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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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der Ruhe und des Friedens verging unter diesen Bedingungen, als hätten sie damit etwas gelöst, und Alex verlor seine Bahn durch die Untiefen und Engen der Zelle und fand sie dann wieder. Doch als er die Rohfassung seiner Arbeit fertig hatte und sie an die Kollegen am Imperial College und an Harry schickte, um zu erfahren, was sie davon hielten, hatte er den Eindruck, dass es um ihn und Maria schlechter stand als vorher. Sie hatten immer noch kein Kind und keine Aussicht auf eines. Die Theorie, sich Gemeinsamkeit, Zärtlichkeit und Solidarität zu schenken, während sie darauf warteten, dass einer von ihnen vom Blitzschlag der Liebe getroffen wurde, war gut, aber was bedeutete sie in der Praxis? Er hatte den Verdacht, dass Maria gar nicht richtig suchte. Seit er mit ihr zusammen war, hatte er Frauen kennengelernt, die ihm gut gefielen, aber wollte er wirklich den Rest seines Lebens mit ihnen verbringen? Die meisten dieser Frauen fielen in die Kategorie »Liebe nicht ausgeschlossen«, aber wie, fragte er sich, sollte er »Liebe nicht ausgeschlossen« zu Maria mit nach Hause bringen? »Ich hab eine kennengelernt, in die ich mich vielleicht verlieben könnte. Gib mir eine Woche Frankreich mit ihr, und wenn es gut geht, komme ich nicht zurück; wenn nicht, dann bis Sonntag.«
    Er fragte sich, ob Maria ihm die Erlaubnis zum Lügen und Betrügen gegeben hatte oder ob sie nur herausfinden wollte, ob er den Mumm hatte, sie zu verlassen, und kam zu dem Schluss, dass es weder noch war. Hätte er sich vorher mit Frauen anfreunden können, ohne ihr Misstrauen zu erregen, dann war jetzt jede neue Freundin, die er erwähnte, eine potenzielle Geliebte, eine Bedrohung. Sie hatte ihm die Illusion der Freiheit gegeben und hielt ihn dadurch nur fester umklammert.
    Auch mit seinem Geld war er nicht klug umgegangen, erkannte er. Maria hatte ihm das von Anfang an gesagt. Er gab es aus und verlieh es und investierte nichts. Er fand sich zu gut bezahlt. Sein Gehalt kam jeden Monat aufs Konto, und es erschien ihm viel. Er hatte nicht gedacht, dass es ihr wichtig sein könnte, bis er ihr erzählte, dass er seinem Bruder seine gesamten Ersparnisse geliehen hatte, einhundertzwanzigtausend Pfund, damit der seine Spielschulden begleichen konnte. Wie wütend sie gewesen war, als ob er sie beide beraubt hätte. Sie hatte recht, vermutete Alex. Sie hatte recht damit, an die Zukunft zu denken, keine Rücksicht auf Freundesbrüder zu nehmen, die sich selbst in Schwierigkeiten brachten, das eigene Geld zusammenzuhalten, damit die gemeinsamen Kinder sicher, wohlgenährt, gut ausgebildet, am Licht und im Grünen aufwachsen konnten. Der Ausdruck in ihren Augen, als er es ihr erzählte – sie hatten gerade mit der IVF angefangen –, der hatte es in sich gehabt: wild wie eine Tiermutter, deren Männchen gerade ihr Junges gefressen hatte. Und doch, schien es Alex, war es bloß Geld. Er zahlte Maria jeden Monat Miete und hatte nie einen Anteil am Haus verlangt; sie hatte es von sich aus nie angeboten.
    Einer aus dem Kuratorium des Belford Institute bat Alex, bei der Gästeliste für Harrys vorweihnachtliche Abschiedsfeier zu helfen. Als er sein Kontingent fast voll hatte, rief er Ritchie an und bat um Becs E-Mail-Adresse.
    »Sie ist in Afrika«, sagte Ritchie.
    Alex überlegte noch einmal, was er gesagt hatte, ob er vielleicht unhöflich gewesen war. Er musste Ritchie in einem schlechten Moment erwischt haben, dachte er.
    »Ich würde sie gern zu einer Party im Dezember einladen«, sagte er. »Es wird hauptsächlich Wissenschaftlervolk da sein.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung, ehe Ritchie zögernd sagte, seine Schwester werde am zehnten aus Tansania zurückkommen.
    »Perfekt«, sagte Alex.
    »Wissenschaftler geben tatsächlich Partys?«, sagte Ritchie.
    »Doch, ja.«
    Nach einem weiteren langen Schweigen rückte Ritchie mit der Adresse heraus.
    »Wie geht’s ihr?«, sagte Alex.
    »Viel Arbeit.«
    »Sonst alles in Ordnung?«
    »Bec ist mir sehr wichtig.«
    »Habt ihr Streit?«
    »Wir stehen uns näher denn je, um es genau zu sagen. Sie ist ein besonderer Mensch. Sie macht eine wichtige Arbeit. Ich will nicht, dass sie …« Er sprach nicht aus, was er nicht wollte.
    »Sollte ich ihren Freund mit einladen?«
    »Sie hat keinen Freund. Keine Zeit.«
    Alex’ Herz schlug schneller. »Sie war doch mit einem Zeitungsherausgeber zusammen«, sagte er.
    »Nein, nein. Das ist vorbei, seit Langem schon, aus und vorbei, mit dem hat sie nichts mehr zu tun. Hat

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