LIEBES LEBEN
Interesse an seiner kahlköpfigen Science-Fiction-Gestalt? Alles in mir ist versucht, alle Gründe für sein Singlesein laut hinauszuschreien, damit es das ganze Restaurant hört.
»Du meinst also, sie würde nicht mit mir ausgehen?« Seth sticht vehement in eine Cherry-Tomate. Trotz meiner ausweichenden Antwort glimmt offensichtlich immer noch Hoffnung in ihm, und die würde ich am liebsten austreten.
»Ich weiß nicht, was sie tun würde. Warum fragst du sie nicht selbst?«
»Ich will mich nicht lächerlich machen.«
Schon passiert . Die schreienden Kinder im Restaurant werden lauter. Unerträglich laut. Und ich halte es keinen Bissen länger aus, Seth gegenüberzusitzen. »Weißt du, mir ist nicht gut, und ich habe jede Menge Arbeit aus dem Büro mitgenommen. Viel Glück mit Arin. Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr helfen kann, aber so gut kenne ich sie nicht. Sie ist zu jung, als dass ich eng mit ihr befreundet wäre. Und vielleicht auch für dich.«
Er merkt nicht, dass ich meine Sachen zusammensuche und mich bereit mache zur Flucht. »Ich dachte, weil sie Allegorien und Science-Fiction mag, wären wir vielleicht ein gutes Paar. Ich habe auch gehört, dass sie gern Ski fährt.«
Ich lese gerne Liebesromane, aber deshalb rufe ich auch nicht gleich Fabio Lanzoni an, nur weil er auf der Titelseite ist.
Ich stehe auf und will gerade noch einen passenden Kommentar abgeben, aber beim Anblick seiner gerunzelten Stirn wird mein Herz weich, und ich streiche mit den Fingern über den Riemen meiner Handtasche. Oh Gott, hab Gnade mit mir, wenn ich ihn am liebsten in Stücke reißen würde! »Seth, äh, du bist ... ein toller Kerl. Wer weiß, was Arin tun würde. Aber du scheinst einfach nicht die Art von Mann zu sein, der sich an die Freundin eines anderen ranmacht.«
»Danke Ashley. Ich weiß deine Offenheit zu schätzen.« Er glaubt mir kein Wort, aber er schätzt meine Offenheit trotzdem.
»Keine Ursache«, seufze ich und singe innerlich »Chain of Fools«. »Sehen wir uns am Sonntag?«
»Ja, Sonntag«, nickt er.
Ich hätte nichts dagegen, nie wieder einen Ewigkeitssingle zu sehen. Als ich aus dem Restaurant gehe, bin ich dankbar, dass ich für diese »Verabredung« keinen Cent ausgegeben habe. Sie war nicht einmal einen neuen Lippenstift wert. Es ist mir peinlich, Brea anzurufen und ihr zu erzählen, was für eine blöde Kuh ich bin, aber ohne ihre moralische Unterstützung schaffe ich es heute Abend nicht. Außerdem kennt sie bestimmt ein paar gute Glatzen-Witze, und heute Abend werde ich mich über jeden einzelnen davon schieflachen. Ein zwei Karat Brillant - Seth würde mir einen viereckigen Kunstdiamant schenken und mir dabei erzählen, wie billig er ihn im Teleshop gekauft hat, nur um mich noch mehr zu beleidigen.
Merke: In einer Rübe fließt kein Blut.
6
Der Samstagabend ist da - wenn ich eine Verabredung hätte, würde es ewig dauern, bis er käme, aber ich habe keine, und so hat er sich angeschlichen und steht nun vor mir wie ein Abgabetermin. Es ist Talentshowim Starbucks Café, und ich überlege mir tausend Mal, ob ich hingehen soll. Seth wird auch da sein, was mich eher davon abhält, aber schließlich kann ich nicht ewig vor ihm davonlaufen. Er weiß nicht, was ich für ihn empfinde, genauso wenig wie Arin weiß, dass er in sie verknallt ist.
Zuerst schaue ich ins Fernsehprogramm, aber es gibt nichts, für das es sich lohnen würde, zu Hause zu bleiben. Das sollte mir etwas sagen. Es hätte nicht viel gebraucht; schon eine einfache Familien-Serie hätte gereicht. Kirk Cameron als pubertierender Teen in Growing Pains hätte mir vollkommen genügt. Aber es kommt nichts.
Ich gehe zum Café und bin fest entschlossen, unter keinen Umständen irgendetwas vorzuführen. Ich bin dankbar, dass ich mich niemals unter Zwang auf Kay Hardings berüchtigter Liste eingetragen habe. Die leere Spalte auf der Liste ist meine Fahrkarte in die Freiheit.
Die Nacht des offenen Mikros der First Community Kirche im Starbucks Café ist unser Versuch, der Welt da draußen zu zeigen, dass wir Christen auch ohne Alkohol und ohne Drogen und ohne Sex Spaß haben können. Allerdings sind wir im Silicon Valley, und so ist Spaß haben sowieso eine relativ gemäßigte Sache. Wenn es die Marketing-Leute nicht gäbe, würden die Christen gar nicht auffallen. Es ist vollkommen normal, sich das Wochenende mit Videospielen und Risiko zu vertreiben. Dazu muss man nicht einmal Christ sein. Es reicht schon, wenn man Ingenieur
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