Liebe ist der größte Schatz
vielleicht in der Lage sein, sich heimlich zu verarzten. Mit letzter Kraft befreite sie sich aus Ashers Griff.
„Soll das heißen, dass die Zärtlichkeiten, die wir getauscht haben, für dich nichts anderes als ein Opfer waren?“
„Eine Entschädigung für das Unrecht, das mein Vater und ich dir angetan haben.“
„Was du mir angetan hast? Gütiger Gott, Emerald – so soll ich dich nennen?“
„Manche Leute nennen mich Emmie.“
„Aber niemals Emma?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Also war alles eine Lüge?“ Seine von einem Hieb geschwollenen Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln.
Emerald musste an ihre gemeinsamen Nächte denken, wie sie sich, umgeben von silbrigem Mondlicht, zärtlich geliebt hatten. Sie hatte ihm ihren Körper geschenkt, ihr Herz, ihre Seele. Wie konnte dies alles eine Lüge sein?
Wenn er auch nur einen Bruchteil dessen für sie empfand, was sie für ihn fühlte, hätte er ihr diese Frage nicht gestellt. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie nickte. „Alles.“
Ein einziges Wort, und es war zu Ende. Beinahe war sie erleichtert, als er sich umwandte, denn seinen kalten hasserfüllten Blick konnte sie nicht länger ertragen.
Um sich aufrecht zu halten, legte sie die Arme um sich und folgte ihm in den Wald, wo hoffentlich ihre Angehörigen unversehrt auf sie warteten. Geschwächt wie sie war, musste sie immer wieder anhalten und sich gegen einen Baum lehnen, doch Asher drehte sich nicht ein einziges Mal nach ihr um. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, und das Blut pochte ihr beängstigend laut in den Schläfen. Hoffentlich hatte die Kugel sie nicht innerlich zerfetzt.
Sie atmete erleichtert auf, als sie Azziz erblickte, der an der umgestürzten Kutsche lehnte und die Wunde an seinem Kopf betastete. Taris saß neben ihm auf dem Boden.
„Wo sind Lucinda und Miriam?“, fragte Asher mit harter Stimme und ließ den Blick über die Umgebung schweifen.
„Tiefer im Wald. Auf meine Anweisung hin“, erklärte Emerald, bevor Azziz antworten konnte.
„Die andere Kutsche ist ebenfalls umgekippt. Ihre beiden Männer sind verletzt, Euer Gnaden. Ich habe mich so gut es ging um sie gekümmert“, fügte Azziz hinzu.
„In welche Richtung sind die Frauen gelaufen?“, wollte Asher wissen.
Emerald zeigte nach Norden, dann presste sie ihre Hand rasch auf die heftig pochende Wunde an ihrer Seite. „In diese Richtung“, brachte sie mit Mühe hervor und flehte insgeheim, er möge sich auf die Suche begeben, bevor sie zusammenbrach.
Als er keine Anstalten machte, sich in Bewegung zu setzen, sah sie zu ihm hin. „Mein Gott!“ Seine Stimme klang rau. „Mein Gott!“, wiederholte er und rannte auf sie zu. „Was zur Hölle ist dir passiert?“
Er ergriff ihre Hand, kaum dass er bei ihr war, und umschloss ihre kalten Finger mit seinen warmen und hielt sie fest. Mit Wut konnte sie umgehen, Mitgefühl setzte sie schachmatt. Emerald spürte, wie ihr plötzlich heiße Tränen die Wangen hinabrannen, und barg ihren Kopf an seiner Brust.
„Gütiger Gott, Emma.“ Er benutzt den alten Namen, dach te sie verschwommen. Bloß ein Fehler, der ihm in der Aufregung unterlaufen ist. Sie spürte, wie Asher sie auf die Arme hob und behutsam auf den Waldboden heruntergleiten ließ. Als er mit den Fingern sacht die Stelle berührte, an der die Ku gel eingedrungen war, schlug die Schwärze über Emerald zusammen, und sie verlor die Besinnung.
13. KAPITEL
„Zu Hause?“, hauchte Emerald und schlug die Augen auf. „Azziz und Taris?“
„Ja, in Falder“, antwortete Asher sanft. „Azziz ist im Zimmer nebenan untergebracht und kuriert seine drei gebrochenen Rippen und eine beträchtliche Beule an seinem Hinterkopf aus. Taris ist erstaunlicherweise unversehrt geblieben.“
„Wie lange?“, fragte sie knapp, denn zu mehr Worten war sie nicht fähig.
„Du bist seit einer Woche hier. Du hattest hohes Fieber, doch heute früh ist es gesunken.“
„Fühle mich … seltsam.“
„Das ist das Laudanum, das wir dir verabreicht haben, um deine Schmerzen zu lindern.“ Asher stand von der Bettkante auf und streckte sich. Obgleich Emerald noch nicht ganz Herr ihrer Sinne war, bemerkte sie die dunklen Ringe unter seinen Augen.
„Bleib. Bitte“, flehte sie, plötzlich von kindlicher Angst heimgesucht. In ihren Fieberträumen waren ihr all die Menschen erschienen, die sie verlassen hatten. Ihre Mutter. Ihr Vater. Ihr kleiner Bruder James. Sie alle waren von ihr gegangen. Und nun drohte sie
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