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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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Alter. Du befürchtest, es noch schlimmer zu machen, wenn du jetzt eine Reaktion zeigst und versuchst, deine Blöße zu verhüllen. Du könntest sie dadurch auf die Situation aufmerksam machen, also bleibst du ruhig liegen: »Oh, doch. Ja, vielleicht Brot und noch mal Kaffee für die Kanne, das wäre schön.«
    »Gut.« Es scheint, als wolle sie nicht gleich wieder gehen. Als ob sie befürchtet, dass du dann bemerkst, dass sie die Gelassenheit nur vorgegeben hat. Sie räuspert sich, wendet den Blick von dir und hinaus aus dem Fenster. »Das ist ein hässliches Wetter. Und so soll es eine ganze Weile bleiben.«
    Du zwingst dich mit aller Macht, ruhig liegen zu bleiben. »Ja. Widerlich.«
    Sie sieht noch eine Weile hinaus, dreht sich dann um und sagt, ohne dich anzusehen: »Du kommst dann einfach runter.«
     
    Nach dem Frühstück im menschenleeren Restaurant gehst du wieder hinauf auf dein Zimmer, um nach dir selbst zu suchen. Setzt dich an den Schreibtisch und schaust aus dem Fenster. Der Winter hat ein weißes Laken über diesen Herzensort des Landes geworfen, und es tosen solche Wellen hindurch, dass es manchmal abzuheben scheint. Du zündest dir eine Zigarette an und schenkst dir Kaffee aus der Kanne ein, die du an der Kaffeemaschine unten auffüllen durftest. Auf dem Schreibtisch liegt ein Blatt. In der linken oberen Ecke steht: »Das Leben ist seltsam«, aber sonst ist es leer. Eine halbe Stunde später hast du drei Sätze hinzugefügt: »Das Leben ist schwer« und»Das Leben ist schön« und »Das Leben ist interessant«. Und zwei Wörter: »Glaube« und »Politik«.
    Jetzt gehst du das strukturiert an und schreibst auf das Blatt: »Bist du gläubig?« Ja, du findest schon. Du glaubst eigentlich an alles. Gott, Elfen, verborgene Wesen, die Götter und die Geister und überhaupt an alles, was dir begegnet. Besonders, wenn du in Schwierigkeiten steckst. Okay, du beschließt, das in kleinere Einheiten runterzubrechen, und schreibst auf das Blatt: »Was ist Gott?« Puh … du wechselst die Kategorie und schreibst: »Bist du politisch?« Ja, das findest du schon. Du bist zum Beispiel immer für Jón Baldvin gewesen. Bist trotzdem weder schwarz noch rot. Du findest Großindustrie grauenvoll, aber trotzdem muss das Geld ja irgendwoher kommen. Du bist für einen Beitritt zur EU, eigentlich. Trotzdem wäre es schrecklich, wenn das Land von Brüssel aus regiert würde. Ebenso bist du gegen das Fischereiquoten-System, eigentlich. Die Moral dieser Meeresbarone ist natürlich fürchterlich, aber irgendwie muss das vielleicht so sein. Jetzt fängt es an, aus dir herauszufließen, und du machst eine kurze Pause.
    Wahrscheinlich ist es besser, mit kleineren Fragen zu beginnen und sich dann eher nach oben durchzuarbeiten. Du schreibst: »Was ist deine Lieblingsband?« Eine gute Frage, aber du hast keine Lieblingsband, sondern dir gefallen Stücke von vielen Gruppen gleichzeitig, und irgendwann hängen sie dir dann natürlich wieder zum Halse raus. Warte, das ist was. Du bist jemand, der sich nicht an eine bestimmte Band bindet, sondern der vieles aus verschiedenen Richtungen zugleich mag.
    Ja, das ist gut. Du stehst auf, gehst durchs Zimmer und denkst etwas nach, verlierst dann jedoch wieder die Hoffnung. Was für eine Antwort ist das denn, vieles aus verschiedenen Richtungen zugleich zu mögen? Das ist keine Antwort. Wie könnte die Antwort denn möglicherweise lauten? Wäre das ein Wort, ein Satz, ein ganzes Buch? Je länger du darüber nachdenkst, desto mehr bist du überzeugt, auf Irrwegen unterwegs zu sein bei dieser Suche, und nimmst dir frei für den Rest des Tages.
    Du verbringst den Abend vor der Flimmerkiste. Es ist gut, einen Fernseher zu haben. Nicht, weil das Programm spannend wäre, sondern weil es auf dem Bildschirm Gesellschaft gibt.
     
    Am nächsten Tag ist das Wetter unverändert. Der Schneesturm hat die meisten Fenster mit Schnee zugekittet, und die Wellen rasen immer noch durch das weiße Laken. Die Hotelleiterin ist unten nirgendwo zu sehen. Du füllst die Kaffeekanne auf, gehst wieder hinauf in dein Zimmer und ziehst dich aus, um die Suche erneut aufzunehmen. Obwohl du vier Stunden am Schreibtisch sitzt und nachdenkst, geschieht nichts weiter, als dass sich die Wörter »Sinn« und »Werkstatt/Hotelleiterin« auf dem Blatt dazugesellen. Das erste aus offensichtlichen Gründen, der Rest, um dich daran zu erinnern, die Hotelleiterin zu fragen, wo du das Auto durchsehen lassen kannst.
    Um die Abendbrotzeit

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