Liebe, Sex und andere Katastrophen
sich bereits auf seinem Kinn abzeichnete …
Die Tür ging auf und ihre Mutter trat in Begleitung von Aliza, Laurens achtjähriger Schwester, auf die Veranda heraus. Rasch streifte sie die Gedanken an Ben beiseite.
»Wir fahren shoppen und danach Sushi essen«, informierte ihre Mutter sie. »Kommst du mit?«
Bedauernd schüttelte Lauren den Kopf und hob das Wirtschaftskundeheft hoch.
»Schade. Okay, dann eben ein anderes Mal. Der Test geht natürlich vor.«
Aliza hauchte Lauren einen Kuss auf die Wange und huschte die drei Verandastufen hinunter. »Bye Lauren! Lern schön!«
»Bye Aliza. Viel Spaß beim Shoppen!«
Ihre Mutter warf die Handtasche auf den Rücksitz des grünen Vans und half Aliza, den Sicherheitsgurt anzulegen. Lauren beobachtete die beiden und lächelte versonnen. Obwohl Aliza ganz anders aussah als sie selbst, war sie ihr doch sehr ähnlich. Zumindest im Wesen. Was wahrscheinlich hieß, dass sie beide in dieser Hinsicht mehr Gene von ihrer Mutter geerbt hatten, als von ihren Vätern. Laurens Vater war Ire gewesen. Von ihm hatte sie das rote Haar, die blasse, im Hochsommer mit Sommersprossen gespickte Haut und die grünen Augen mitbekommen. Er war gestorben, als Lauren fünf war.
Zwei Jahre später hatte ihre Mutter einen durchgeknallten Künstler namens Harmony geheiratet und nur kurze Zeit nach der Hochzeit Aliza bekommen. Die Kleine hatte bereits bei der Geburt Harmonys schwarze Haarpracht auf dem Köpfchen getragen und war mit demselben stechenden Blick aus eisblauen Augen gesegnet gewesen. Beides war ihr bis heute erhalten geblieben. Was so ziemlich das Einzige war, was ihr eigenbrötlerischer Vater ihr hinterlassen hatte, bevor er von heute auf morgen mit einer Gruppe Seelenverwandter in den sonnigen Süden abgehauen war, um dort sein Glück zu finden.
»Oh, ehe ich es vergesse, wenn du Hunger hast, in der Gefriertruhe liegt noch eine Salamipizza«, rief ihre Mutter ihr zu und strich sich das hellbraune Haar aus der Stirn.
Lauren winkte ab. »Kein Problem, Mom, ich habe keinen …«
»Das weiß ich, aber du wirst etwas essen!«
Der strenge Nachdruck in ihrer Stimme war unüberhörbar.
»Okay, Mom.«
»Ich weiß nicht, wann wir zurückkommen. Kann spät werden. Vielleicht fahren wir noch bei Oma vorbei. Bis dann!« Sie setzte ihre Sonnenbrille auf und glitt hinters Steuer.
Aliza winkte ihr lächelnd zu. Sie winkte zurück und atmete erleichtert auf, als der Van endlich aus der Einfahrt fuhr. Sie liebte es, allein zu sein. Vor allem liebte sie die Stille daran. In einem Drei-Frauen-Haushalt konnte es manchmal ganz schön laut werden.
Sie schlug das Heft auf und las, doch keine zwei Minuten später kehrten ihre Gedanken zurück zu Ben. Es war ziemlich schwierig gewesen, mit ihm zusammenzukommen, weil er sie anfangs gar nicht wahrgenommen hatte. Aber dank Ina, die irgendwann die Initiative ergriffen und ihm einen schriftlichen Hinweis hatte zukommen lassen, waren sie in Kontakt getreten und nach vier Wochen schließlich ein Paar geworden. Seufzend fuhr sie sich durchs Haar und schloss das Heft. Es hatte keinen Sinn. Sie konnte sich jetzt nicht konzentrieren. Vielleicht sollte sie Ina anrufen und etwas mit ihr unternehmen?
Der Gedanke war kaum zu Ende gedacht, als Noel Maison plötzlich auf seiner Cross angefahren kam und vor den Verandastufen hielt. Er nahm seinen Helm ab und schüttelte den Kopf, um seine Haare einigermaßen in Ordnung zu bringen.
Lauren sprang auf. »Was willst du denn hier?«, stieß sie entgeistert hervor.
Er grinste und reichte ihr einen pinkfarbenen Helm, den sie verdattert annahm.
»Was soll ich damit?«
»Der gehört meiner Schwester. Sie leiht ihn dir.«
»Was? Wieso sollte ich … Wie kommst du überhaupt hierher?«
»Ina hat mir gesagt, wo du wohnst.«
»Das wird sie büßen.«
»Sei nicht so voreilig. Sie hatte keine Chance.«
»Wie schön für dich. Jetzt zisch ab!«
»Warte!«
Sie konnte nicht erklären, warum, aber plötzlich begann ihr Herz schneller zu schlagen.
»Hör mir kurz zu.«
»Wieso sollte ich das tun?«
»Weil es mir wirklich leidtut. Alles.«
Jäh schoss ihr die Erinnerung an die Nacht mit ihm durch den Kopf. Wie oft würde sie noch zwangsläufig daran denken müssen? Als sie aufsah, wirkte seine Miene zu ihrer Überraschung tatsächlich sehr zerknirscht.
»Ich weiß, dass es dich nervt, dass ich fast jeden Tag an deiner Schule auf dich warte und noch mehr, dass ich jetzt hier bin, aber du lässt mir keine andere
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