LIEBES LEBEN
Büroklatsches, schaut mich an und zwingt sich zu einem Lächeln. »Alles wird gut.« Aber irgendetwas ist faul. Die Hälfte ihres sonst so dick aufgetragenen Mascaras ist abgewaschen. Sie hat geweint!
»Wo ist Purvi?«, frage ich beunruhigt.
Dianna zuckt nur mit den Schultern. Dianna weiß immer alles, und deshalb ärgert es mich, dass sie sich unwissend stellt. Meine Hände zittern, aber ich bete leise und gehe in Gedanken meine Ersparnisse durch. Ich überschlage, wie lange ich davon leben kann, bis ich wieder einen Job habe. Keine leichte Angelegenheit in der derzeitigen Wirtschaftslage, und das wird meinem Plan, früher in den Ruhestand zu gehen, auf jeden Fall schaden. Aber es wird helfen, das Problem mit der Arbeitssucht zu lösen.
Bevor ich in Hans’ Büro eintrete, streiche ich noch einmal meine Jacke glatt. Es ist eine olivfarbene Jacke im Cargo-Stil von DKNY, die ich mir von meiner Kaution gekauft habe. Wie so oft in stressigen Situationen tröste ich mich mit meiner Kleidung.
Als ich Hans’ Büro betrete, sitzen dort lauter Männer in Anzügen. Normalerweise tragen die Männer im Silicon Valley keine Jacketts. Vermutlich ist das Voraussetzung, wenn man jemanden vor die Tür setzt. Hmmm. Vielleicht trösten sie sich auch mit ihrer Kleidung.
Ich nicke. »Guten Morgen, Mr. Frauer.«
»Guten Morgen, Ashley.«
Ich nehme mir einen Augenblick Zeit, um den versammelten Chefs aus der Ingenieur- und Personalabteilung und dem Generaldirektor beherrscht lächelnd zuzunicken. Oh ja, das ist definitiv die Kündigung.
»Guten Morgen, meine Herren ... Annette.« Na schön, bringen wir es einfach hinter uns. Ich mache mich auf das Unvermeidliche gefasst.
»Ashley, Sie wissen ja, dass wir dieses Jahr extrem viele Patente hatten und auch Patentstreitfälle ...«
»Ja, Sir.«
»Es war auch das erste Mal, dass wir uns entschlossen haben, das Reich des Bösen zu verklagen.«
Komm endlich auf den Punkt.
»Ms. Sharma hat großartige Arbeit geleistet, unsere Firma auf dieses neue Gebiet zu führen, aber wir haben das Gefühl, dass sie an ihre Grenzen gestoßen ist. Wir haben den Eindruck, dass wir eine neue Richtung und eine neue Ausrichtung brauchen.«
Purvi hat großartige Arbeit geleistet? Sie hat ihr Leben für diese Firma geopfert! »Ich verstehe nicht ganz. Wo ist Purvi, Hans?«, frage ich und spreche ihn absichtlich mit Vornamen an.
»Der Vorstand hat beschlossen, dass Purvi noch nicht so weit ist, sich mit dem Reich des Bösen direkt auseinanderzusetzen.«
Ich gehe unruhig in seinem Büro auf und ab. »Diese Ansicht teile ich absolut nicht.« Habe ich das gerade wirklich gesagt?
»Der Vorstand schaut auf die Ergebnisse, Ashley. Durch Ihre Arbeit konnte diese Firma sowohl wichtige Patente im Bereich der Technologie sichern als auch stetige Einkünfte aus den Tantiemen, weil Sie den Wettbewerb im Auge hatten.«
»Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie meine Anstrengungen bemerkt haben, aber Purvi hatte all das unter ihrer Aufsicht, Mr. Frauer.«
»Wir sollten Ihnen vielleicht sagen, dass wir Purvi freigestellt haben«, sagt Mr. LaBou.
Ich lasse mich in den Stuhl fallen, der schon die ganze Zeit für mich bereitstand. Sie haben es tatsächlich getan. Sie haben Purvi rausgeschmissen. Sie hatte sich mit Haut und Haar dieser Firma hingegeben.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Außer dass ihr alle Werkzeuge des Teufels seid!
»Wir hätten gerne, dass Sie als vorläufiger Chefsyndikus Purvis Platz einnehmen«, sagt Hans. »Wir haben Sie jetzt fast ein ganzes Jahr lang beobachtet. Unsere Aktien sind Dank Ihrer grundlegenden Arbeit im Patentbereich um mindestens drei Punkte gestiegen.«
Chefsyndikus . Dafür habe ich gearbeitet. Aber wie kann ich andererseits leugnen, was sie mit Purvi gemacht haben? Sie haben sie ausgesaugt und ihre leere Hülle dann am Straßenrand liegen lassen. Wie könnte ich Erfolg jemals so definieren und dabei noch in den Spiegel schauen? Ich spreche im Stillen ein Gebet und bekomme die Bestätigung, die ich brauche.
»Nein, danke«, sage ich.
»Ich glaube, Sie haben uns nicht richtig verstanden. Das ist Ihre Chance. Ihre einzige Chance. Wir haben hier im Haus sonst keine Aufgabe für eine Patentanwältin.«
Ich stehe auf. »Ich brauche keine andere Aufgabe, aber ich weiß Ihr Angebot zu schätzen. Meine Antwort ist Nein.«
»Lassen Sie mich das noch einmal wiederholen. Wir haben keinen anderen Job für Sie, Miss Stockingdale. Entweder Sie werden Chefsyndikus oder Sie
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