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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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gemacht – und wenn man durch das Haus geht, hallt dieses Glück aus allen Winkeln. Man kann es immer noch spüren.
    Dieses Alpine Relax Hotel mag schick sein und hip und modern. Aber ich glaube, damit konkurrieren zu wollen, wäre der falsche Weg. Kann ich ja auch gar nicht. Was ich kann: Ich kann betonen, dass Alrein eine Geschichte hat und dass sich Glück und Wohlbefinden hier ins Holz gegraben haben wie Lachfalten in das Gesicht einer alten Dame.
    Die Geschichte von Alrein – irgendwo müsste ich doch etwas darüber finden! Ich gehe ins Büro, lasse den Blick über die Regale schweifen, aber da gibt es nur Ordner und Prospekte und Wanderkarten. Vielleicht in der Bibliothek? Neugierig gehe ich hinüber.
    Na ja, Bibliothek – tatsächlich handelt es sich um einen kleinen Raum, in dem ein paar gemütliche Sessel und ein großes Bücherregal stehen. Hier hat Tante Johanna ihre ausgelesenen Bücher und die liegen gebliebenen ihrer Gäste gesammelt, eine bunte Mischung aus Krimis, Kinderbüchern und Kreuzworträtsel-Sammlungen, und jeder durfte sich bedienen. Hier habe ich zum ersten Mal Die drei Fragezeichen gelesen und Bille und Zottel. Ich trete näher heran, lese die Rücken einiger Bände wie Brixen, Tor der Dolomiten oder Genusswanderungen entlang an Bächen, Seen, Schluchten und Waalen. In der obersten Reihe entdecke ich einen großen, schweren Band, auf dem gar nichts steht. Das könnte sein, was ich suche.
    Tatsächlich. Es ist ein altes Fotoalbum mit Seiten aus vergilbtem Karton, gebunden in schwarzes, abgegriffenes Leder. Es liegt ganz weich in der Hand, wie ein Etui, in dem sich etwas sehr, sehr Kostbares verbirgt. Ich lasse mich in einen der Sessel sinken und schlage es auf.
    Mein Herz macht einen Hüpfer.
    In der Mitte der ersten Seite prangt eine SchwarzWeiß-Aufnahme. Sie hat einen weißen Rahmen und ist nicht viel größer als ein Panini-Bildchen – trotzdem erkenne ich das Motiv, das darauf abgebildet ist, auf Anhieb. Das da, im Hintergrund, ist der Peitlerkofel, und die Wiese davor mit dem Heuschober darauf – das ist der Hang, auf dem ich mich in dieser Sekunde befinde.
    Ich blättere um. Die nächste Seite zeigt denselben Hang, aus derselben Perspektive. Aber diesmal handelt es sich nicht um eine Fotografie, sondern um eine Tuschezeichnung auf fast transparentem Papier. Und dort, wo auf dem Bild vorher noch der Heuschober stand – steht jetzt die Pension. Meine Pension, Alrein.
    Was das wohl ist – vielleicht eine frühe Planungsskizze? H. H. – 1928 steht rechts unten in der Ecke.
    H. H.
    Ich denke einen Augenblick lang nach, aber mir will niemand einfallen, dessen Name zu dem Kürzel passen könnte. Onkel Schorschis Familie hieß väterlicherseits Pichler und mütterlicherseits Moroder, von denen wird es also niemand sein.
    Auf dem nächsten Bild sind vier knorrige Männer zu sehen, die einen dicken Holzbalken den Berg hochtragen. Unter das darauffolgende Foto hat jemand in altmodisch verschnörkelter Schrift Sturer Esel geschrieben. Es zeigt ein Auto, das eigentlich viel mehr Ähnlichkeit mit einer Kutsche hat, und drei Männer, die es schieben. Auf dem nächsten ist ein Mann mit einer Axt über der Schulter zu sehen, darunter steht: Joseph, 24. April 1929. Dann sieht man Männer, die auf einem gefällten Baumstamm sitzen und Brote essen und mit ihren wettergegerbten Gesichtern in die Ferne sehen: Wohlverdiente Jause. Plötzlich ein erstes Bild vom Rohbau, und obwohl noch gar nicht viel steht, kann man bereits erkennen, dass dies tatsächlich die Grundmauern von Alrein sind. Dann wieder die Männer, diesmal lachen sie, einer hält eine Flasche Schnaps in der Hand. Bestimmt ist es Marillenschnaps – Richtfest.
    Unglaublich. Hier wird das Haus gebaut, in dem ich gerade lebe, und auch, wenn diese Männer alle tot sind – das, was sie geschaffen haben, existiert noch. Wer das Buch wohl angelegt hat? Vielleicht Onkel Schorschis Mutter? Seine Großmutter gar?
    Ich blättere weiter. Wie in einer Zeitlupensequenz kann ich zusehen, wie die Mauern in die Höhe wachsen, wie sie verputzt werden, wie das Haus Fenster bekommt und Türen und Läden, Holzbalkone und die große Sonnenterrasse über dem Hang. Und wie endlich das Leben einzieht.
    Erster Sommer in Alrein – Hochzeitsfest Josephine und Franz – Das Festmahl wird bereitet.
    Das ist es. Genau so etwas hatte ich gehofft zu finden. Ich löse das Bild vorsichtig aus den Fotoecken und betrachte es genauer. Ganz klar, das ist die Alreiner

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