Liebe, Sex und andere Katastrophen
fuhr mit dem Fahrrad zuerst in die Pizzeria, um die Bestellung aufzugeben. Dann eilte sie in den PC-Shop.
Der Laden war klein, die Regale bis oben hin mit Kartons vollgestopft. In Glasvitrinen waren Laptops und Monitore ausgestellt. An der Decke brummte ein Ventilator. Leise Musik lief im Hintergrund.
Eine Frau Mitte vierzig in kurzen Hosen und bauchfreiem Top stand hinter einer Theke und öffnete mit einem Cuttermesser eine Schachtel. Als sie Erin bemerkte, lächelte sie freundlich, neigte sich nach hinten und rief nach jemandem, der sich in einem Hinterzimmer befand.
»Kommst du bitte mal? Eine Kundin ist da.«
Kurz darauf schlurfte jemand in den Verkaufsraum. Erin hielt die Luft an. Dieser Jemand war Liam Butler. Das Lächeln gefror auf seinen Lippen, als er sie sah. Die Frau hielt verwirrt in ihrer Arbeit inne und spähte neugierig zu ihnen herüber. Erin fasste sich als Erste und nannte ihm den Grund ihres Hierseins. Liam nickte und verschwand hinter einem Regal. Es dauerte eine Weile, bis er mit einer kleinen Schachtel wieder auftauchte.
»Kennst du dich damit aus?«, fragte er emotionslos.
»Ich nicht, aber mein Vater«, erwiderte sie rasch, um ihre Nervosität zu verbergen. Ihr wurde flau im Magen.
»Bezahlst du bar oder mit Karte?«
»Bar.« Sie zählte das Geld ab und reichte es ihm. Dabei berührten sich ihre Hände, aber er tat, als bemerkte er es nicht.
»Liam, ich geh mal schnell ins Lager. Bin gleich zurück«, verlautbarte die Frau und verschwand mit der geöffneten Schachtel im angrenzenden Raum.
»Hier, die Rechnung. Brauchst du eine Tasche?«
»Danke. Nein, ich habe eine dabei …« Sie ließ sich Zeit mit dem Einpacken und überlegte, was sie sagen konnte, um ihrer Freundschaft eine neue Chance einzuräumen. »Ich wusste gar nicht, dass du … hier arbeitest«, stammelte sie schließlich.
»Du weißt vieles nicht von mir.«
Sie schluckte hart und nickte. »Richtig.« Langsam ging sie zur Tür. Drehte sich noch einmal um. »Kommst du am Freitag zur Schulschlussfete ins Grenadinos ?«
»Nein.«
»Oh, okay. Na dann … mach’s gut.« Draußen schloss sie die Augen und holte tief Luft. Liam arbeitete also in diesem Laden. Das hatte er mit keinem Wort erwähnt. Und auch sonst niemand. Erst jetzt bemerkte sie, wie schnell ihr Herz klopfte. Zögernd warf sie einen Blick durch die Schaufensterscheibe und sah ihn immer noch an der Kasse stehen.
»Lass es«, murmelte sie und machte sich auf den Weg zur Pizzeria. Aber seine Kälte hatte wehgetan. Und sie vermisste ihn so.
***
»Du siehst umwerfend aus«, riefen Heather und Lucy gleichzeitig, als Erin im Grenadinos eintraf.
Der Besuch bei Miss Cleopatra hatte gutgetan. Tessa und die anderen hatten so viel unsinniges Zeug gequatscht, während sich die Frisörinnen um ihre Haare gekümmert hatten, dass Erin keine Minute an Liam gedacht hatte. Danach hatten sie sich alle in Heathers Zimmer verschanzt, um sich gegenseitig die Nägel zu feilen, zu lackieren und die Steinchen aufzukleben. Hinterher waren sie nach Hause gegangen, um sich umzuziehen und damit den letzten Schliff zu verpassen.
Das schwarze Kleid stand Erin ausgezeichnet. Ihr Vater hatte anerkennend genickt, als sie sich ihm voller Stolz präsentiert hatte.
»Ihr aber auch«, gab sie jetzt strahlend zurück.
»Dieses Kleid steht dir fabelhaft.«
»Na ja, ihr habt es ja auch für mich ausgesucht.«
»Das spielt aber keine Rolle, denn du würdest sogar in einem Kartoffelsack heiß aussehen.«
Sie stürzten sich ins Getümmel und tanzten ausgelassen.
Trotz der Anwesenheit aller Lehrer schafften es einige Jungs, an Alkohol zu kommen, aber weil sie sich nicht gegenseitig verpfiffen und auch die Mädchen Stillschweigen bewahrten, wurden die Übeltäter nicht entdeckt.
Die Musik war laut, die Tanzfläche voll, die Stimmung auf dem Höhepunkt. Im Laufe des Abends dachte Erin immer weniger an Liam, was daran lag, dass ihre Freundinnen sie hervorragend ablenkten. Die Lehrer starteten eine Videovorführung von den zahlreichen Veranstaltungen, die während des Jahres stattgefunden hatten, und trugen lustige Anekdoten über gewisse Schüler vor. Alles in allem war es eine gelungene Abschlussparty.
»Komm mal mit, ich will dir jemanden vorstellen«, raunte Heather Erin irgendwann zu und führte sie ans andere Ende des Raumes, wo ein Flipperautomat stand. Daneben lehnte ein großer, dunkelhaariger Junge mit breiten Schultern und einem netten Lächeln an einem runden
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