LIEBES LEBEN

Roboter.«
    »Warte ab, ob du das mit dreißig immer noch sagst. Diese Gedanken ändern sich mit der Zeit.« Jetzt klinge ich so spießig, wie ich geworden bin.
    »Nein, ernsthaft. Ich gehe nächsten Monat nach Costa Rica auf einen Kurzeinsatz mit einem Missionswerk. Und danach will ich nach Afrika und auf Safari gehen. Kevin ist für meinen Geschmack zu sehr in seine Arbeit vertieft. Ich war gern mit ihm zusammen, aber wenn wir beide ganz ehrlich zueinander sind, dann müssen wir zugeben, dass wir einander nur Gesellschaft geleistet haben.« In der zwielichtigen Beleuchtung des Starbucks Cafés wirkt Arin geknickt. »Außerdem ist er viel zu ernst, als dass ich ihn ernst nehmen könnte.« Sie lacht ein unbeschwertes, leichtes Lachen.
    »Du bist hier im Silicon Valley, Arin. Hier sind alle ernst.« Ein ernster, gut aussehender Arzt. Vielleicht überlässt sie ihn ja mir?
    »Ich weiß. Ist das nicht gerade das Problem? Als ich letzten Sommer in Italien war, da haben die Leute sogar mal einen Nachmittag frei gemacht und ein Glas Wein getrunken und eine Kleinigkeit gegessen. Hier vergessen sie ja schon beinahe überhaupt zu essen. Ich glaube nicht, dass ich für das Leben hier geschaffen bin.«
    »Ich schon, glaube ich. Aber in letzter Zeit habe ich auch so meine Zweifel«, gebe ich zu. »Ich habe kein Problem damit, rund um die Uhr sieben Tage in der Woche zu arbeiten. Zumindest hat es mir bisher nichts ausgemacht.« Ich sehe zu Seth hinüber, der sich gerade mit Sam über dessen Star-Trek-Darbietung amüsiert. In mir ist eine Sehnsucht, die ich nicht will, und Arins Gleichgültigkeit ihm gegenüber - ihre Ausrichtung auf die Zukunft und was sein wird - erinnert mich nur daran, dass ich mich in meiner eigenen Haut im Moment auch nicht wohlfühle. Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich genau das Gleiche übers Heiraten gesagt. Und jetzt bin ich Bus-Braut, wenn man meinem Bruder und den Männern der First Community Kirche glauben darf. Dass Arin immer noch Möglichkeiten hat zu heiraten, macht mich wahnsinnig.
    »Eines Tages wird auch mein Prinz kommen ...«, singt sie.
    Oh, wenn ich doch noch einmal so naiv sein könnte. Ich muss das Thema wechseln, bevor ich noch verletzend werde. »Nach Costa Rica? Was wirst du dort machen?«
    »Ich wollte schon immer mal den Urwald sehen, und dieses Missionswerk ist die Möglichkeit dazu. Bei der derzeitigen Wirtschaftslage gibt es keine Jobs - mit einem Abschluss in englischer Literatur ist man hier nicht gerade heiß begehrt - also verpasse ich nicht wirklich etwas.« Sie bläst sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. »Wenn ich schon arbeitslos sein werde, kann ich wenigstens noch etwas Gutes tun.«
    Oh, wenn mein Bruder Dave doch nur ihren Schneid hätte ...
    »Und was machst du in Costa Rica?«, frage ich.
    »Ich habe ein Zahnarztteam kennen gelernt, die noch Helfer suchen. Ich werde ihnen bei der Arbeit unter den Einheimischen, die an der Küste leben, helfen. Ich werde in den Urwald gehen und die Affen und Vögel sehen ... Wir werden ein recht großes Gebiet bereisen.«
    »Wow«, sage ich ehrlich erstaunt. Und ich dachte immer, ich sei abenteuerlustig, wenn ich ins Kino gehe, ohne die Karten vorher übers Internet zu reservieren.
    »Du kannst froh sein, dass dich das Leben hier glücklich macht, Ashley.«
    Ich schaue zu Seth hinüber, der sich immer noch mit Sam amüsiert. »Wirklich?«

7
    Ich habe den Sonntagmorgen im Gebet verbracht. Mit Fasten und allem Drum und Dran. Ich habe Gottes Willen für diesen Tag erkannt und bin nun für alles gewappnet - wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt und so weiter. Ich bin so verdammt friedvoll, dass ich schon apathisch bin.
    Meine traurige Vergangenheit schwimmt wie Treibholz auf den Wellen langsam davon. Vielleicht werde ich jetzt der Mittelpunkt jeder Party sein, so wie Arin. Ich habe alle negativen Erinnerungen in mir in den Abgrund meines Meeres versenkt. Ich lege sie vor dem Thron Gottes auf den Altar und gehe weiter auf meinem Lebensweg. Heute fängt mein neu gefundener Glaube an. Ich werde mich nie wieder aufregen. Ich werde mich um nichts mehr sorgen, sondern in allen Dingen meine Bitten in Gebet und Flehen vor Gott kundwerden lassen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird mein Herz und meine Sinne bewahren, in Jesus Christus. Das Leben ist gut, und ich fühle mich lebendig.
    Das Telefon klingelt.
    »Hallo«, hauche ich in den Hörer, um meine neu gefundene, friedfertige Haltung zu