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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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Lady Montdore und über Pollys erstaunliche Hochzeit. Es hatte den Anschein, als wären ihre Männer allesamt entfernte Bekannte von Lord Montdore, während keine von ihnen Lady Montdore je kennengelernt hatte, nicht einmal Norma Cozens, obwohl sie als Angehörige einer wichtigen Familie der Grafschaft ein- oder zweimal bei großen Anlässen selbst in Hampton gewesen war. Dennoch redeten alle so, als würden sie Lady Montdore sehr gut kennen und als hätte diese jeder Einzelnen von ihnen irgendetwas furchtbar Böses angetan. Lady Montdore war in der Grafschaft nicht beliebt, und zwar deshalb, weil sie die Gutsbesitzer der Umgebung samt ihren Frauen sowie die Ladenbesitzer samt ihren Waren sehr von oben herab behandelte und sowohl ihre Gäste als auch ihre Lebensmittel gnadenlos aus London importierte.
    Es ist immer interessant und meistens ärgerlich, wenn man mit anhört, wie Leute über jemanden reden, den man selbst gut kennt, während diejenigen, die da reden, ihn überhaupt nicht kennen. Diesmal wurde ich vor Interesse und Ärger ganz unruhig. Aber niemand fragte nach meiner Meinung, und so saß ich einfach da und hörte zu. Die ganze Debatte ging von dem Grundgedanken aus, Lady Montdore habe in ihrer abgrundtiefen Bosheit Polly stets um ihre Jugend und ihre Schönheit beneidet, habe sie immerzu bevormundet, an die Wand gespielt und möglichst vor den Blicken der Allgemeinheit versteckt, und sobald ein Bewunderer Pollys aufgetaucht sei, habe Lady Montdore ihn irgendwie verscheucht und Polly auf diese Weise zuletzt in die Arme ihres Onkels als der letzten Zuflucht vor einem unglücklichen Zuhause getrieben.
    »Übrigens weiß ich zufällig, dass Polly« (alle nannten sie Polly, obwohl keine sie kannte) »drauf und dran war, sich mit Joyce Fleetwood zu verloben, es ist noch gar nicht lange her – er war über Weihnachten in Hampton, und alles lief prima. Seine Schwester hat es mir selbst erzählt. Und dann hat ihn Lady Montdore im Eilverfahren aus dem Weg geräumt, versteht ihr.«
    »Ja, und war es mit John Coningsby nicht das Gleiche? Polly war ganz verrückt nach ihm, und es wäre bestimmt etwas geworden, aber als Lady Montdore es spitzbekam, hat sie ihn glatt vor die Tür gesetzt.«
    »In Indien ist es auch ein paarmal passiert, Polly brauchte einen jungen Mann nur freundlich anzusehen, und schon verschwand er auf geheimnisvolle Weise.« Sie taten, als wäre Lady Montdore eine böse Zauberin aus dem Märchen.
    »Sie war eifersüchtig, wisst ihr, auf Pollys angebliche Schönheit (ich selbst habe nie etwas daran gefunden – dieser gelangweilte Blick!)«
    »Aber dann hätte sie sich ihre Tochter doch gerade möglichst schnell vom Hals schaffen müssen.«
    »Wozu die Eifersucht den Menschen treibt, weiß man nie.«
    »Aber es hieß doch immer, Dougdale sei der Liebhaber von Lady Montdore gewesen.«
    »Natürlich war er das, deshalb konnte sie sich ja auch einfach nicht vorstellen, dass zwischen ihm und Polly etwas sein könnte. Geschieht ihr ganz recht, sie hätte das arme Mädchen all die anderen heiraten lassen sollen, als sie es wollte.«
    »Aber was für ein verschlagenes Biest, direkt vor der Nase von Mutter und Tante!«
    »Ich schätze, darin sind sich die beiden ziemlich ähnlich. Leid tut es mir nur um den armen Lord Montdore, er ist ein so wunderbarer Mann, und seit Jahren macht sie ihm das Leben schwer, seit ihrer Hochzeit. Daddy sagt, sie habe ihm seine Karriere vollkommen verdorben, und wenn sie nicht gewesen wäre, könnte er heute Premierminister oder so etwas sein.«
    »Aber er war doch Vizekönig«, meldete ich mich nun auch einmal zu Wort. Gegen diese schrecklichen Leute war ich ganz auf der Seite von Lady Montdore.
    »Allerdings, und jeder weiß, dass wir Indien ihretwegen beinahe verloren hätten – ich glaube, sie hat dort schrecklich viel Schaden angerichtet. Daddy hat einen guten Freund, einen indischen Richter, dessen Geschichten sollten Sie hören! Allein schon ihre grobe Art!«
    »Nun sagen natürlich auch viele, Polly sei gar nicht Lord Montdores Tochter. Von König Eduard war die Rede.«
    »Darauf kommt es jetzt sowieso nicht mehr an, er hat sie ja enterbt, und alles geht an irgendeinen Amerikaner.«
    »Australier, soviel ich gehört habe. Allein schon die Vorstellung, ein Australier in Hampton, eigentlich traurig, wenn man’s recht bedenkt.«
    »Und an allem ist diese alte Frau schuld, diese Punze. Etwas anderes ist sie doch nicht, wenn man’s recht bedenkt – braucht gar nicht so

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