Liebe und andere Schmerzen
anderes Pärchen schaut uns an, schaut weg, als es uns bemerkt und spricht zu einander. Wir lächeln uns an.
Vielleicht bin ich etwas zu alt für dich, mag sein. Vielleicht, aber vielleicht ist das nicht wichtig. Wichtiger ist, dass wir einander verstehen, uns mögen und respektieren, so wie wir sind. Zugegeben, lange Zeit hatte ich dir mein Alter verschwiegen, fand es nicht so erheblich. Als ich dir das erste Mal mein Alter verriet, ich glaube, es war irgendwann nach dem Sex, so eine Art Geständnis danach, hast du mir einen vorwurfsvollen Blick zugeworfen und mich gefragt, »Wie!? So alt schon? Weißt du, dass ich deine Tochter sein könnte?«
Du gabst mir aber im nächsten Moment einen Kuss auf die Lippen, denn Väter können auch sehr großzügig sein. Vielleicht ist es ja so. Vielleicht bist du ja hinter meinem Geld her, aber das ist mir so was von egal.
Ich berühre deine Hand.
Seit diesem Erlebnis mache ich keine Geständnisse mehr, nicht mal mehr nach dem Sex.
Es ist schon komisch mit den Menschen und ihrer Liebe zur Normalität. Vielleicht lieben sie die Normalität, weil sie leicht zu verstehen ist, ohne länger nachzudenken. Am besten jeder befindet sich in so einer normalen Beziehung, in der Lust und Frust sich die Waage halten, ausnahmslos jeder. Da braucht man nicht eifersüchtig zu sein auf den anderen. Man weiß, dem anderen geht’s genauso dreckig.
Der Klang der Gitarrenmusik und die Bewegungen der Tänzer betören unsere Sinne. Wir sind glücklich und das erzeugt bei den Unglücklichen Eifersucht. Darum reden sie, reden uns schlecht. Doch seitdem wir erkannten, dass die Basis jedes Geredes Neid ist, seitdem lieben wir es, uns in der Öffentlichkeit zu zeigen und denken uns unseren Teil.
Ja, das war schon etwas Besonderes wie wir uns kennen lernten. Normal ist ja, dass man sich kennenlernt, einen Kaffee trinken geht, sich unterhält, bezahlt und je nachdem vielleicht zu mir oder zu dir fährt und dann intensiven oder weniger intensiven Sex hat. Im ersteren Fall bleibt man die Nacht über und zum Frühstück und geht dann seiner Wege. Ja, das ist normal.
Und der besondere Weg des Kennenlernens sieht etwas anders aus. Man lernt sich flüchtig kennen, »Mann« bezahlt, man hat intensiven Sex zusammen, man findet sich nett, man geht zusammen einen Kaffee trinken und stellt fest, dass man sich respektiert und schätzt. Und auf diese Weise haben wir uns kennengelernt und das vor langer Zeit.
Damals hast du gesagt, es sei schön, dass wir das gleiche Hobby haben, und schön, dass wir einander so gut verstehen. Ja, aber ich wusste auch, dass ich mit dem Feuer spielte und irgendwann werde ich mir noch höllisch die Finger dabei verbrennen. Tief in mir drin wusste ich das. Irgendwann würde ich diesen brennenden Schmerz spüren, aber warum sich mit dem Gedanken rumplagen. Nicht denken, sondern genießen, wie du immer sagst.
Dein schöner Schmollmund, deine schönen Augen, deine schöne Nase, dein schönes Haar, deine schönen Hände, deine schönen Brüste, die sich unter deiner Bluse abzeichnen, dein wunderschönes Lächeln, deine bräunliche Haut.
Die Gruppe kündigt das letzte Lied an.
Während ich so da sitze und dich betrachte, wir an unserem Wein nippen, erinnere ich mich an die ersten Male mit dir. An die Male, an denen wir uns liebten – leidenschaftlich liebten – ich dich küsste –leidenschaftlich küsste. Zuerst auf deine geschminkten und dann auf deine ungeschminkten Lippen und deine rhythmischen Bauchbewegungen dabei beobachtete, dein leises Stöhnen hörte. Ich erinnere mich an den Moment, in dem ich dich vorsichtig mit meiner Zunge zum Orgasmus trieb und währenddessen in dich eindrang und wir gemeinsam den Höhepunkt erreichten. Solche Momente sind wahrlich das Höchste der Gefühle. In mir regt sich was.
Gerade hat dein Handy geklingelt, es hat mich aufgeweckt. Du hast das Gespräch weggedrückt. Vielleicht sollte ich nicht an Sex denken, während wir auf einem Flamenco-Konzert sind.
Ich lächele dich an und du lächelst zurück.
Nun klingelt es schon wieder. Du entschuldigst dich, gehst ran und gehst nach draußen. Ich schaue auf meine Uhr, es ist schon spät.
Du kommst zurück, und sagst zu mir, dass du noch einen Termin hättest. Und ich, ich frage dich, ob ich die Rechnung ordern soll. Du erwiderst, dass es nicht so eilig sei, ich jedoch gebe der Kellnerin ein Zeichen, ich zahle die Rechnung, gebe Trinkgeld und bitte sie, uns ein Taxi zu rufen.
Als das Taxi kommt,
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