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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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auf die Uhr. Fast zwanzig Minuten habe ich gebraucht, nur um dieses blöde Bett zu beziehen!
    Jetzt aber Tempo. Ich hole einen Putzlappen und befreie notdürftig alle exponierten Flächen von der Staubschicht, die sich über den Winter gebildet hat. Ich sammle die Spinnweben mit einem Besen ein und bemerke dabei, dass die Fenster fast blind vor Schmutz sind. In der Putzkammer finde ich Glasreiniger und Fensterleder. Ich wische und poliere die Fenster innen und außen und sauge am Ende das ganze Zimmer noch einmal durch.
    Als ich fertig bin, stelle ich fest, dass ich fast zwei Stunden gebraucht habe. In der Zeit hat Frau Kontopoulos früher mein ganzes Appartement geschafft, inklusive Bad, Klo, Küche und Bügeln.
    Mein Blick fällt noch einmal auf die Fenster, die ich eben geputzt habe. Toll. Sie sehen noch schlimmer aus als vorher, sind übersät von Streifen und Schlieren.
    » Fräulein Sophie?«, ruft es von der Gaststube herauf.
    Mist, das ist Herr Philippi. Erschrocken reiße ich die Fenster auf, vielleicht bemerkt er es so gar nicht.
    » Ihr Zimmer ist fertig!«, rufe ich zurück und schnappe mir einen Putzlappen, den ich um ein Haar auf dem Fensterbrett vergessen hätte.
    Da höre ich ihn schon die Treppe hochknarren.
    » Fräulein Sophie?« Er schnauft ein wenig, als er oben ist. Ich verstecke den Lappen hinter dem Rücken.
    » Ja?«, lächle ich charmant.
    Er wirft einen Blick über meine Schulter und sagt anerkennend: » Ach, nun ist es doch sehr schön.«
    » Das freut mich«, sage ich. Und es stimmt.
    Ich bin nämlich nicht gerade eine Großmeisterin im Putzen. Als ich bei meinen Eltern ausgezogen bin, habe ich in meiner Studentenbude ein Jahr lang nicht einmal den Boden gesaugt. Dann ist mir ein Fünfmarkstück unters Sofa gerollt und vor einem Pizzakarton gelandet, in dem noch etwas drin war. Das wäre an sich nicht sonderlich schlimm gewesen, allerdings stammte er vom Tag meines Einzugs – nachweislich, denn unter der Schachtel lag die Quittung. Noch in derselben Woche hatte ich eine Putzfrau. Ich glaube, ich hatte in meinem ganzen Leben noch kein Fensterleder in der Hand – bis gerade eben.
    » Nur eine Sache noch«, sagt er. » Mein liebes Fräulein Sophie, Sie erinnern sich doch sicher noch an die ganz hervorragende Küche Ihrer Tante Johanna?«
    » Natürlich«, sage ich stolz. Endlich. Endlich kommt nach dem ganzen Ärger auch einmal etwas Positives. Ein Lob, eine kleine Anerkennung der Küchenleistung des guten Gianni. Immerhin hat er schon zu Johannas Lebzeiten gekocht und ihr zu ihrem großen Ruhm verholfen!
    » Und an die fantastische Gulaschsuppe, die Ihre Tante immer gekocht hat.«
    » Sicher«, sage ich, jetzt doch ein bisschen misstrauisch. War damit etwa irgendetwas nicht in Ordnung? Kann eigentlich nicht sein, schließlich hat die Suppe in Wirklichkeit meistens Gianni gekocht. Tante Johanna hätte das bloß nie zugegeben. Sie wusste, dass man in einem Lokal immer auch sein Herz und seine Seele verkauft, nicht bloß irgendeinen Eintopf. Ein Gericht schmeckt einfach dreimal so gut, wenn es eine Geschichte hat. Gulasch und ein kleiner Sizilianer, das passt einfach nicht zusammen.
    » Vielleicht wären Sie so freundlich, diese Suppe einmal zu probieren? Mir scheint, dass das Rezept leicht verändert wurde, und das … nun ja … nicht unbedingt zugunsten des Geschmacks.«
    » Ganz wie Sie wünschen«, sage ich. » Ich werde mich gleich darum kümmern.«
    Das mit dem » gleich« war gelogen. Denn als Herr Philippi in seinem Zimmer verschwunden ist, fällt mir siedend heiß ein, dass er sich ja eventuell auch irgendwann frisch machen will – in einem der Bäder. Und da die Jirgls immer noch verschwunden sind, heißt das für mich: eine Runde Engtanz mit Meister Proper.
    Nach den Bädern im ersten Stock sehe ich noch einmal nach Frau Jirgl, doch die ist immer noch nicht da. Das kann sie doch nicht machen! Na gut, nehme ich mir eben auch noch die Bäder im zweiten Stock vor – die sehen fast noch schlimmer aus als die im ersten. Als Nächstes sauge ich die Flure und wische mit einem Mopp die Holztreppe sauber, Stufe für Stufe. Es ist ein Rausch, den ich sonst nur vom Shoppen kenne: Nur noch ganz schnell zu COS , dann gehe ich aber wirklich nach Hause.
    Als alle Bereiche des Hauses, die irgendwie öffentlich sind, blitzen und glänzen, hole ich den Generalschlüssel aus dem Büro und inspiziere die übrigen Räume. Es ist ein Trauerspiel. Eigentlich sind die Zimmer gemütlich, hell und

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