Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)
Vorratskammer vom Haus ist doch voll.“
„Ja, aber darum geht es nicht. Connor, wenn ein Mensch über eine lange Zeit hinweg wenig oder nur unregelmäßig isst, gewöhnt sich der Körper daran. Gegen Mangelernährung und deren Folgen kann man nicht von jetzt auf gleich angehen.“
„Hm.“
„Für mich als Arzt wäre es erst einmal wichtiger, dass er wieder ruhiger schlafen kann, um vor allem das Immunsystem in Schwung zu bringen. Siehst du, wie stark sich seine Augäpfel unter den Lidern bewegen? Er schläft mit Sicherheit nicht tief und ich wette, er hört uns genau zu, kann aber nicht einfach so aufwachen, es sei denn, ich oder du würde ihm Schmerzen zufügen. Es gibt viele Thesen, dass das bei Soldaten im Einsatz genauso ist. Sie müssen ständig auf dem Sprung sein, wie man so schön sagt und wissen genau, wann sie in Gefahr sind. Dann sind sie innerhalb einer Sekunde hellwach und ich glaube, deinem Freund hier geht es ähnlich. Wie ein sechster Sinn, der ihn vor Bedrohungen warnt.“
Daniel verstand nur Bahnhof. Das waren ihm zu viele Worte auf einmal. Was sollte er denn mit Soldaten gemeinsam haben? Und wieso war Connors Vater Arzt? Die Kinder waren alle Künstler. Das passte doch gar nicht. Was machten die beiden hier nochmal? Ach ja, die Einladung zum Grillabend. Tja, der war wohl gelaufen. Jemand legte vorsichtig seine Decke über ihn und Daniel hätte gern erleichtert aufgeseufzt, denn erst jetzt bemerkte er, wie kalt ihm war.
„Dad, bitte... könntest du das auch für Nichtärzte wie mich erklären?“ Connor klang leicht genervt. „Wieso schläft er, obwohl du neben ihm sitzt?“
„Du bist doch hier.“
„Was?“
Gute Frage. Das interessierte Daniel ebenfalls. Außerdem begann er die tiefe Stimme des Mannes neben sich zu mögen. Sie war der von Connor so ähnlich.
„Er erkennt deine Stimme, Connor. Auch wenn er mich nicht kennt, weiß er, dass du kaum jemanden zu ihm bringen würdest, der eine Gefahr für ihn darstellt.“
Ach so?
Connors Vater hatte zwar eine schöne Stimme, aber er war merkwürdig, genau wie seine Thesen. Seit wann vertraute er Connor? Und woher wollte Doktor Freud das denn so genau wissen? Daniel schüttelte innerlich den Kopf. Was der Mann von sich gab, war totaler Blödsinn.
„Und die Tabletten?“
„Die sind ein Problem. Eigentlich müsste ich ihn ins Krankenhaus einweisen, aber ich möchte erst mehr wissen und ich will auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Für eine Überdosis hat er keine Anzeichen und die Kälte kann auch vom Fußboden kommen. Vielleicht ist ihm nur schwindlig oder übel geworden. So wie es hier aussieht, hat er versucht in sein Bett zu kommen. Nein, wir werden abwarten, bis er aufwacht und in der Zwischenzeit ein Auge auf ihn haben. Ich gehe nach unten, setze frischen Tee auf und rufe deine Mutter an. Der Grillabend fällt aus.“
„Dan hat kein Telefon“, warf Connor ein.
„Dann fahre ich kurz rüber, sage ihr Bescheid und bringe gleich noch meine Tasche mit, für alle Fälle.“
„Und was mache ich?“
„Such eine zweite Decke und versuch ihn aufzuwärmen. Falls er aufwacht, soll er etwas trinken. Solange er dermaßen weggetreten ist, dürfte es dir leicht fallen ihm ein wenig Tee einzuflößen. Aber pur, kein Zucker oder Süßstoff.“
„Okay.“
„Gut, ich beeile mich.“
Eine Tür klappte, dann noch eine. Wieder raschelte es, woraufhin etwas zu Boden fiel und Connor leise fluchte, bevor er, „Was ist das denn?“, murmelte. Erneut klappte eine Tür, dann hörte Daniel Schritte im Flur. „Dad, kommst du noch mal kurz rauf?“
Wenig später wurde eine zweite Decke über ihm ausgebreitet und wäre er nicht so neugierig gewesen, was Connor entdeckt hatte, hätte Daniel die sofort einsetzende Wärme der zweiten Decke in vollen Zügen genossen.
„Was ist denn?“
Ah, da war er ja wieder. Doktor Freud mit der schönen Stimme.
„Sieh mal, Dad, die habe ich oben im Schrank in einem kleinen Karton auf der Decke gefunden. Das ist doch etwas Medizinisches, oder?“
Oha, Connor hatte bestimmt die Fentanylpflaster gefunden, die er aus dem Krankenhaus geklaut hatte. Daniel verzog ohne es zu merken das Gesicht. Das würde Ärger geben.
„Fentanyl? Der Junge hat mehr Probleme als ich dachte.“ Connors Vater klang zum ersten Mal seit er hier war ernsthaft beunruhigt.
„Dad, wovon redest du? Was ist das?“
„Fentanyl wird bei Narkosen vor Operationen oder zur Therapie von chronischen Schmerzen eingesetzt und
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