LIEBES LEBEN
Land lebt oder dass ihr Mann nicht bei ihr lebt. Purvi schiebt mir noch mehr Akten hin, und ich sehe ihr verwundert nach, als sie hinausgeht.
Dianna Kendal sitzt vor Purvis Büro. Sie ist ein bisschen klischeehaft. In vielerlei Hinsicht das Gegenteil von Purvi. Sie zieht sich auf der Arbeit ziemlich provozierend an und ist allein erziehende Mutter eines vierjährigen Mädchens. Keine Mutter sollte sich so anziehen wie sie. Dianna zeigt jedem Mann schon durch ihr, wenn auch wohl überlegtes, Verhalten, dass sie zu haben ist. Ich beobachte fasziniert und gleichzeitig angewidert, wie sie sich benimmt, denn sie ist die Art von Frau, die kein Mann ernst nehmen würde. Sie zeigt überdeutlich, dass sie der Typ Frau ist, mit der man in die Kiste steigt, die man aber nicht heiratet.
Ich kenne viele allein erziehende Mütter in meiner Gemeinde. Es sind ernsthafte Christen, die einmal einen Fehler gemacht haben und sich jetzt ganz ihren Kindern hingeben. Dianna gehört nicht zu dieser Sorte Mutter. Sie ist der Typ Frau, der denselben Fehler immer und immer wieder machen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte. Und sie hält bei jeder Gelegenheit nach dieser Möglichkeit Ausschau.
Jedes Mal, wenn Dianna mit einem der Männer im Büro spricht, muss sie sich plötzlich wegen irgendetwas bücken, damit derjenige einen Blick in ihr Dekolletee werfen kann, das aus einem viel zu engen BH quillt. Eine deutlichere Art, einem Mann zu verstehen zu geben, dass man für jedes Bett zu haben ist, gibt es wohl kaum. Ich beobachte Dianna, wie sie sich gerade an ihren Schreibtisch lehnt, den Kopf hin und her wiegt und sich langsam mit der Zunge über die Lippen fährt.
Jim Bailey erliegt soeben dem Blick in die Tiefen ihres Ausschnittes und sammelt dann ungeschickt ihre Post ein. Es ist, als liefe in meinem eigenen Büro ein billiger Bierwerbespot. Oh, wie entzückend.
Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt, und Brea ist dran - sagt die Anzeige auf dem Display. Brea ist vermutlich zu Hause und ganz hysterisch, weil sie sich Sorgen um mich macht, wegen der Neuigkeit von ihrer Schwangerschaft. Sie hat mir schon zehn Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen und drei E-Mails geschickt. Ich muss ihr irgendwie verständlich machen, dass ich völlig aus dem Häuschen bin vor Freude über die Nachricht.
Ich nehme ab, ohne zu grüßen. »Es reicht. Ich freue mich so tierisch für dich, dass ich vor lauter Freude in einem Tanga mit Tigerstreifen durch den Wald rennen und meine Freude hinausschreien könnte!«
»Ashley?«, meldet sich John verwirrt, und ich zucke zusammen. Uups, ich habe soeben den Mann meiner besten Freundin angemacht.
John hat meine Beziehung zu seiner Frau nie wirklich verstanden. Aber wir sind quasi zusammen aufgewachsen. Brea und ich haben unsere eigene Sprache, und das ist für John schwer zu verstehen. Meine Eltern werden dabei ja schon wahnsinnig.
»John, entschuldige. Ich dachte, es wäre Brea.« Ich hoffe, er hatte genug Zeit, um die Vorstellung von mir im Tanga wieder zu vergessen. Ich wünsche mir weiß Gott, dass ich sie vergessen könnte.
»Hör zu, Brea ist im Krankenhaus. Sie hatte heute Morgen eine Fehlgeburt und weint sich jetzt die Augen aus.«
Mir verschlägt es den Atem. Lautlos sage ich Nein. Ich habe keine Luft mehr.
»Ich wünschte, ich könnte irgendetwas für sie tun, aber alles, was ich sage, ist falsch. Sie will dich sehen, Ashley.«
Mein Magen zieht sich zusammen. Wenn es irgendetwas gäbe, womit ich Brea diese Last abnehmen könnte, würde ich es tun. Niemand wünschte sich so sehr ein Kind wie sie. Niemand hatte ein Kind so verdient wie sie, und wenn es ihr helfen würde, würde ich dafür auf Kinder verzichten. Ich halte mir den Bauch, der vor Mitleid schmerzt.
Schließlich finde ich meine Stimme wieder. »Geht es ihr gut? Ich meine körperlich«, frage ich.
»Sie ist erschöpft. Sie ließ zwei Ultraschallaufnahmen machen, bis sie glauben konnte, dass das Kind wirklich nicht mehr da war. Sie wollen morgen eine Ausschabung machen und haben ihr gesagt, dass sie in ein paar Monaten wieder versuchen könnte, schwanger zu werden. Aber sie ist am Boden zerstört, Ashley. Es ist, als könne sie nie wieder glücklich werden.« Johns Stimme bricht, und ich spüre, wie mir selbst die Tränen in die Augen steigen. Es macht mich froh, zu wissen, dass Brea einen Mann hat, der sie so sehr liebt. Es wird noch mehr Kinder für sie geben, aber dieses wird immer Breas erstes bleiben. Das weiß
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