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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Magen und Darm; in der Mittagssonne brannten ihm die Augen, wie sie Franz wohl gebrannt hatten, und die Wangen wurden schon dunkel vom Bart. Seine letzte Rasur: am Morgen vor dem Treffen mit Cornelius, bevor er das Hotel verließ, hinauf nach Campo ging, da war es noch Sommer, jetzt war Herbst, obwohl nur Tage dazwischenlagen, Tage unterwegs, ohne Pause immer weiter Richtung Süden. Er war schon in der Gegend des Monte Cerrone und wollte nach Gubbio, wo Franz den Wolf gezähmt hatte, ein schweres Gehen durch Buschwald, bergauf, bergab, bis er auf einer Lichtung vor einem Wiesenrinnsal, kaum breiter als sein Arm, einknickte. Die Sonne schien, und ihm war kalt trotz Mantel. Er tauchte eine Hand in das Wasser und wollte trinken, sein Brechreiz war größer als der Durst. Der Körper und er jetzt fast dasselbe, dazwischen nur die Gedanken, aber nicht frei wie im Lied dazu, eher so wie beim Einschlafen, wenn sie umherschweifen, noch gelenkt sind und doch schon tun, was sie wollen – weiter die Hand in dem Wasserlauf, nun um wach zu bleiben, bei Verstand, ging er Campo noch einmal durch, als könnte man sich unschuldig erinnern oder aus etwas Gewesenem ausbrechen. Er will vor Cornelius an der Kapelle sein, sie sind dort mittags verabredet, also geht er rechtzeitig los, kaum mehr als das Nötigste bei sich, und als die Sonne noch steigt, ist er schon bei der alten Riesenzypresse und greift in den Hohlraum an ihrem Fuß. Der Revolver, den Renz vermisst, liegt noch dort, und er steckt ihn in den Rucksack, um ihn nachts in den Garten des Hauses zu werfen. Dann durchstreift er den Ort, verlassen von seinen Olivenbauern, weil sich das Ernten nicht mehr gelohnt hat. Alle Häuser schon krumm, Fenster, aus denen Feigenbäume ihre Zweige strecken; löchrige Dächer, in rußschwarze Küchen gesunken, und an Südwänden rote Kapernsträucher, als hätten sich Vögel im Sturzflug daran erschlagen; Treppen und Höfe ein Efeu- und Brombeergestrüpp, darin nur der Durchgangspfad. Und in der Mittagssonne auf manchen Holztüren die Schatten toter Leitungsdrähte wie Harfen, die nie erklingen, dafür der hohle Flügelschlag einer einzelnen Taube. Der alte Freund wird pünktlich sein, also geht er durch hohe und niedere Gräser zur Kapelle zurück, durch Thymian und Geißblatt, Salbei und Lavendel, im Lavendel eine Katze, wie schlafend, aber ein Ohr in Bewegung, lauernd auf die eine Taube, wer weiß. Die Kapellentür ist angelehnt, er zieht sie auf und tritt ein. Der Plastikstuhl steht noch in Türnähe auf den Granitplatten, über die er für Vila und sich die Decke gebreitet hat, er rückt den Stuhl etwas mehr in den Raum, dann setzt er sich auf die Altarstufe, zwischen den Knien sein Rucksack. Die Katze, von gelblichem Grau wie der Boden, erscheint in der offenen Tür; es gibt Schwalbennester im Gebälk, gut erreichbar über Altar und Kreuz. Sie schleicht auf ihn zu, bis zu dem Stuhl, dann macht sie jäh kehrt und läuft davon. Er hätte sie gestreichelt, aber damit konnte sie nicht rechnen. Nur Menschen rechnen damit, gestreichelt zu werden, ja hoffen darauf und glauben, zugrunde zu gehen, wenn sie nicht gestreichelt werden. Er selbst scheint höchstens schneller zu altern ohne Streicheln. Und auf einmal sein Name, das alte Bühle? Der gewohnte Ruf, und auch die Antwort wie früher, Hier, mein Freund!
    Und zwei, drei Herzschläge noch, dann verschwindet die Helligkeit in der offenen Tür, Cornelius füllt sie fast aus, Warum gerade hier, gibt es nicht nettere Orte am See, eine Gestalt mit Stimme, seiner mal angenehm rollenden, mal metallischen Stimme, mit der er die Leute herumbekommt. Weil uns hier keiner stört, schließ die Tür, nimm dir den Stuhl, einfach setzen: Worte wie unter verschärften Bedingungen, einer Flucht, und er schließt die Tür und setzt sich, ohne den Stuhl zu verrücken, zwischen ihnen keine vier Meter, und nun erst das Anschauen, die stumme Begrüßung. Der alte Freund, die Beine übereinandergeschlagen, in moosfarbener Cordhose und einer Wetterjacke mit Jack-Wolfskin-Zeichen, in den Händen auf dem Schoß, wie ein schmales Gebetbuch, das kleine Gerät, das ihn hergeleitet hat. Und die Rundbrille ein Stück Kalligraphie in dem etwas groben Gesicht mit Kinnspalt; fein nur wie eh und je der Mund und die Pupillen, er schaut ihn an: Bühle, wie geht’s, was machst du? Kein Lehreramt mehr, wie man hört, dafür ein Buch im Kopf, gut. Es geht nichts über Projekte, bekanntlich habe ich auch eins. In den letzten Tagen

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