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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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kaltherzige, blöde Kuh sein musst. Na ja. Diese Meinung hat sich dann noch eine Weile bei mir gehalten.«
    » Und was denkst du jetzt?«, frage ich, todesmutig.
    Oh nein, er wird rot, wie süß. Und er blickt mich an. Ein ganz kleines Lächeln huscht ihm übers Gesicht, fast unmerklich. Doch dann sagt er, statt eine Antwort zu geben:
    » Ich glaube, langsam müssen wir zurück.«
    Nee. Bitte. Jetzt nicht wieder aus der Affäre ziehen.
    Aber noch bevor ich den Satz zu Ende gedacht habe, nimmt er meine Hand, und wir gehen los. Wir klettern über umgestürzte Baumstämme und springen über Bächlein, laufen steile Abhänge hinab und durch Wege, die definitiv zu schmal für zwei Wanderer sind. Nick hält meine Hand und lässt sie nicht los, den ganzen Rückweg lang. Erst, als wir durch die Zweige hindurch das Dach von Alrein blitzen sehen, lösen wir uns voneinander. Wir tun das fast gleichzeitig, als hätten wir denselben Gedanken.
    Die letzten Meter gehen wir in einigem Abstand voneinander, als sei nichts geschehen. Die Wiese taucht vor uns auf, das Haus mit der Terrasse.
    Und … oh mein Gott.
    Was ist das?
    Um ein Haar hätte ich mich doch noch einmal an Nick geklammert.
    Auf der Terrasse stehen …
    Da stehen …
    Mama und Papa.

24
    » Geh doch schon mal vor«, sage ich zu Nick, und er verschwindet im Haus, ohne irgendwelche Fragen. Vielleicht hat er gespürt, dass gleich etwas Unangenehmes auf der Tagesordnung steht. Und bestimmt ist es ihm, genauso wie mir, nur recht, wenn nicht sofort alle Welt weiß, was zwischen ihm und mir passiert ist.
    Mit aller Welt meine ich vor allem die Jirgls.
    Meine Eltern beachten den jungen Mann nicht, der an ihnen vorübergeht, und auch mich haben sie noch nicht bemerkt. Mein Vater ist in die Aussicht versunken, während meine Mutter mit hektischen Bewegungen versucht, die Sitzfläche von einem der Stühle zu säubern.
    Ich zupfe meine Klamotten zurecht, sortiere meine zerzausten Locken und sehe kritisch an mir herab. Jeans, Wanderschuhe, T-Shirt – was mir für Nick nur zu unattraktiv war, wird meine Mutter absolut unmöglich finden.
    Na ja, was hilft’s. Zögernd komme ich näher. Noch nie habe ich das Geräusch meiner Schritte im Kies als so laut empfunden.
    » Hallo, Mama!«, sage ich und bleibe hinter ihr stehen. Ich versuche, meiner Stimme etwas Überraschtes zu verleihen, so, als hätte ich ihre Anwesenheit eben erst in dieser Sekunde bemerkt.
    » Sophie!« Sie fährt herum. » Da bist du ja endlich!«
    Sie klingt, als seien wir zum Mittagessen verabredet gewesen, und ich käme zwei Stunden zu spät.
    » Hey«, sage ich und gebe ihr ein Küsschen links und rechts. Dann wiederhole ich die Zeremonie bei meinem Vater. » Was macht ihr denn hier?«
    » Was soll denn das heißen? Dürfen wir etwa unsere Tochter nicht mehr besuchen?«, fragt meine Mutter.
    Sagte ich’s doch: Sie betrachtet mich missbilligend von oben bis unten und zupft mit strengem Blick eine Kiefernnadel von meinem T-Shirt.
    » Man wird doch wohl noch mal nachsehen dürfen, wie du dich hier oben so machst, so als Hüttenwirtin! Man vernimmt ja viel über Alrein, aber leider nicht gerade von dir.«
    » Mama …«
    » Also wirklich, Sophie. Dass du dich so gar nicht meldest!«
    » Ach, Mama«, sage ich. Das ist die neutralste Reaktion, zu der ich in der Lage bin. Ich meine, es ist ja nicht so, dass sie verzweifelt versucht hätte, sich bei mir zu melden. Sie haben ihren Besuch nicht einmal angekündigt, und das, obwohl Papa fest versprochen hatte, rechtzeitig vorher Bescheid zu geben.
    » Na ja, ich kenne dich ja nicht anders. Wäre ja auch komisch gewesen, wenn du öfter anrufen würdest als in Hamburg, nur, weil du im Ausland bist.«
    » Aber Gisela«, springt mein Vater mir bei, » wahrscheinlich hatte Sophie einfach nur viel zu tun.«
    » Ja, bestimmt«, sagt meine Mutter höhnisch, als sei allein die Vorstellung von mir beim Arbeiten vollkommen lächerlich. » Wie man so hört, hast du es ja jetzt unter Architekten zu einigem Ansehen gebracht.«
    Hmpf. Außenstehende könnten meinen, das sei als Kompliment gemeint. Aber wer meine Mutter auch nur ein bisschen kennt, weiß, wie sehr sie diesen Berufsstand verabscheut, seit sie mal eine bekannte Hamburger Architektin mit dem Umbau unseres Hauses beauftragt hat. Das Ganze endete damit, dass uns ein Anwalt der Architektenkammer auf 50 000 Mark Schadensersatz verklagen wollte, weil wir das eigens von ihr entworfene Vordach, das nach Meinung der Architektin

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