Lieber Frühling komm doch bald
je davon überzeugt, daß Bea nicht einmal einen Ochsenkarren lenken konnte, geschweige denn ein Auto. Mehr als einmal hatte er grimmig zu Gaylord gesagt: «Merk dir meine Worte: die kracht mir eines Tages mit ihrem Auto glatt in mein Gewächshaus.» Was Gaylord bewogen hatte, in sein Abendgebet die Bitte aufzunehmen, der liebe Gott möge ihn dabeisein lassen, wenn das passierte. Als Opa jetzt Glas klirren hörte, gab er den simulierten Schlummer schleunigst auf, schwenkte die Times wie eine Fahne und stürzte in die Halle mit dem Ruf: «Was zum Teufel fällt Bea eigentlich ein?»
«Es tut mir ja so schrecklich, schrecklich leid», wimmerte Miss Thompson.
Als Jocelyn den Lärm hörte, ließ er sich in seinen Stuhl fallen. «Unheil, nimm deinen Lauf», murmelte er. Es war ihm klar, daß das Unheil, wenn es erst einmal seinen Lauf nahm, ihn unweigerlich in seinen Strudel zog, auch wenn er noch so sehr versuchte, sich unsichtbar zu machen. Also blieb er, wo er war - man würde ihn schon holen. Dem Unheil auch noch entgegenzugehen schien ihm etwas übertrieben.
May sagte zu Miss Thompson: «Entschuldigen Sie bitte.» Und lief nach draußen. Wendy Thompson wäre ihr gern gefolgt, aber sie war wie gelähmt. Sie fühlte sich dem temperamentvollen Lebensstil der Pentecosts nicht gewachsen. Sie sank auf einen Stuhl. Ein kleiner Junge kam hereingestürzt. «Ist wer verletzt?» fragte er gespannt.
«Ich - ich hoffe nicht.» Miss Thompson erhob sich halb von ihrem Stuhl. Auf eine so schreckliche Idee war sie noch gar nicht gekommen.
Er horchte. «Ich höre überhaupt niemand schreien. Hören Sie etwas?»
«Nein, ich auch nicht.»
«Dann ist wahrscheinlich gar niemand verletzt.»
«Fein!» sagte sie erleichtert.
«Außer wenn er tot ist. Ich werde mal nachsehen», sagte Gaylord und lief hinaus. Ein grimmig aussehender alter Herr kam in die Halle gestürzt. «Wo ist May? Was ist denn eigentlich passiert? Wer sind Sie?»
«Es tut mir schrecklich leid», sagte Miss Thompson. «Ich habe einfach nicht daran gedacht.»
«Woran haben Sie nicht gedacht?» bellte John Pentecost mit gesträubtem Schnurrbart.
«Ich habe meinen Wagen unbeleuchtet vor dem Haus stehen lassen, nun ist jemand hineingefahren.»
«Aber liebe gnädige Frau, ich bitte Sie.» Die unvermittelte altmodische Höflichkeit des alten Mannes war fast so enervierend wie zuvor seine Grobheit. «Das braucht Sie wirklich nicht zu beunruhigen. Meine Schwester wäre auch hineingefahren, wenn er hell beleuchtet gewesen wäre wie der Buckingham-Palast!»
«Nein - wirklich? Sie meinen - es ist vielleicht gar nicht allein meine Schuld?»
Ein zorniger Blick. «Wenn Ihr Wagen draußen stand und Sie hier drinnen in der Halle saßen, als der Unfall passierte - verdammt noch mal, wie kann es denn dann Ihre Schuld sein?» Mit der altmodischen Höflichkeit war es plötzlich wieder vorbei. Doch dann fielen ihm die Manieren ein, auf die er so stolz war. «Nein, meine junge Dame. Machen Sie sich nichts draus. Ihr einziger Fehler war, daß Sie sich überhaupt in den Umkreis meiner Schwester Bea gewagt haben, solange sie am Steuer saß. Das mußte ein schlimmes Ende nehmen. Aber lassen Sie uns hinausgehen und nach Ihrem Wagen sehen.»
Sie schien nur mit Mühe aufstehen zu können. Mit plötzlicher
Anteilnahme sah er sie an. Sie war sehr blaß und zitterte. Ihn überkam ein Gefühl, das er seit vielen Jahren nicht mehr empfunden hatte: er wollte sie beschützen, ihr seinen starken Arm um die schmalen Schultern legen, sie mit sanften Worten beruhigen. Er sagte freundlich: «Lassen Sie. Sie bleiben schön hier. Ich gehe hinaus und sehe nach. Ach so, ja, entschuldigen Sie: ich bin John Pentecost.»
«Und ich bin Wendy Thompson.»
«Sie sind doch nicht-?» fragte er in strengem Ton. Beckys Brief war ihm wieder eingefallen. Der Rotkopf? Er betrachtete Miss Thompsons Haar. Blond. «Nein, natürlich nicht. Entschuldigen Sie!» Lächelnd ging er hinaus.
Die Wagen waren ineinander verkeilt wie zwei im tödlichen Kampf verendete Hirsche. Bea rüttelte sie heftig hin und her, um sie auseinanderzubringen. «Na, Bea», sagte John mit honigsüßem Lächeln. «Du bist also immer noch auf dem Pfad der Zerstörung, wie ich sehe.»
«Unsinn, John. Ich habe nichts mehr angefahren, seit mir der Militärtankwagen letzten Februar in die Quere kam.»
«Welcher Militärtankwagen?»
«Na, der, den ich angefahren habe.»
John betrachtete den Mini. Das war doch nicht möglich. Dann betrachtete er
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