Liebe im Spiel
schimmerte taufrisch. Sie hatte sich Nancy gegenüber sehr gnädig gezeigt, weil sie von den goldgelben Steinen und den wilden Rosen Melismates hingerissen war.
Nancy dachte, dass sie der Frau Glück wünschte. Vor allem Berry hatte Glück verdient. Sie wagte es, ihm einen Blick zuzuwerfen und zwar genau in dem Moment, als auch er ihr einen heimlichen Blick zuwarf. Beide erröteten erneut und wandten sich den Rücken zu. Nancy lief die Terrassenstufen hinab, über den Graben und über das Rasenstück. Sie war es nicht gewohnt, dass ihr das Herz schwer war. Es war verwirrend, und auf verdrehte Art köstlich.
»Nancy …«
Max war wenige Meter hinter ihr und holte sie dann ein. Sie verlangsamte ihren Schritt und dachte, wie sexy manche Männer im Cut aussahen. Sie schlenderten auf die große Akazie in der Nähe des Parkzauns zu. Jenseits des Zaunes waren Wiesen, üppig überwuchert und voller Schmetterlinge.
»Dieser Ort ist fabelhaft«, sagte Max. »Ich glaube, ich begreife euer Hochzeitsspiel allmählich. Ich hätte mir nie vorgestellt, dass ihr aus einer solchen Umgebung kommt.«
Nancy lachte – sie hatte schon den ganzen Tag Ähnliches gehört. »Tatsache ist, dass es keine solche Umgebung war. Bevor Ru Edwards Geld freisetzte, war es ein Trümmerhaufen.«
»Ich bin sicher, es war immer wunderschön«, sagte Max. »So wunderschön wie du.«
»O hör schon auf.«
»Ich meine es ernst. Warum hast du den Hut abgenommen?«
»Er war mir im Weg«, sagte Nancy. »Ich konnte niemanden küssen.«
Max folgte ihr in den gezackten Schattenkreis unter der Akazie. »Da wir gerade davon sprechen – warum habe ich dich eigentlich noch nie geküsst?«
»Weil du nicht darum gebeten wurdest.« Nancy hatte Max gern, natürlich. Aber es war ein zunehmend theoretisches Gernhaben. Ihr Inneres schlug keine Purzelbäume mehr, wenn er ihren Körper mit seinen lüsternen Blicken erkundete.
»Warum wurde ich nicht darum gebeten?« Er lachte, aber die Frage war ernst gemeint. »Da war mal was zwischen uns, nicht wahr?«
»Ja, aber es kamen ständig andere Dinge dazwischen.«
»Du hast deinen Lord Sowieso gejagt. Aber das musst du jetzt nicht mehr.« Max lehnte sich an den Baumstamm. »Jetzt wo deine Schwester das Hochzeitsspiel wirkungsvoll gewonnen hat, kannst du dich entspannen und wieder um die Liebe spielen.«
»Ich wünschte, es wäre so einfach«, sagte Nancy.
Er lachte. »Also, was fängst du jetzt mit dir an? Willst du auf den Familiensitz zurückkehren?«
»Sei nicht albern. Ich habe mir nur zwei Tage freigenommen. Ich muss am Montag wieder hinter der Bar stehen.«
Max wirkte nachdenklich. Er lehnte sich bequemer an den Baum. »Ist das so ein toller Job?«
»Der beste, den ich je hatte.«
»Und der einzige Ort, wo du ihn sehen kannst.«
Nancy stöhnte. »Gott, ist das so offensichtlich?«
»Allerdings. Anscheinend hat Amors kleiner Pfeil schließlich doch einen Spalt in deiner harten Schale gefunden. Du hast dich in deine Zielperson verliebt.«
»Ja«, sagte Nancy, »so muss es wohl sein. Ich glaube, so ist es, wenn man richtig liebt, im Gegensatz dazu, verliebt zu sein. Das ist der Unterschied zwischen Romeo und Julia und einer Musikkomödie.« Sie seufzte. »Max, warst du jemals verliebt?«
»Leidenschaftlich – womit ich sexuell meine. Ein Zustand lodernder Verblendung. Aber es scheint nie lange anzuhalten. Ich bin völlig fertig, wenn es endet, wobei es wahrscheinlich mein Fehler ist, dass es endet. Ich weiß nicht, warum.«
Nancy mochte Max, wenn er das Flirten sein ließ und ehrlich war. Es machte ihn weitaus anziehender. Vielleicht war er sich dessen bewusst. »So war es bei mir auch«, sagte sie, »bis ich Berry begegnete. Ich sollte dich besser warnen.«
Er lächelte ihr zu, von der Abfuhr offensichtlich nicht geknickt. »Wie ist es denn dann?«
»Eher beschissen, Schätzchen«, sagte Nancy. »Besonders wenn derjenige bald jemand anderen heiraten will.«
»Darauf würde ich nicht unbedingt wetten. Er hat dich bisher keinen Moment aus den Augen gelassen. Du solltest ihm zur Hochzeit eine Strickleiter schenken.«
»Hoffnungslos«, sagte Nancy traurig. »Du hast Polly noch nicht kennen gelernt. Sie hat ihn elektronisch markiert. Keine Macht der Welt wird ihren Griff lösen.«
Polly wusste jetzt, was sie schon so manches Mal vermutet hatte. Sie war nie zuvor wirklich verliebt gewesen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt während des Gottesdienstes, zwischen Wagner und Mendelssohn, war sie in eine
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