LIEBES ABENTEUER
Ein zuverlässiger Holzbau mit original Parkettböden und einer begehrenswerten Adresse - man soll in jeder Lage zufrieden sein, wie der Apostel Paulus schreibt. Also lasse ich mich auf mein Bett fallen und falte die Hände hinter dem Kopf. Ich bin zufrieden, ich bin zufrieden, sage ich mir immer wieder vor, bis ich eingeschlafen bin.
Nachdem ich am Freitag bei der Arbeit nur körperlich anwesend war und alles für die Taiwanreise am nächsten Tag vorbereitet habe, komme ich abends neugierig, aber auch vorsichtig zu meiner Überraschungsparty zu Seths Eigentumswohnung. Ich bin mir nicht sicher, was ich sagen soll, falls er mich tatsächlich fragt, ob ich ihn heiraten will. Das letzte Mal, dass Seth mich »überraschte«, war am Valentinstag, als er mir einen glitzernden Briefbeschwerer aus Acryl mit einem Bibelvers darin schenkte. Mir schlägt das Herz bis zum Hals, als ich an die Tür klopfe. Ich habe mich angezogen, als wäre ich zu allem bereit, ein Wildlederblazer mit einem Tweedrock von Ann Taylor. Man kann es als elegant oder als leger betrachten, je nach Anlass.
Seth macht auf. Er trägt ein Sweatshirt mit dem Schriftzug der Stanford Uni und eine löcherige Jeans. Das ist kein gutes Zeichen. Mein Lächeln lässt merklich nach.
»Hi«, begrüße ich ihn so begeistert wie möglich.
»Auch hi. Bist du aufgeregt?«, fragt Seth.
»Sollte ich das?«
»Ich glaube schon. Ich habe Wochen gewartet, bis ich genau das Passende gefunden habe, und jetzt habe ich es.«
»Das klingt sehr geheimnisvoll.«
»Dann kann ich dich umso besser überraschen, meine Liebe.« Er nimmt meine Hand, hilft mir aus meinem Wildlederblazer und hängt ihn an die Garderobe.
»Ist sonst schon jemand da?«
»Brea und John warten noch auf ihren Babysitter. Kay ist unterwegs. Ich habe auch Sam, Kevin und Arin eingeladen. Ich hoffe, das macht dir nichts aus.«
Ich habe das Gefühl, dass mein Herz stillsteht. »Du hast Kevin und Arin eingeladen?«
»Das ist doch in Ordnung, oder?«
»Da ich nicht weiß, was für eine Überraschung du geplant hast, kann ich diese Frage wahrscheinlich nicht beantworten.«
Es klingelt. Es ist Sam. Sam ist groß und stämmig und immer in Sorge darum, wo er seine nächste Mahlzeit herbekommt. Vor allem eine, die nichts kostet. »Hallo, Ash.« Er nickt mir zu. Wenn er kleiner wäre, würde ich nachsehen, ob er große, pelzige Füße hat wie ein Hobbit. »Hi Mann, was gibt’s zu essen?«, fragt er Seth.
»Ich werde Pizza bestellen.«
Die Hälfte der Gäste macht gerade Diät, aber das sage ich nicht. Feiern wir einfach eine Gluten-Party, denn ich habe das dumpfe Gefühl, dass die Kohlehydrate heute Abend mein kleinstes Problem sein werden.
Kevin kommt als Nächster, und er bringt einen Strauß pfirsichfarbener Rosen mit. »Für den Ehrengast.« Er streckt mir die Blumen hin und zwinkert mir zu, als ich sie nehme. Unsere Blicke treffen sich, und als braves, beinahe verlobtes Mädchen löse ich mich schnell wieder von seinem Blick.
»Danke«, sage ich, nehme die Rosen und vermeide sorgfältig jeden weiteren Blickkontakt. »Du hast wohl Aktien von deinem Blumengeschäft.« Blickkontakt zu haben mit einem Mann, der aussieht wie Hugh Jackman und redet wie ein Romantiker, ist sehr gefährlich. Kevin erfüllt all meine romantischen Träume, aber er passt nicht in meine praktische Realität. Er ist zu perfekt, und ich glaube, er sucht eher nach einer Zuchtfrau als nach einer Partnerin. Das macht mir mit meinen hervorragenden Ergebnissen beim College-Aufnahmetest Angst. Kavalier sein ist für die Männer in Silicon Valley ungefähr das Gleiche wie gute Manieren für einen Cowboy im Fernsehen.
Als Nächste kommt Kay, und sie trägt ein Kleid. Kaum zu glauben. Ich wusste gar nicht, dass sie eines hat. Sie hat einen Kürbiskuchen mitgebracht und überreicht ihn Seth. »Ich dachte, du kannst vielleicht noch etwas zum Nachtisch brauchen.«
»Zum Nachtisch? Das wird mein Frühstück. Ihr könnt euch selbst Nachtisch organisieren«, meint Seth mit einem schelmischen Grinsen. Er ist wirklich ganz in seinem Element, und was auch immer er für mich vorbereitet hat, er ist ganz ausgelassen. Ich habe ihn selten so aufgekratzt erlebt. Es ist beunruhigend, aber irgendwie auch süß.
Schließlich kommen Brea und John, und Brea sieht aus, als erwartete sie den Verlobungsring. Sie trägt eine Schwangerschaftscordhose von Lilly Pulitzer und ein handbemaltes Oberteil über ihrem dicker werdenden Bauch. Sie sieht wie immer
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