tage alle vier Stunden geliebt, in jeder erdenklichen Stellung. Berry war in seinem ganzen Leben noch nie so lächerlich, tölpelhaft, strahlend glücklich gewesen. Wenn er Nancy liebte, wurde er zu einem sexuellen Schwertkämpfer, einem Casanova, einem König. Sie liebte ihn, und von ihrem warmen Herzen aus erschien das Leben durchdringend wunderschön.
Er lächelte in sich hinein, als er sich daran erinnerte, wie sie im Taxi auf dem Weg zu Wendys Wohnung an jenem ersten Abend schamlos geknutscht hatten – er hatte dem Fahrer ein großzügiges Trinkgeld gegeben. Dann war er in ihr gewesen, Lippen und Zunge um eine rosige Brustwarze, kam er lange, ergoss sich in sie. Unmittelbar danach hatte er ihr einen Heiratsantrag gemacht, und Nancy hatte gesagt: »Keine Sorge, Liebling – das geht auf Kosten des Hauses.«
Aber er hatte nicht zugelassen, dass sie darüber scherzte. Er hatte sie dazu gebracht zuzugeben, wie sehr sie ihn liebte, ohne zu versuchen, es lachend abzutun. Sie hatte es nicht unter ihrer üblichen, burschikosen Art verbergen können. Und sobald er sicher erkannte, dass er die wahre, ursprüngliche Nancy im Arm hatte, war er sich sicherer denn je, dass er sie heiraten musste. Er hatte erklärt, er würde ihr einen Diamanten so groß wie das Ritz kaufen und es der ganzen Welt erzählen, bevor sie ihre Meinung ändern könnte.
Nancy hatte gesagt: »Als würde ich meine Meinung ändern, wo ich doch endlich den perfektesten Mann der Welt gefunden habe – ein Muster an Ritterlichkeit, der mich außerdem dazu bringen kann, wie der Fliegende Holländer zu kommen.« Danach hatten sie sich erneut geliebt.
Am nächsten Tag hatte Berry Nancy, ungeachtet der drängelnden Menschenmengen im Weihnachtstrubel, mit zu Boodle and Dunthorne in der Sloane Street geschleppt und einen wunderschönen, immens teuren Diamantring für sie ausgesucht.
»Liebling, hast du den Verstand verloren?« hatte Nancy gefragt. »Was spricht gegen Ratner’s?«
»Bitte, Nancy. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Dieser Ring ist fast genau doppelt so teuer wie der, den ich Polly gekauft hatte. Ich weiß, es ist ziemlich boshaft von mir –, aber ich hätte mich nicht wohl gefühlt, wenn der Ring meiner Ehefrau billiger
Weitere Kostenlose Bücher