LIEBES ABENTEUER
Stanford. Dort haben sie den besten Weihnachtsmann.«
»Ich treffe mich um eins mit Kevin zum Essen. Du hast Glück, dass wir uns dort verabredet haben.«
»Dann solltest du machen, dass du loskommst. Ich lasse ihm den Schlafanzug an, und du kannst ihn dann dort umziehen. Dann kann er sich nicht schmutzig machen. Okay?«
»Okay, Brea.«
Ihr Gesichtsausdruck entspannt sich, und Friede kommt über sie. »In seiner Windeltasche ist alles, was du brauchst. So gegen elf muss er gefüttert werden.«
»Klar«, entgegne ich, als Brea mir die Tasche gibt, in der die halbe Welt Platz hätte. Ich setze Miles in seinen Tragesitz. »Brea, du darfst diese Tasche nicht heben. Gute Güte, was hast du denn da alles drin?«
»Denk daran, ihm die Haare zu bürsten, bevor er fotografiert wird. Mit der Windel hier kannst du ihn noch mal abwischen vor dem Foto, und Ashley...«
»Ja, Brea.«
»Danke. Ich weiß, dass John vergessen würde, ihm die Haare zu bürsten, und wenn er den Verkehr dort sehen würde, würde er einfach umdrehen.«
Für Brea tue ich alles. Das weiß sie. Sie würde auch alles für mich tun. Wir sind unser gegenseitiger Fanclub. »Kein Problem. Wenn ich etwas gelernt habe in diesem Leben, dann ist es, mich durch das Einkaufszentrum zu schlängeln. Eine Stelle zu behalten ist dagegen scheinbar nicht so mein Ding.«
»Wenn du einen reichen Mann heiratest, musst du dich vielleicht auch nur im Einkaufszentrum auskennen«, meint Brea augenzwinkernd.
»Verlass dich nicht zu sehr darauf. Den Mann, der sich meine Einkäufe leisten kann, muss ich erst noch finden.«
Wir lachen beide, und dann wird Brea wieder ernst. »Früher dachte ich immer, Geld sei mir wichtig, bis ich John kennen lernte. Mit ihm würde ich auch in einer Hütte hausen.«
Ich halte abwehrend die Hand hoch. »Versuch das bloß nicht mit mir. Seth hatte Geld. Aber man sagt, wer reich heiratet, muss sich jeden Cent verdienen. Und ich glaube, das stimmt.«
»Kevin ist nicht so.«
»Kevin ist nur ein guter Freund«, erwidere ich, um den Tatsachen aus dem Weg zu gehen. Das Letzte, was ich im Moment noch brauchen kann, ist, mich zu verlieben.
»Du wirst das schon noch gebacken kriegen. Ganz bestimmt«, meint Brea und lächelt wissend.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das glauben soll, aber manchmal tut es gut, ein bisschen in einer Fantasiewelt zu leben. Einer Welt, in der ich aussehe wie die Schönheiten in Bachelorette im Badeanzug, nur nicht ganz so billig, und mindestens vier Männer zur Auswahl habe.
Es ist die Woche nach Thanksgiving, und das Treiben im Einkaufszentrum ist der Wahnsinn. In Stanford ist immer viel los, aber wenn es einen echten Anlass zum Einkäufen gibt, außer gut gekleidet und/oder metrosexuell zu sein, dann ist alles hoffnungslos überfüllt.
Nachdem ich eine Ewigkeit nach einem Parkplatz gesucht habe, ziehe ich Miles in seinem Tragesitz aus dem Auto und mache ihn auf dem Buggygestell fest. Es dauert eine halbe Stunde, bis ich herausfinde, wie das geht, und dabei bin ich es als Patentanwältin gewöhnt, Zeichnungen zu lesen. Miles gluckst nur vor sich hin ob meiner Unzulänglichkeit, und ich schwöre, wenn ich je einen Mann finde, der so geduldig ist, werde ich ihn auf der Stelle heiraten.
Wir machen uns mit unserem ganzen Gepäck auf den Weg quer über den Parkplatz und sehen aus, als könnten wir auch einen überraschenden Schneeeinbruch überleben, obwohl es hier nicht mehr geschneit hat, seit ich ein Baby war. Wir kommen zum Stand mit dem Weihnachtsmann, und die Warteschlange davor schlängelt sich schon im Zickzack, so dass die Lombard Street in San Francisco, Amerikas kurvigste Straße, wie ein Spaziergang dagegen wirkt. Ich schaue auf Miles hinunter und merke, dass ich ihn noch umziehen muss.
»Komm, wir suchen eine Toilette«, beruhige ich ihn.
Als Belohnung bekomme ich ein vergnügtes Quieken. Als wir die Toilette betreten, entdecke ich, dass ich nicht die Einzige bin, die diese Idee hatte. Auch am Wickeltisch steht eine Schlange. Als ob Amerikas Damentoiletten nicht schon voll genug wären. Jetzt müssen wir sie noch mit Kleinkindern, Buggys und Windeltaschen voller Designer-Babyartikel teilen.
Endlich sind wir an der Reihe. Ein Baby umzuziehen hat sich recht einfach angehört, denn das letzte Mal, als ich Miles umgezogen habe, war er krank gewesen und wehrte sich nicht. Aber heute ist er ein Häufchen zappelnder Arme und Beine, die sich dagegen sträuben, auf diesem entwürdigenden Plastiktisch umgezogen
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