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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Spitze und derbem Profil. Sie sind so antik – bei meinem ersten Versuch, in die Berge zu gehen, habe ich nicht einmal in Erwägung gezogen, sie auch nur anzuprobieren. Hätte ich mal lieber machen sollen, denn das, was bei meinem Chucks-Ausflug herauskam, war ja auch nicht gerade schön.
    Gott, bin ich aufgeregt.
    Was das wohl schon wieder bedeutet, dass Nick mit mir … äh … wandern will?
    Auch egal. Hauptsache, er will mit dir Zeit verbringen, Sophie. Mach dir keine Gedanken, bleib ruhig.
    So ist’s gut. Und jetzt schlüpf in die blöden Wander-Lederklötze.
    Am Schaft sind sie ein bisschen eng, aber mit einem ordentlichen Ruck stecke ich plötzlich drin, erst im linken, dann im rechten. Sie passen, das Schicksal meint es gut mit mir. Ich gehe ein paar Schritte. Geradezu unheimlich gut passen sie.
    Wobei ich das vermutlich auch gesagt hätte, wenn sie mir zu klein wären. Just to be honest, wie wir Hamburgerinnen sagen.
    Leider sind sie furchtbar hässlich, was allerdings nicht halb so schlimm wäre, wenn ich heute nicht den Glauben an meine Verführungskraft verloren und mich in ein olles, ausgeleiertes Paar Jeans und ein schlabbriges weißes T-Shirt geworfen hätte. Da sind diese alten Wanderschuhe ungefähr so kleidsam wie ein Netz Zwiebeln.
    » Sophie!«
    Huch, das ist Nicks Stimme. Oh nein, er kommt die Treppe herauf.
    » Ja?«, rufe ich schnell.
    Hoffentlich will er nicht reinkommen, denn ich wollte mir doch eben noch ganz, ganz schnell etwas anderes überziehen.
    » Was ist, passen sie?«
    Zu spät, er steht schon in der Türe. Und ich stehe ihm gegenüber, in Wanderstiefeln und Schlabberlook.
    » Ich … ich glaube schon«, sage ich und sehe an mir herunter. Das, was ich sehe, ist ungefähr so verführerisch wie die Beine von Ottfried Fischer. Dass ich jemals glauben konnte, Boyfriend-Jeans seien sexy!
    » Na dann, los!«, sagt er mit leicht ungeduldiger Stimme.
    » Ich würde mir gern noch was anderes anziehen«, bringe ich schüchtern vor.
    Nick schaut mich von oben bis unten an, dann sagt er: » Blödsinn. Jacke drüber, fertig. Wir sind ja nicht im Himalaya.«
    » Äh, nein, natürlich nicht«, sage ich. » Okay. Ich will nur noch eben …«, ich mache eine unbestimmte Handbewegung. » Geh doch schon mal runter, okay?«
    Er nickt und dreht sich um.
    » Ich komme gleich nach«, rufe ich ihm hinterher und schlüpfe, kaum, dass er aus dem Zimmer ist, wenigstens noch schnell in ein hübscheres T-Shirt.
    Es ist, als käme ich erst jetzt in den Bergen an: Schon nach ein paar Minuten Fußmarsch ist die Natur um uns herum so grün und feucht und üppig, man kann sich kaum vorstellen, dass es in der Nähe tatsächlich menschliches Leben gibt. Eben haben wir noch eine Wiese überquert, jetzt sind wir in einem Wald, der sich hoch und dicht über unseren Köpfen schließt. Nadeln bedecken den Boden, der vom nächtlichen Regen nass ist. An einigen Stellen ist der Pfad so sumpfig, dass man aufpassen muss, nicht im Matsch zu versinken. Auch hier muss ich das letzte Mal entlanggekommen sein, aber ich kann mich an kein Detail erinnern, es ist, als würde ich durch ein unbekanntes Land spazieren. Wo ich während meines Ausflugs wohl gewesen bin? Geistig, meine ich?
    Ich weiß es – bei meinen Sorgen. Bei der Pension und dabei, wie ich neue Gäste gewinne.
    Irrsinn, oder? Es kommt mir vor, als würde diese Zeit Jahre zurückliegen. Kam der Welt-am-Sonntag -Artikel wirklich erst vor einer Woche? Seitdem wurde alles so viel leichter!
    Na gut, mein plötzliches Wohlbefinden hat sicher auch etwas mit den Wanderschuhen zu tun. Man kann sagen, was man will, darin läuft es sich ganz anders. Sie mögen nicht schön sein, aber dafür verschwendet man keinen Gedanken an seine Füße und ob sie beim nächsten Schritt möglicherweise umknicken könnten.
    Nick marschiert voraus, ganz leichtfüßig, und ich stapfe hinterher.
    Er redet schon wieder nicht mehr mit mir, aber nach einer Weile finde ich das ganz angenehm. Es hat etwas Meditatives, so schweigend zu gehen.
    Er voraus, ich hinterher. Schritt für Schritt für Schritt.
    Mal ist der Weg ein bisschen steiler, was dazu führt, dass sich mein Herz wie eine Pumpe anfühlt. Dann folgen wir dem Hang wieder längs, was Spaß macht, weil es sich so ohne jede Mühe vor sich hin marschiert. An manchen Stellen kreuzen kleine Rinnsale unseren Weg, aber die meisten sind so schmal, dass man nur einen Hüpfer machen muss, um sie zu überwinden. Wir kommen an haushohen, mit hellgrünem

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