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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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ich.
    »Ich komme gleich, John. Sag ihr, dass ich schon auf dem Weg bin.«
    Ich zögere, entschuldige mich dann aber bei Purvi und schnappe noch schnell ein paar Akten, an denen ich dann heute Nacht arbeiten werde. Diesmal sind mir die Arbeit oder die Stunden, die mir fehlen werden, egal. Meine beste Freundin hat gerade das verloren, was sie sich am allermeisten gewünscht hatte, und ich könnte bei dieser Ungerechtigkeit toben. Irgendwelche Suffköpfe kriegen reihenweise Kinder, und meine allerliebste Brea verliert ihres.
    Im Auto versuche ich, mich zu beruhigen und die letzten Überreste meines Gefühlsausbruchs abzuwischen. Das Letzte, was Brea jetzt braucht, ist meine Tränen zu sehen. Sie weint jetzt weiß Gott genug für uns beide. Ich halte kurz bei Starbucks und bestelle einen doppelten Frappuccino für sie. Wenn alles andere versagt, geht nichts über eine gute doppelte Portion Koffein. Das ist die einzige Droge, die wir je genommen haben - und die einzige Droge, die wir je brauchen werden. Außer natürlich einer Spinalnarkose, wenn es so weit ist. Oh nein! Eine Spinalnarkose ... Und wieder fließen die Tränen.
    Als ich ins Krankenhaus zu Brea komme, liegt sie in einem winzigen Zimmer mit zwei anderen Frauen. Beide sprechen irgendeinen chinesischen Dialekt - und das ziemlich laut. Breas hübsches Gesicht ist ganz rot, und Augen und Nase sind vom Weinen geschwollen. Als sie mich sieht, bricht sie wieder zusammen und zittert am ganzen Körper. John sitzt neben ihr und wittert sofort seine Chance zum Rückzug.
    »Ich komme später wieder«, sagt er und verlässt fluchtartig das Zimmer.
    »Ist schon gut, Brea«, sage ich unter Tränen, während wir uns aneinanderklammern. »Du wirst noch mehr Kinder bekommen.
    Diesmal war es einfach noch nicht so weit, das ist alles. Dieser Mann« - dabei zeige ich auf die Tür - »der gerade wie der Blitz hier rausgerannt ist, liebt dich von ganzem Herzen.«
    Wir kichern unter Tränen.
    Sie schnieft noch einmal. »Ist der Frappuccino für mich?«
    Ich nehme ihn ihr weg und tue so, als wolle ich daraus trinken.
    »Nein. Wolltest du einen?«
    »Ich wette, es ist ein doppelter, und du Schwächling verträgst so viel Koffein überhaupt nicht.«
    Ich gebe ihn ihr. »Siehst du, den Vorteil hat es. Du kannst wieder Kaffee trinken.«
    »Nur heute. Ab morgen mache ich die gesündeste Diät, die du dir denken kannst. Mein Bauch wird der gesündeste sein, den die Wissenschaft je gesehen hat.« Dabei zieht sie noch ein Papiertuch aus der Schachtel auf ihrem Nachttisch. »Andere schwangere Frauen werden mich fürchten, weil ihre Babys sich nach den Annehmlichkeiten dieser Luxussuite sehnen werden.«
    »Du meine Güte! Dann halte dich besser von meinem Bruder fern. Wenn der dahinterkommt, dass man da keine Miete zahlen muss, steht er sofort auf der Matte.« Wir brechen beide in ein heiseres Lachen aus, und ihre asiatischen Zimmergenossinnen schauen uns an, als seien wir nicht mehr ganz dicht. »Es tut mir so leid, Brea.« Wir drücken uns noch einmal fest.
    »Meinst du, John geht es gut?«, fragt Brea und lehnt sich in ihr Kissen zurück.
    Ich nicke. »Er liebt dich so sehr, Brea. Alles was er möchte ist, dass es dir wieder gut geht.«
    »Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte, Ash. Wenn er mich mit seinem treuen Hundeblick anschaut, habe ich das Gefühl, dass ich ihn enttäuscht habe. Ich fühle mich so schuldig, ich kann ihn einfach nicht anschauen.«
    Ihre schonungslose Offenheit versetzt mir einen Stich. John weiß genau, dass er die beste aller Frauen hat, und Brea macht sich Sorgen, weil sie denkt, sie hätte ihn enttäuscht. »John weiß, dass Gott einen Plan mit euch hat«, antworte ich. »Ich kann mir zwar im Moment absolut nicht vorstellen, wie er aussieht, aber es gibt einen Grund für all das.« Warum wirkt der Glaube in solchen Situationen nur so hohl? Ich weiß, dass es stimmt, was ich sage, aber wenn man verletzt ist, klingt das manchmal höhnisch. Ganz gleich, wie sehr wir es auch versuchen, aber Worte können den Schmerz nicht mildern.
    »John hätte eine Frau heiraten können, die ihm sofort Kinder schenkt, die in klugen Sätzen sprechen kann. Warum hat er mich geheiratet?« Sie schnieft wieder.
    »Muss ich dich daran erinnern, dass John nicht der Einzige war, der dich heiraten wollte, Brea? Er hat dich nicht geheiratet, damit du so schnell wie möglich so viel wie möglich Kinder bekommst. Und ich kann es nicht mehr hören, dass du immer behauptest, du wärst dumm.

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