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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Monstrum sprach. Das hing nun nicht etwa damit zusammen, daß die tapferen Feuerwehrmänner in einem Großeinsatz Millionenwerte gerettet hätten – zum Beispiel einen mittelalterlichen Palast oder eine wertvolle Gemäldeausstellung – oder daß sie einen kilometerbreiten Flächenbrand, der ein Naturschutzgebiet vernichtet hätte, löschten … Nein, so etwas hatte die Feuerwehr von Mas d'Agon noch nicht erlebt.
    Bis auf ein paar lokale Brände – der größte war der Stallbrand beim Bauern Raimond Lacoste gewesen, den man aber nicht löschen konnte, weil ausgerechnet an dem Tag die alte Wasserpumpe ausfiel und die Handschwingpumpe nicht genügend Druck erzeugte, um dem Brandherd zu Leibe zu rücken, was Lacoste eine blinde Ziege kostete, die im Stall vergessen wurde –, bis auf die kleinen Feuerchen also träumte der Feuerwehrwagen in der Garage dahin. Er wurde peinlichst geputzt und poliert und bei Feierlichkeiten – am 1. Mai, bei der Fronleichnamsprozession und am Nationalen Feiertag – wie ein Triumphwagen an bevorzugter Stelle im Festzug mitgeführt.
    Immerhin war der Wagen anno 1935 gebaut worden und tat noch immer seinen Dienst: unverwüstlich, unverrottbar, wirkliche Qualitätsarbeit, wie man sie heute nicht mehr findet. Da war zum Beispiel die Hupe! Massives Messing und mit einem Ton begabt, der alles aus dem Wege blies, was darin stand. Die ausfahrbare Leiter war schon im Entstehungsjahr 1935 allgemein bestaunt worden und hatte seither nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt. Bis heute war es allen Einwohnern rund um Mas d'Agon überhaupt ein Rätsel, wie die Gouvernementsverwaltung auf die Idee gekommen war, ein solches Prachtstück in die Einsamkeit am Etang de Vaccarès zu verlegen.
    Jedoch das alles war zweitrangig. Berühmt wurde die Feuerwehr von Mas d'Agon am 17. April 1965. Die Wahl von de Gaulle zum Staatspräsidenten stand wieder einmal vor der Tür, und aus diesem Anlaß rückte auf zwei offenen Lastwagen, mit wehenden roten Fahnen, viel Geschrei und revolutionären Liedern auf den Lippen, ein Trupp Kommunisten aus Arles heran.
    Sergeant Andratte, bleich vor Erregung, hatte telefonisch schon eine Warnung aus Arles bekommen: Die Kommunisten führen eine große Puppe mit einem Pappmachekopf de Gaulles mit, bekleidet mit einer Generalsuniform. Diese Puppe wollen sie am Ufer des Etang verbrennen! Funk und Fernsehen seien auch dabei, um das Spektakel in aller Welt zu verbreiten.
    Die Empörung in Mas d'Agon, dessen Bewohner de Gaulle verehrten, war groß. Die Brandsirene schrillte, die Feuerwehr rückte aus, und man füllte den Wassertank. Wie bei einem Großbrand setzte man die Helme auf, bewaffnete sich mit Äxten und Einreißstangen, kontrollierte vorsichtshalber die Pumpe und erwartete dann an der Straßenkreuzung vor Mas d'Agon die kommunistische Invasion.
    Sergeant Andratte, als neutraler Ordnungshüter, rief in Arles an und meldete sich wegen eines akuten Hustenanfalls krank. Da war es schon zu spät, um andere Polizisten in das Katastrophengebiet zu verlegen.
    Was dann geschah, festigte den Stolz der Einwohner von Mas d'Agon für Jahrhunderte: Die beiden kommunistischen Lastwagen erschienen an der Kreuzung – sie kamen von Villeneuve die Straße herunter und waren bereits gewarnt, denn man hatte sie dort mit Pferdemist beworfen. Sie ahnten jedoch noch nichts Böses, als sie den Feuerwehrwagen mit ausgerollten Schläuchen stehen sahen. Auch die Wagen des Fernsehens und des Funks fuhren geradezu fröhlich auf die Kreuzung zu. Die Männer der Camargue sind wortkarg. Jérôme Dulallier, der Kommandant der Feuerwehr, sagte nur: »Wasserfrei!« und drückte einen Hebel an der Pumpe nach unten. Zwei Mann umklammerten vorn die dicke Messingspritze und zielten. Es ist bezeichnend für die Objektivität der Funk- und Fernsehanstalten, daß diese glorreiche Stunde von Mas d'Agon nie im Bild erschien, nie gesendet wurde, nie die übrige Welt erfreute. Man weiß nur, daß die de-Gaulle-Puppe nicht verbrannt wurde, daß die beiden Lastwagen mit triefenden Demonstranten umkehrte und daß eine wertvolle Fernsehkamera zu Bruch ging, ohne daß je ein Schadensanspruch angemeldet worden wäre. Eine Stunde später konnte der wunderbar rasch genesene Sergeant Andratte nach Arles melden: »Demonstration hat sich aufgelöst und befindet sich auf dem Rückweg. Die Lage ist wieder normal.« Merkwürdigerweise hat Andratte für diesen Einsatz nie eine Belobigung erhalten, aber der Ruf der Feuerwehr von Mas

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