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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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brought me … Das ist die schwierige Tochter, traurig, kompliziert, eine völlig andere Geschichte. Richtig, es ist ein Barrégriff. Drück alle Saiten mit diesem Finger. Das ist schwer, ich weiß. Und dann E … their song. E steht für Ende.«
    »Bin ich eine schwierige Tochter?«, sagte Ruby.
    »Natürlich nicht«, sagte Ritchie.
    »Ich bin nicht traurig und kompliziert.«
    »Das habe ich nie gesagt, Schätzchen.«
    »Du hast mir versprochen, dass ich ins Fernsehen komme.«
    »Tut mir leid, Schätzchen. Es hat einfach nicht geklappt. Manchmal ist das so im Showgeschäft.«
    Dicke Tränen fielen auf Rubys Gitarre, und ihre Schultern bebten. Sie fing an zu heulen. Ritchie legte seine Gitarre hin und versuchte, Ruby ihre abzunehmen, damit er sie in die Arme schließen konnte, doch sie klammerte sich an den Resonanzkörper und entwand sich ihm und weinte weiter.
    »Du hast versprochen, ich komme ins Fernsehen, wenn ich Mum nichts von dem Telefon erzähle, und ich habe ihr nichts von dem Telefon erzählt, und du hast mich nicht ins Fernsehen gebracht.«
    »Ach, Schätzchen«, sagte Ritchie. »Ich mache viele schöne Sachen für dich.«
    »Ich will ins Fernsehen.« Ruby zog die Nase hoch und ließ sich von Ritchie die Gitarre wegnehmen. Er hob sie hoch und setzte sie auf seinen Schoß. Sie wurde langsam groß. Er griff sich eine Handvoll Papiertaschentücher und putzte ihr sorgfältig die Nase.
    »Ich werd Mum von dem Telefon erzählen«, sagte Ruby.
    »Okay«, sagte Ritchie. »Lass uns darüber reden, ja? Denn Mummy kommt erst morgen zurück.«
    »Dann sag ich’s ihr dann.«
    »Gut. Also schauen wir uns die Sache mal an, ja? Du willst, dass ich dich ins Fernsehen bringe, und wenn ich das nicht tue, wirst du Mummy von dem Telefon erzählen.«
    »Ja.«
    »Du weißt etwas über mich, von dem ich nicht will, dass Mummy es erfährt, und du nutzt das aus, um zu bekommen, was du haben willst.«
    Ruby dachte kurz darüber nach und nickte.
    »Du bist sehr schlau«, sagte Ritchie. »Das ist etwas, was Erwachsene machen. Man nennt das Erpressung.«
    »Warum nennt man das Erpressung?«
    »Keine Ahnung«, sagte Ritchie. »Vielleicht weil man jemand damit so unter Druck setzt, dass man ihn praktisch erdrückt.«
    »Dann sollte es Erdrückung heißen!«, sagte sie.
    »Du bist wirklich ein schlaues Mädchen, was? Aber mit der Erpressung ist es so ähnlich wie mit fis-Moll. Eine heikle Geschichte. Willst du ein bisschen mehr darüber erfahren?«
    »Okay.«
    »Also, das Erste, worauf du achten musst, wenn du jemand erpresst, ist, dass du dir selbst nicht mehr wehtust als der Person, die du erpresst.«
    »Was soll das heißen?«, sagte Ruby. Sie klang ein wenig gelangweilt.
    »Ich gebe dir ein Beispiel«, sagte Ritchie. »Ich habe mein Versprechen noch nicht gehalten, dass du ins Fernsehen kommst, deshalb willst du Mummy von dem Telefon erzählen. Aber wenn du Mummy von dem Telefon erzählst, dann wird Daddy fortgehen müssen.«
    »Wohin?«
    »Einfach fort. Weit fort.«
    »Wie lange?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht für immer. Das willst du nicht, nicht wahr?«
    Ruby blickte zu Boden, spielte mit ihren Fingern und fing wieder an zu weinen, leise diesmal.
    »Du liebst Daddy, nicht wahr?«
    Ruby nickte.
    »Du wünschst dir nicht so sehr, ins Fernsehen zu kommen, dass es dir nichts ausmachen würde, wenn ich für immer fort wäre, nicht wahr?«
    Ruby schüttelte den Kopf.
    »Tja, dann wirst du das mit dem Telefon geheim halten müssen. Ich weiß, es ist unfair, aber das ist eine der Sachen, die du im Leben lernen musst. Erpressung klappt nicht immer.«
    »Warum ist das Telefon geheim?«, sagte Ruby kleinlaut.
    »In Familien ist das einfach so«, sagte Ritchie. »Es muss nicht sein, dass alle immer alles über jeden wissen. Du weißt nicht alles, was ich Dan erzähle, und er weiß nicht alles, worüber ich mit dir rede.«
    »Kann ich ein Eis haben?«, sagte Ruby.
    »Na klar, komm, wir holen uns eins«, sagte Ritchie. Er nahm die Hand seiner Tochter, und sie gingen zusammen in die Küche. »Mit mir und Tante Bec und deinem Opa war es genauso«, sagte er. »Wir hatten unsere Geheimnisse voreinander. Der Daddy, den du siehst, ist auch Dans Daddy, aber dann gibt’s noch den Dad, den nur du siehst, deinen eigenen speziellen, geheimen Daddy, von dem niemand sonst etwas weiß. Und wenn du mal erwachsen bist und selber Kinder hast, wirst du auch nicht allen deinen Kindern alles zeigen mögen. Jedes deiner Kinder wird seine eigene spezielle,

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