LIEBES LEBEN
und stelle mir vor, wie unsere Unterhaltung weitergehen könnte.
»Ich brauche deine Hilfe in einer Patentsache bei einem Projekt, an dem ich arbeite. Ich konnte niemand anders fragen. Ich konnte niemand anders damit vertrauen.« Von seinen Gefühlen überwältigt, sieht Seth einen Augenblick zur Seite.
»Du weißt, dass ich immer für dich da bin, Seth.« Ich lege meine Hand sanft auf seine. »Hast du die Zeichnungen schon?«
»Ja, hier.« Seth zieht einige schematische Zeichnungen hervor, und unsere Blicke treffen sich, als sei es das erste Mal. Er schiebt die Blaupausen beiseite und küsst mich begierig über den Tisch hinweg.
Ich erwidere seinen Kuss feurig.
Mein Blick fällt auf die Papiere, die auf dem Boden liegen.
»Dein Projekt ist erstaunlich. Da tut sich ein ganz neuer Markt auf. Du wirst reicher werden, als du dir in deinen kühnsten Träumen je vorgestellt hast«, sage ich außer Atem vom Küssen.
»Wir werden reich sein, Ashley. Und deshalb habe ich das für dich gekauft, um mich bei dir zu bedanken.« Er hält mir einen Ring mit einem zwei Karat Brillant hin - aus Platin natürlich.
»Willst du mich heiraten?«
»Oh, ja Seth, das will ich.«
»Ashley, ist alles in Ordnung?« Er setzt sich wieder mir gegenüber hin und wischt die Sauerei auf. »Ich dachte, es wäre gut, wenn wir uns beim Essen unterhalten«, sagt er, und sein Gesichtsausdruck ist wieder ganz sachlich.
Mein Herz klopft wild, und ich versuche, ruhig zu atmen. Es wäre nicht gut, jetzt an einem Herzinfarkt zu sterben. Nicht ausgerechnet jetzt. »Nur zu, Seth.«
»Du hast doch schon manchmal im Gottesdienst in der Band mitgesungen.«
»Ja«, sage ich langsam und erröte ein kleines bisschen vor Stolz.
»Ich bin zwar nicht Jaci Valasquez oder so, und wegen meiner Arbeitszeiten konnte ich in letzter Zeit nicht mehr zu den Proben kommen, aber ...«
Er unterbricht mich. »Das andere Mädchen, das mit dir zusammen singt, Arin?«
Mir vergeht das Lächeln. »Ja?«
»Meinst du«, er hält inne. »Nun ja, meinst du, sie würde mit mir ausgehen?«
Atme. Atme. Zeig nur ja keine Enttäuschung. Aber ich bringe kein Wort heraus. Ich kann nicht aussprechen, was ich nicht empfinde, und mir wird klar, warum ich niemals Strafverteidigerin oder Pokerspielerin werden könnte. Ich antworte gleichgültig, aber innerlich zerbricht mir das Herz. Erst in diesem Moment wird mir klar, wie viel mir Seth bedeutet. Seine stille, kluge Art ... und seine leuchtend blauen Augen ... und sein sanftes Lächeln haben einen Teil von mir gefesselt. Es ist langsam und unauffällig über die Jahre geschehen, ohne dass ich es merkte. Wir haben so viel gemeinsam erlebt, dass ich es für selbstverständlich hielt.
»Hat Arin je von mir gesprochen?«, bohrt Seth nach, immer tiefer in mein Herz.
»Sie ist doch erst vierundzwanzig«, entgegne ich und spüre das Verlangen, ihn auf seine werdende Glatze und sein Alter hinzuweisen. Aber ich halte den Mund und hoffe, dass ihr Alter reicht, um seine aufgeblasene, egoistische, unsensible Einbildung zum Platzen zu bringen.
Er nickt eifrig und blind. »Sie ist wunderhübsch, meinst du nicht auch?«
Am liebsten würde ich ihm den Hals umdrehen. Ich möchte meine Hände um seinen dürren, kleinen Hals legen und schreien: DU BIST ZU RECHT SINGLE. ICH DACHTE, DU BIST EIN SINGLE AUF ZEIT, ABER DU BIST EIN SINGLE AUF EWIGKEIT VON DER SCHLIMMSTEN SORTE! Mein Salat sieht plötzlich welk aus, und ich überlege, wie ich die nächste halbe Stunde überleben soll, aber ich fange langsam an zu kochen.
Und plötzlich überkommt mich eine unnatürliche Ruhe. Ich habe alles unter Kontrolle. Vollkommen gefasst mache ich weiter, wie die preisgekrönte Schauspielerin Glenn Close, vielleicht mit ein bisschen verhängnisvoller Affäre . Aber ohne Playboy-Flair.
»Arin ist sehr hübsch«, antworte ich ruhig. Vielleicht ein bisschen beängstigend ruhig. »Arin hat auch einen Freund an der Stanford Uni. Er studiert Medizin«, füge ich hinzu. Aber es bringt nichts. Wenn Seth noch einen Hauch von Single auf Zeit in sich hatte, so ist der längst in der Ewigkeit begraben. Er könnte einen Grundkurs in Ahnungslosigkeit unterrichten.
»Ist es etwas Festes?«, fragt Seth. »Zwischen Arin und ihrem Freund?«
»Ist das dein Ernst?« Ich will nicht böse klingen, aber wie kann dieser Mann nur so beschränkt sein? Meint er wirklich, eine blendend aussehende Vierundzwanzigjährige mit einem Freund, der aussieht wie Hugh Jackman im Arztkittel, hätte
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