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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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Jahren nehme ich mir jedes Silvester wieder von Neuem vor, mein Selbstwertgefühl nicht von dieser grausamen Einrichtung abhängig zu machen, aber es ist mir noch nie gelungen, mein gieriges Verlangen danach zu zügeln. Jedes Mal steigen meine Hoffnungen höher und höher, bis ich überzeugt bin, dass Colin Firth seine wunderhübsche, italienische Frau meinetwegen verlassen hat oder Rupert Everett plötzlich hetero geworden ist und nur noch eine Frau im Kopf hat:
    Ashley Wilkes Stockingdale. Ja, ich weiß, dass das nicht gerade christliche Fantasien sind, aber sie existieren trotzdem.
    Normalerweise drücke ich auf den Knopf, um mir dann das neueste Angebot eines Telefontarifs anzuhören oder zu erfahren, dass ich gerade eine all-inclusive Traumreise nach Las Vegas gewonnen habe. Daraus sollte ich eigentlich lernen. Schließlich bin ich ja ein kluges Köpfchen. Dennoch träume ich weiter, und sogar jetzt klopft mein Herz wie wild bei dem Gedanken daran, was sein könnte. Ich versuche, meine Hoffnungen ein wenig herunterzukurbeln. Es wird keine Verabredung sein. Wahrscheinlich ist es noch nicht einmal jemand, den ich kenne, sondern stattdessen eine dieser freundlichen Männerstimmen vom Band, die einem dichte Fenster verkaufen wollen.
    Ich lasse meine Handtasche fallen, drücke auf den Knopf und wappne mich für das Schlimmste.
    »Hallo Ashley. Hier ist Seth. Hör mal, hast du diese Woche irgendwann Zeit, ins Kino oder Essen zu gehen? Ich muss mit dir über etwas reden.«
    Ich lasse das Band noch drei Mal ablaufen, um ganz sicher zu sein, dass ich richtig gehört habe. Ins Kino gehen. Heißt das, dass er mich zu diesem Filmabend mit unserem Trupp einlädt? Ja, aber er hat auch etwas von Essen gehen gesagt. Vielleicht will er, dass ich zum Film etwas zu Essen mitbringe?
    »Im Zweifelsfall für den Angeklagten. Vielleicht will er tatsächlich mit mir ausgehen.« Ich ziehe die Schultern hoch und wähle seine Nummer. Seth arbeitet zu den unmöglichsten Nachtstunden, genau wie ich, und so habe ich jetzt wahrscheinlich die besten Chancen, ihn zu erwischen.
    »Seth Greenwood.«
    »Hallo Seth, hier ist Ashley.«
    Er zögert einen Moment, und in diesem Bruchteil einer Sekunde frage ich mich, ob ich seine Nachricht doch falsch verstanden habe und ich die Allerletzte bin, von der er etwas hören möchte ...
    »Ashley, schön, dass du anrufst. Du hast meine Nachricht also gehört? Können wir vielleicht diese Woche etwas zusammen unternehmen? Ich muss dich etwas fragen.«
    Er wollte tatsächlich, dass ich ihn anrufe! »Du kannst mich alles fragen«, antworte ich wie eine dumme Highschool-Göre. Merke: Versuche niemals cool zu sein.
    »Wie wäre es mit Mittwochabend? Vielleicht können wir uns bei Fresh Choice treffen?«
    »Bestens«, erwidere ich wenig begeistert. Fresh Choice ist ein Schnellrestaurant mit Salattheke. Keine Bedienung, keine Trinkgelder und ganz sicher keine Tischreservierungen. Ich frage mich, ob ich es nicht wert bin, in ein richtiges Restaurant zu gehen. Erwartet er etwa auch, dass wir getrennte Rechnung machen? Und von Kino ist gar keine Rede mehr. Zwei ganze Tage lang werden mich diese Fragen jetzt quälen. Wie soll ich das nur aushalten?
    »Treffen wir uns um sieben. Ist dir das recht?«, fragt Seth. Wir treffen uns dort. Kann er mich nicht abholen?
    »Passt. Also bis dann.« Jetzt kann ich es natürlich kaum erwarten, Brea anzurufen. Aber ob sie wohl in der richtigen Verfassung ist, um sich das Neueste aus meinem armseligen Liebesleben anzuhören? Ich komme zu dem Schluss, dass ihr etwas zu Lachen gut tun wird, und rufe sie zu Hause an, in der Hoffnung, dass sie noch nicht schläft.
    Da ich mit John rechne, bin ich erstaunt, Breas müde Stimme zu hören. »Hallo?«
    »Hallo Brea, ich bin’s.«
    »Oh, Ashley. Endlisch jemand, der Englisch spricht! Erzähl mir irgendetwas, das ich verstehe. Bitte. In diesem Krankenhauszimmer bin ich fast durchgedreht. Ich musste mir den ganzen Tag ununterbrochen dieses ausländische Gequassel anhören. Hast du schon gewusst, dass die sich genauso streiten wie Italiener?«
    »Toll. Dann hast du dich ja wie zu Hause gefühlt.«
    »Sehr witzig.«
    »Also ich weiß nicht, ob du das, was ich dir sagen will, verstehst, aber Seth hat mich angerufen und will am Mittwochabend mit mir ausgehen.«
    »Wohin?«
    »Zum Abendessen bei Fresh Choice.«
    »Oh.«
    »Na ja, besser als gar nichts«, entgegne ich fröhlich.
    »Schon, aber nicht viel.« Wir müssen beide lachen. »Was wirst du

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