Liebe ist der größte Schatz
sagte, zog Asher an der Klingelschnur. Seine Stirn war mit Schweißperlen benetzt.
„Wenn Sie Schmerzen haben, könnte ich …“
„Nein … Ich will nur, dass Sie mir versprechen zu bleiben“, brachte er angestrengt hervor und schloss die Augen.
10. KAPITEL
Seit fünf Tagen weilte Emerald nun in Carisbrook House, ohne Asher seither wiedergesehen zu haben. Sie wurde zwar von den Dienstboten über seine Genesung auf dem Laufenden gehalten, erhielt jedoch keine Einladung, ihm einen Besuch abzustatten. Um Ruhe zu finden und auf andere Gedanken zu kommen, was ihr diesmal mit der Lektüre ihres Buches nicht gelingen wollte, begab sie sich in den Garten.
Hinter einigen Rosensträuchern, in einer windgeschützten Ecke, stand eine Bank, auf der sie sich niederlassen wollte.
Als sie um die Büsche herumgegangen war, musste sie feststellen, dass Taris Wellingham dort saß. Er hatte das Gesicht der Sonne zugewandt und seinen Hut neben sich abgelegt. Als er sie herankommen hörte, lächelte er. „Lady Emma.“
„Sie wussten, dass ich es bin?“, fragte sie verblüfft.
Sein Lächeln wurde breiter. „Wenn man nichts sieht, schärft sich unweigerlich das Gehör.“ Er neigte den Kopf zur Seite. „Ihr Gang ist der eines Menschen, der sich in diesem Land nicht heimisch fühlt. Kommen Sie und setzen Sie sich zu mir. Ich möchte Ihnen etwas über meinen Bruder erzählen.“
Zögerlich nahm sie Platz, während er geduldig wartete, bis sie ihre Röcke arrangiert hatte. „Asher glaubt, dass Sie seinen … Schutz brauchen.“
„Tatsächlich?“, fragte sie, aber so leise, dass es kaum zu hören war.
„Er glaubt, dass er Ihnen als der verantwortungsbewusste Gentleman, der er zweifellos ist, bei Ihren Schwierigkeiten zur Seite stehen muss. Er ist vertrauenswürdig, loyal und beständig in seinem Wesen. All diese Eigenschaften sind löblich, stimmen Sie mir zu?“
„Ja.“
„Seit er Sie kennt, ist er anders, glücklicher, denn seit seiner Rückkehr aus der Karibik hat er niemanden mehr an sich herangelassen.“
Emerald legte die Stirn in Falten. Sie wusste nicht recht, worauf Taris hinauswollte.
„Er wurde über ein Jahr lang gefangen gehalten, nachdem der Pirat Beau Sandford, Sie werden von ihm gehört haben, sein Schiff vor den Turks Inseln angegriffen hatte. Als ich ihn vor Ort wiedersah, um das Lösegeld zu übergeben, war er von einem einzigen Gedanken eingenommen: Er wollte sich an dem Mann rächen, dem er sein Leid zu verdanken hatte. Er kehrte nur nach Falder zurück, um sich zu erholen. Kaum stand er wieder auf den Beinen, segelte er in die Karibik zurück.“
Gütiger Gott, dachte Emerald bei sich und stöhnte un hörbar. Ich bin an allem schuld.
Sie hatte Asher von Bord seines Schiffes gestoßen aus Angst, ihr Vater würde ihn andernfalls töten. Wie hätte sie ahnen sollen, welche Konsequenzen diese gut gemeinte Tat nach sich zog? Sie hatte sein Leben zerstört, unwiderruflich, unübersehbar.
„Lady Emma?“ Taris legte seine Hand auf ihre. „Geht es Ihnen gut?“
„Sicher. Aber ich fürchte, ich muss jetzt zurück ins Haus.“ Sie zwang sich zu lächeln und stand auf. Ich bin ein Judas, eine Verräterin und eine Lügnerin, warf sie sich vor und trat die Flucht an.
Es war weit nach Mitternacht, als Emerald durch den Korridor huschte und vor Ashers Schlafzimmertür stehen blieb. Tief durchatmend straffte sie die Schultern und versuchte sich zu sammeln. Sie würde allen Mut zusammennehmen und hineingehen. Leise drückte sie die Klinke, trat in den Raum und machte die Tür hinter sich zu. Es war dunkel, nur das Kaminfeuer im Nebenzimmer spendete etwas Licht. Sie war im Begriff, zu seinem Bett zu gehen, als sie das leise Kratzen eines Federkiels vernahm. Es musste ungefähr drei Uhr sein – eine Zeit, in der man gemeinhin keine Korrespondenz erledigte. Saß Asher tatsächlich an seinem Schreibtisch? Unschlüssig blieb Emerald stehen. Sie wagte es nicht, einen Blick in das angrenzende Zimmer zu werfen.
„Ist da jemand?“ Seine Stimme klang so nahe und so vertraut, und Emerald fragte sich, was sie antworten sollte.
Ich bin es, Emerald, Beau Sandfords Tochter, die nicht viel besser ist als ihr Vater.
Sie hörte, wie Asher den Stuhl nach hinten schob und sich erhob, dann stand er plötzlich vor ihr. Seine Hemdschöße hingen über der Hose, und er trug kein Krawattentuch. Unter dem Hemdsärmel zeichnete sich der Verband ab. War es zu früh für ihr Vorhaben?
„Emma?“, flüsterte er
Weitere Kostenlose Bücher