Liebe läßt alle Blumen blühen
winkte lässig ab. »Er zieht nicht. Eine Fehlkonstruktion! Ich habe ihn nie umbauen lassen. Warum auch? Mich erfreut seine Form – heizen braucht er nicht. Dafür gibt es Öl.«
Alain erschien in der Wohnhalle. Er hatte sich wieder umgezogen und trug nun die Uniform eines Butlers. Auf einem Tablett brachte er drei Champagnergläser und reichte sie herum. Der Marquis hob sein Glas und strahlte dabei Kathinka an.
»Mögen Sie sich bei mir wohlfühlen! Nein, mögen Sie hier glücklich sein! Nach dem Essen zeige ich Ihnen das ganze Haus …«
Später, nach dem Rundgang durch Haus und Park, saßen Zipka und Kathinka in ihrem großen Gästezimmer auf dem Bett und blickten zum Fenster hinaus in das weite Land. Über dem Etang de Vaccarès flimmerte die Luft und verwischte alle Konturen.
»Was sagst du nun!« fragte sie leise, als könne jemand mithören.
»Noch nichts«, antwortete Zipka.
»Was heißt noch?«
»Ich bin mir nicht im klaren darüber, warum wir überhaupt hier sind – oder besser gefragt: Warum hat uns der Marquis eingeladen? Deinetwegen? Wohl kaum, denn dann müßte er mich zunächst beseitigen, weil ich keinen Meter aus deiner Nähe weichen werde. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Du siehst viele Gespenster, Wig! Wie sollte er dich …«
»Schachmatt in zwei Zügen! Der erste Zug: Er tröpfelt mir etwas ins Getränk, was man unter Ganoven k.o.-Tropfen nennt! Danach fällt man um und ist für Stunden ausgeschaltet. Zug Nummer zwei: Er pumpt dich mit Alkohol so voll, daß du ein willenloses Spielzeug in seiner Hand bist. Du wärst nicht die erste Frau auf dieser Erde, die durch Alkohol völlig verändert würde.«
»Da kennt er mich schlecht. Ich habe bei meinen Bauarbeiten trinken gelernt und geübt. Außerdem traue ich ihm das nicht zu. Nach jeder Nacht gibt es einen Morgen, und der würde dann für den Marquis recht bitter.«
»Es ist alles so widersinnig!«
Ludwig Zipka stand auf und trat ans Fenster. Unten im Garten liefen lautlos drei riesige Hunde umher. Dobermänner, vor deren Gebiß es keine Gnade gibt. Als ob sie die Bewegung am Fenster gemerkt hätten, blieben sie ruckartig stehen, drehten sich um und starrten Zipka mit ihren dunklen kalten Augen an. Sie öffneten ihre Schnauzen, die Zähne glänzten, aber kein Laut drang aus ihren Rachen. »Sieh dir das an, Tinka«, flüsterte Zipka. »Wir haben keine Chance.«
Stumm blickte Kathinka die großen Tiere an. Sie lehnte sich gegen Zipka und unterdrückte nicht mehr ihr Zittern. »Was nun?« flüsterte sie zurück. »Wig, wir wickeln uns da in Hirngespinste ein. Natürlich hat er Hunde, die das Haus nachts bewachen, warum auch nicht? Es liegt ja einsam genug. Warum sollte er uns in eine Falle gelockt haben? Wozu denn? Wie können ausgerechnet wir ihm wichtig sein?«
»Ich habe dir etwas verschwiegen, Liebling.«
»Mein Gott, was?« rief sie erschrocken.
»In der ersten Nacht, in Baume-les-Dames, habe ich einen Stein an den Kopf bekommen, durch's Fenster! Mit einem Zettel darangeklebt, der mich warnte, weiter mit dir durch Frankreich zu fahren. Damals dachte ich, es wäre dein Dauerverehrer Herbert Vollrath, der uns beschattete …«
»Unmöglich! Das würde Herbert nie tun. Nein, das ist nicht sein Stil. Herbert ist ein Ästhet und kein Gangster. Er hätte sich mit dir ausgesprochen, wie es unter gesitteten Männern üblich ist – aber da gibt es ja nichts auszusprechen. Wig, warum hast du mir das nicht sofort gesagt?«
»Es wäre damals zwecklos gewesen. Du hättest nur festgestellt, daß das wieder einer meiner üblichen Tricks ist, um mich bei dir interessant zu machen. Außerdem – was wäre dabei herausgekommen? Die Steinwerfer waren längst weg, spurlos verschwunden, wie ich selbst festgestellt hatte. – Und jetzt sieht das aber alles ganz anders aus. Was in den letzten zwei Tagen über uns hereingebrochen ist, das kann doch nicht mehr normal sein! Irgend etwas hängt uns an – ich weiß nur nicht, was es ist.«
»Lulu!«
»Das mußte kommen! Lulu hat damit nichts zu tun. Das ist nichts als eine typische Anhäufung von Zufällen. Das Gesetz der Serie.«
»Durch Lulu haben wir den Marquis kennengelernt.«
»Oder der Marquis hat Lulus Unglück zum Anlaß genommen, an uns heranzukommen.«
»Aber was will er von uns?«
»Wenn ich das wüßte!« Zipka schlug sich verzweifelt mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Es ist alles so verworren und so sinnlos! Wem hast du gesagt, daß du in die Camargue willst?«
»Nur
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