LIEBES ABENTEUER
ihres Kartoffelbreis zeigt, meine schwangere Schwägerin, die immer noch zierlicher ist als ich. Oder ein paar ziemlich abgerissene Obdachlose, die ich noch nie im Leben gesehen habe. Klare Sache. »Liebend gerne helfe ich.«
»Wunderbar, ich hole dich um acht Uhr am Thanksgivingmorgen ab. Wenn wir noch Zeit haben, können wir mit Rhett vielleicht ein paar Kinder im Krankenhaus besuchen.«
»Klingt gut.« Er besucht an seinem freien Tag seine Patienten. Er ist ein wahrer Heiliger, ein Heiliger zum Anbeißen, woran ich nicht zu denken versuche. Schließlich erhole ich mich gerade von einer Trennung. Aber es macht solchen Spaß, wenn es aufwärtsgeht. Die Talfahrten sind das Ermüdende.
20
Um sieben geht Hans endlich nach Hause. Ich schleiche mich um halb acht davon. Ich bin spät dran für das Abendessen. Ich hasse es, zu spät zu kommen, und ich schleife einen überdimensionalen Hundewelpen mit mir herum. So viel zum ersten Eindruck. Egal, Seth gehört der Vergangenheit an. Man könnte den ersten Eindruck auch den letzten nennen.
Das Gute an der Sache ist, dass mir keine Zeit geblieben ist, um mir Gedanken über das Treffen mit Seths Eltern zu machen, obwohl ich zugeben muss, dass ich neugierig bin. Sie haben ihr ganzes Leben lang in China gepredigt und ihrem Sohn trotzdem ein Studium in Stanford ermöglicht. Ich frage mich, wo hier der Bruch ist. Werden sie sich wie Menschen aus der wohlhabenden Oberschicht benehmen (wie Kevins Eltern) oder wie fromme Missionare? Oder vielleicht eine Mischung aus beidem?
Ich halte vor Seths Eigentumswohnung, und Rhett erleichtert sich erst mal an einer kleinen Platane. Dann klopfe ich. Seths Wohnung ist eine typische Junggesellenbude: weiße Wände, Dreck in jeder Ecke, Staubflusen auf dem Linoleumboden aus den Sechzigern, und der Teppich auf der Treppe hat dunkle Ränder, weil er zu selten gesaugt wird. Das Positive ist, dass es schon nach Desinfektionsmittel riecht, als er die Tür öffnet. Ich weiß also, dass er heute sauber gemacht hat.
Seth macht auf, und seine Eltern schauen ihm neugierig über die Schulter. Sie sind groß, viel größer, als ich sie mir vorgestellt hatte, und älter. Vermutlich Ende siebzig. Seths Vater hat dichtes, graues Haar, eine kräftige Statur und die gleichen durchdringenden blauen Augen wie sein Sohn. Seine Mutter ist immer noch schön, trägt ihre silbergrauen Haare in einem Knoten hochgesteckt, hat graublaue Augen und von der Sonne gealterte Haut. Ich gebe Seth Rhetts Leine und verneige mich leicht, wie in Taiwan.
»Dr. und Mrs. Greenwood, ich bin sehr erfreut, Sie endlich kennen zu lernen.«
Mrs. Greenwood umarmt mich und nickt ihrem Sohn zustimmend zu. Dr. Greenwood streckt mir eine wettergegerbte Hand hin und schüttelt meine mit einem festen Händedruck.
»Die Freude ist ganz unsererseits«, sagt Mrs. Greenwood. »Seth hat uns erzählt, dass Sie als Patentanwältin arbeiten.«
»Nun ja, ich bin Patentanwältin. Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Dieser wunderschöne Hund, den Ihr Sohn mir geschenkt hat, hat mir heute bei der Arbeit leider ein paar Probleme bereitet. Deshalb musste ich etwas länger bleiben.«
»Du hast ihr einen Hund gekauft?« Seths Mutter schaut ihn verwirrt an. Willkommen im Club. Ich hatte auch eher an einen Diamantring gedacht.
»Ashley liebt Tiere.«
Ich lächle. »Zumindest liebe ich Rhett. Er ist ein toller Hund, und wir arbeiten daran, dass er Sitz macht. Rhett, sitz!«, sage ich, und mein Hund springt an meinem letzten Paar Strumpfhosen hoch. Ich spüre, wie die Laufmasche am Schienbein hochläuft. Ich lächle wieder. »Sitz!« Rhett schaut mich mit seinen großen Hundeaugen nur verständnislos an. »Nun, wie ich schon sagte, wir arbeiten noch daran.«
»Gehen wir essen«, verkündet Seth. »Meine Eltern essen sonst nicht so spät.«
Wie war das noch mal? »Es tut mir sehr leid«, sage ich noch einmal.
Ich sehe, wie Mrs. Greenwood Seth in den Rücken piekt, weil er unhöflich war. Die Fahrt zum Restaurant in ihrem gemieteten Ford Taurus verläuft ziemlich schweigsam, aber ich sitze mit Seths Mutter hinten, und sie lächelt mich an. Schließlich fängt sie ein Gespräch an. »Seth hat mir erzählt, dass Sie öfter in Taiwan sind.«
»Das stimmt. Eigentlich müsste ich das nicht, da ich meistens nur an amerikanischen Patenten arbeite, aber das Produkt selbst zu sehen hilft mir, das Patent zu entwerfen. Deshalb bin ich öfters dort.«
»Gefällt Ihnen Taiwan?«
Hmm. Wie beantworte ich diese Frage
Weitere Kostenlose Bücher