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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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würde, bevor er sich auf den geblendeten, wimmernden Dämon stürzen und mit seinen schweren Schuhen auf den weichen Körper eintreten und so lange treten, treten, treten würde, bis ihm die Knochen brachen, Fleisch und Organe rissen, das Blut hervorschoss.
    Hände zerrten an seinem Mantel. Warum ließ man ihn nicht treten, treten, treten?
    »Das ist ein fremdes Grab«, hörte er Bec sagen. »Du trittst es noch kaputt.«
    Ritchie stürzte zu Boden. Sein rechter Fuß schmerzte. Er setzte sich auf das Gras und zog die Knie hoch. Er hatte ein Loch in seiner rechten Schuhkappe, so heftig hatte er auf den Grabstein von irgendeinem toten Arschloch eingetreten. Er schnürte sich den Schuh auf.
    »Er hat mich gefoltert«, sagte er, ohne aufzuschauen. »Er ist böse.«
    »Was soll das heißen, er hat dich gefoltert?«, sagte Bec. »Wie denn? Warum hast du nicht gesagt, dass ich mit Dougie geschlafen habe, um schwanger zu werden?«
    »Hast du es andern Leuten erzählt?«, sagte Ritchie.
    »Bis jetzt nur Alex und Dougie.«
    »Mum nicht?«
    »Mum noch nicht.«
    Ritchie zog sich den kaputten Schuh und den blutigen Strumpf aus und betrachtete seinen verletzten großen Zeh. Ein frischer Schub Zorn schoss in ihn ein, und er schlug mit den Fäusten aufs Gras, knirschte mit den Zähnen und knurrte wie ein Hund.
    »Warum hast du mich verraten?«, sagte Bec. »Was meinst du damit, er hat dich gefoltert? Hat er dich an einen Stuhl gefesselt und geschlagen? Wollte er dich töten?«
    »Schlimmer«, sagte Ritchie.
    »Schlimmer, als dazwischen wählen zu müssen, einen Informanten preiszugeben und getötet zu werden?«
    »Dad hat damit nichts zu tun. Das war ein Krieg damals.«
    »Das ganze Leben ist ein Krieg, wenn man es dazu macht.«
    »Du verstehst das nicht.«
    »Du bist ein solcher Feigling.«
    »Ich wäre fast gestorben!«, schrie Ritchie. »Ich habe mich aufgehängt. Ich habe gerade noch im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge bekommen. Es ist deine Schuld. Du hast mir das Gefühl gegeben, wertlos zu sein. Du hast mir das Gefühl gegeben, kein guter Mensch zu sein.«
    Bec ging dicht neben Ritchie in die Knie und sagte leise: »Vielleicht bist du ja kein guter Mensch. Vielleicht bist du ein schlechter Mensch. Hast du das mal in Erwägung gezogen?«
    »Ich bin ein guter Mensch!«, sagte Ritchie. »Ich bin ein Familienvater, ich liebe meine Frau, ich liebe meine Kinder, und ich werde nicht zulassen, dass du oder Val oder irgendwelche Polizisten oder Rechtsanwälte uns auseinanderreißen.« Er starrte Bec an. Ihm kam eine brillante Idee. Unter Druck bin ich immer brillant, dachte er. »Das ist genau, was er will!«, sagte er. »Was wir hier gerade machen, das ist es, was Val will. Damit rächt er sich an dir, für das, was du ihm angetan hast. Er will dich und mich und alle um uns herum vernichten. Er will, dass wir uns bekämpfen und zerstreiten und uns hassen. Er ist böse, durch und durch böse.«
    »Hier geht’s nicht um Val«, sagte Bec. »Es geht um dich. Du hast mir nicht geantwortet. Warum hast du mich verraten? Deine Schwester? Und Alex, deinen Freund?«
    »Ich habe ihn nicht verraten. Du hast ihn verraten. Du hast mit seinem Bruder geschlafen. Ich habe dich nicht dazu gezwungen. Ich hatte nichts damit zu tun. Wenn du nicht mit ihm geschlafen hättest, wäre das alles nicht passiert.«
    »Warum hast du mich verraten?«
    »Ich bin ein guter Mensch«, sagte Ritchie. »Schau, ich glaube, mein Zeh ist gebrochen.«
    »Dann werde ich Karin fragen müssen«, sagte Bec, erhob sich und schritt den Hügel hinunter. Ritchie wollte ihr folgen, rief ihr nach, sie solle warten. Ein bestialischer Schmerz schoss ihm aus dem Fuß ins Bein, und er fiel um. »Du darfst es Karin nicht sagen«, schrie er. Er hielt sich das Bein und verdrehte die Augen vor Schmerzen, die ihm nach seinem Sturz jetzt auch in die Seite stachen.
    Ihm kam eine Idee. Erleichterung keimte in ihm auf, und er erkannte, dass er stark und sicher war.
    Bec kehrte zurück. Undeutlich sah er ihre Beine. Den Blick höher zu heben brachte er nicht fertig.
    »Du darfst es Karin nicht sagen«, wiederholte er.
    »Warum nicht?«
    »Weil sie mich dann verlässt und die Kinder mitnimmt, und ich verliere die Sendung, und vielleicht …« Er verzog das Gesicht. »Ich glaube, jetzt habe ich mir auch noch eine Rippe gebrochen.«
    »Vielleicht was?«
    »Muss ich ins Gefängnis.«
    »Weswegen?«
    »Du weißt doch, wie die Moral Foundation vorgeht. Sie bringen Leute dazu, sich gegenseitig

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