LIEBES ABENTEUER
zunutze machen. Vielleicht entdecke ich ja ein Körnchen Wahrheit in dem, was er sagt.
Hans spitzt nachdenklich die Lippen, legt die rechte Hand auf den Mund und den linken Arm quer über die Brust, um den rechten darauf abzustützen. »Hmm.«
»Kommen Sie schon. Sie haben bestimmt eine Theorie. Raus damit.«
»Ich glaube, er hat Angst vor dem Heiraten. Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Je älter ein Mann wird, desto mehr hat er Angst, sich auf eine Frau festzulegen, weil er denkt, es schränkt ihn ein. In Wirklichkeit hat man aber immer weniger Chancen für romantische Beziehungen, je älter man wird. Aber das ist einem nicht bewusst. Man wartet immer noch auf das Supermodel.«
»Und das aus dem Munde eines Mannes, dessen Freundin ein Supermodel sein könnte.«
»Sie könnten auch Model sein, Ashley. Es hat nichts damit zu tun, dass Sie nicht hübsch wären. Ihre Art Schönheit ist in Europa begehrt.«
»Dann lebe ich offensichtlich im falschen Land, wollen Sie das damit sagen? Soll ich meine amerikanische Staatsbürgerschaft gegen einen Ehemann eintauschen? In Amerika bin ich jedenfalls nicht begehrt. Hier wollen alle eine Frau mit Größe 36.« Ich lasse meinen Kopf in meine Hände sinken. »Ich kann nicht fassen, dass ich das gerade gesagt habe. Diese Unterhaltung ist äußerst unangemessen. Es tut mir leid, dass ich gefragt habe.«
Inzwischen stehen wir vor dem Juwelier. Mein Blick wandert über das Schaufenster und bleibt an dem Ring hängen. »Können Sie gut verhandeln, Hans?«
»Sie meinen feilschen?«
»So ähnlich. Sehen Sie den Ring da? Wenn ich ihn für unter 2.000 Dollar haben kann, will ich ihn.«
»Erledigt. Tun Sie so, als wollten Sie sich Schmuck anschauen, und lassen Sie mich das machen. Auf geht’s.« Hans begleitet mich in den Laden, und mein Mund wird ganz trocken.
Ich komme mir so klein und bedeutungslos vor, weil ich meinen eigenen Ring kaufe. Aber ich muss stark sein und mein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Ich muss zeigen, dass es mir gut geht als Single. Aber im Hinterkopf kann ich trotzdem meinen Bruder hören, der sich schieflacht, weil ich mir meinen eigenen Diamantring kaufen muss, den so genannten Linke-Hand- Ring. Ganz zu schweigen von meiner Mutter. Was würde sie wohl sagen? Oh Gott, hilf mir. Aber es war nicht Gott, der meine Schritte zu einem teuren ausländischen Juwelier gelenkt hat. Es war meine Angst und meine Unsicherheit.
Ich höre, wie Hans seinen besten deutschen Akzent herausholt. »Ich hätte gerne etwas für die Dame. Etwas unter eintausend Dollar.« Der Juwelier holt ein graues Samttablett mit mehreren Ringen hervor. Alle ohne Steine. Alle in Gold. Keiner davon kann mein gebrochenes Herz trösten. Hans schüttelt den Kopf. »Danke für Ihre Mühe.«
»Warten Sie«, entgegnet der Verkäufer in perfektem Englisch. »Ich habe genau den richtigen Ring.« Er holt ein anderes Tablett hervor, diesmal mit Edelsteinen und Jade. Aber der Ring, den ich will, liegt hinter uns, und ich kann an nichts anderes denken. Gedankenverloren schaue ich auf die Ringe vor mir und versuche ruhig zu bleiben. Das alles erinnert mich zu sehr an Poker. Nicht, dass ich schon einmal gespielt hätte, aber es ist wie ein Glücksspiel. Ich fange an, mich im Laden umzuschauen, und versuche dabei den ungeheuren Druck in meiner Brust zu ignorieren. Einen flüchtigen Augenblick lang höre ich die Stimme meines Verstandes, die sagt, dass das alles dumm ist und dass ein Ring meine Probleme nicht lösen wird. Aber mit einem kurzen Blick auf den Platinring bringe ich die leise Stimme zum Schweigen.
Schließlich geht Hans zu dem Ring, den ich will. »Was ist mit dem hier im Schaufenster? Wie viel?«
»Ah, Sie haben einen ausgezeichneten Geschmack. Nur 136.000.«
Hans schüttelt den Kopf. »Rechnen Sie das in US-Dollar um für mich.«
»Viertausend.«
»Tausenddreihundert.«
»Nein, nicht gut.«
»Tausendvierhundert.«
Der Verkäufer schüttelt wieder den Kopf.
»Tausendneunhundert.« Hans hebt die Hand. »Mein letztes Wort.«
Der Verkäufer nickt. »In Ordnung. Sie machen mein Geschäft kaputt, aber in Ordnung.«
Ich schiebe den Ring auf meinen Finger, und er passt wie angegossen. Ich hole meine Kreditkarte heraus und halte sie dem Mann hin, der Hans verächdich anschaut. Hans holt seinen Geldbeutel heraus und reicht dem Mann seine eigene Kreditkarte.
»Hans, was machen Sie da?«
»Nehmen Sie es als Vorschuss für die Stelle als Chefsyndikus.«
»Hans, nein. Das kann ich nicht
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