Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)
weiß, dass Purvi diesen Mann liebt, den wir hier noch nie gesehen haben, und dass sie ihre Familie in Indien vermisst. Seine Familie, sollte ich besser sagen. Purvi hat ihre eigene zurückgelassen, als die Hochzeit arrangiert worden ist. Es fällt mir so schwer, diesen Teil ihrer Kultur zu verstehen. Purvi ist die Frau, die mich intellektuell am meisten inspiriert. Sie leitet ihre Rechtsabteilung so, als wäre alles von so großer Bedeutung wie im Weißen Haus, und ihr Wunsch ist uns Befehl. Von daher ist es schon ziemlich schwierig zu verstehen, dass sie sich diesem Mann, der am anderen Ende der Welt lebt, so völlig unterwirft.
Aber wer bin ich schon, um darüber zu urteilen? Die Statistiken von arrangierten Hochzeiten sind viel besser als unsere amerikanischen. Traurigerweise auch besser als die der christlichen Ehen. Purvi ist eine Frau mit Prinzipien. Sie wird tun, was sie tun muss. Und vielleicht ist es ja auch genau das, worum es geht: Man muss seinen Verpflichtungen verpflichtet sein. Wenn ich an Philadelphia und das relativ kleine Opfer denke, das von mir verlangt wird, läuft mir ein Schauder über den Rücken. Wenn ein Nichtchrist viel eher dazu in der Lage ist, etwas zu opfern, als ich, der alles gegeben worden ist, sagt das nichts Gutes über mein Ego.
Tracy beginnt, mein Büro aufzuräumen. „Stell dich darauf ein, dass Purvi nicht zu Späßen aufgelegt sein wird, bis die Sache geregelt ist. Du könntest vielleicht mal dieses Gebetsding durchziehen, das du immer machst.“
Ich hole ein Bild aus meiner Tasche. Ich bin nicht bereit dazu, noch mal meinen Job zu wechseln. Verdrängung ist die beste Strategie in solchen Situationen. „Das ist mein eigentliches Kleid. Ich werde mal sehen, ob meine Schwägerin Mei Ling Zeit hat, es zu nähen, bevor ich es morgen erneut bestelle.“
Tracy sieht sich das Bild an und gibt angemessene Oohs und Aahs von sich. „Ich dachte, du wärst losgegangen, um dir dein Hochzeitskleid anzusehen.“
Ich schüttele den Kopf. „Das war nur ein Ablenkungsmanöver. Für das Kleid, das ich mir vorhin angesehen habe, habe ich heute Abend andere Pläne.“ Finstere Gedanken tauchen in meinem Kopf auf. Ich werde es heute Abend loswerden. Ich werde diesen aufgeblasenen gelben Ballon nämlich nicht tragen. Darin würde ich aussehen wie das Sofa aus Die wilden 70er. Das Letzte, was eine Braut will, ist, mit einem Retro-Möbelstück verwechselt zu werden. Und es ist ja noch nicht einmal gutes Retro-Design. Nein, es stammt aus einer Ära, die uns schwarzen Lack und Messingschmuck beschert hat.
Mein Telefon klingelt und Tracy, professionell und neugierig wie sie ist, hebt ab. „Ashley Stockingdales Büro. Tracy am Apparat.“ Langsam bewegt sie den Hörer von ihrem Ohr weg. „Entzückend“, sagt sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Es ist Emily aus Atlanta.“ Sie reicht mir den Hörer, während sie mit ihren Lippen etwas Unanständiges formt.
„Ashley, warst du bei deinah Anprobe?“
„Ja, war ich und es ist eine wunderbare Arbeit“, sage ich in meiner besten Diplomatenstimme. Beim Verhandeln habe ich gelernt, dass man zuerst eine positive Bemerkung fallen lässt, bevor man die Bombe abwirft. „Aber Emily, dieses Kleid ist einfach nichts für mich. Es ist unglaublich gut gemacht und ich weiß deine Mühe sehr zu schätzen, aber ich sehe darin aus wie ein Michelin-Männchen. Ich hätte gern ein enger anliegendes Kleid für meinen besonderen Tag.“
„Du hast vor der Hochzeit ja noch Zeit abzunehmen. Bist du Mitglied im Sportstudio? Kann Keh-vin dich vielleicht im Krankenhaus trainieren lassen? Vielleicht kann ich im Internet einen Pilates-Trainer für dich finden.“
Ich balle die Fäuste, um bloß nichts zu sagen, was ich später bereuen könnte.
„Vielleicht einen Personal-Trainer?“, schlägt sie vor. „Würdest du dich unter Umständen rechtzeitig von einer Bauchstraffung erholen?“
„Mein Gewicht ist hier nicht das Thema“, sage ich mit zusammengepressten Zähnen. Ich bin nun mal kein schlaksiges Model, aber das werde ich auch niemals sein – selbst wenn ich hungern würde. Und da ich mit Emily fertig werden muss, sehen die Chancen, ohne Schokolade auszukommen, eher mager aus (beziehungsweise eben nicht so mager). Also würde ich sagen, dass mein Gewicht so bleibt, wie es gerade ist. „Du weißt doch, wie sehr Scarlett ihre 47-Zentimeter-Taille zurückhaben wollte? Ich selbst hatte, seit ich vier war, keine 47 Zentimeter-Taille mehr. Und ich denke, dass
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