LIEBES LEBEN
Peitschenspitze. »Sie geht aus Silicon Valley weg?«
Ich habe das deutliche Verlangen, die Sache etwas abzumildern. »Seth, du kennst sie doch kaum. Was ist, wenn du ihren Charakter gar nicht magst? Ich weiß, dass sie hübsch ist, aber ...« Seth schaut mich wehmütig an. »Weißt du, Ashley, ich habe mich mein ganzes Leben immer nur auf der sicheren Seite bewegt. Was ist, wenn irgendwo dort draußen eine großartige Gelegenheit wartet, und ich verpasse sie? Als du neulich bei Starbucks gesungen hast, habe ich wieder deine ganz andere Seite gesehen. Und ich habe mich gefragt, was wohl passieren würde, wenn ich mich auf so etwas einlassen würde.«
Klasse. Jetzt bin ich schuld, dass er hinter Arin her ist.
Unsere Blicke treffen sich, und ich fühle mich, als sähe er geradewegs durch mich hindurch. Zu Arin. »Ich möchte Gottes Plan für mein Leben nicht verpassen, nur weil ich zu feige bin zu handeln, Ash.«
Sollte Arin Gottes Plan für Seth sein? Es gab schon seltsamere Dinge, schätze ich. Die Vorstellung ist nur so unglaublich. Während Arin sich im mittelamerikanischen Regenwald tummelt und Seth sehnsüchtig auf ihre Rückkehr wartet, laufe ich für eine mir unbekannte asiatische Braut, die kaum Englisch spricht, in einem Brautjungfernkleid von der Stange herum. Und Seth wird mich wahrscheinlich anrufen oder mir Mails schicken und mich um Rat fragen zu Verabredungen, für die er dann auch noch Geld ausgibt, wenn Arin zurück ist.
Mein Leben kotzt mich an.
8
Nach dem Gottesdienst trifft sich die Single-Gruppe bei Chevys, einem mexikanischen Restaurant. Vive Mexico! Ich sitze in der Mitte des langen Tisches und beobachte, wie Seth versucht, einen Platz neben Arin zu ergattern. Natürlich unterhalte ich mich mit der Frau neben mir, und sie hat keine Ahnung, dass meine Aufmerksamkeit eigentlich auf etwas ganz anderes gerichtet ist. Ob es wohl einen Namen gibt für diesen Gemütszustand, in dem ich mich offensichtlich befinde?
Arin sieht mich und winkt mir in ihrer Prinzessinnenart zu.
»Ashley!« Sie dreht sich schnell um und läuft direkt Seth in die Arme, der ihr wie ein Schatten folgt. »Entschuldige«, sagt sie kichernd.
Seth verzieht das Gesicht, als Arin wie eine Libelle um den Tisch schwirrt und sich elegant durch die Menschen schlängelt. Er hat jetzt ein ernsthaftes Problem. Soll er ihr folgen und riskieren, dass es auffällt, oder soll er bleiben, wo er ist, und hoffen, dass ich die beiden nach dem Essen noch einmal einander vorstelle?
Der glückliche Gewinner für heute ist ... die Verzweiflung. Er kommt um den Tisch und setzt sich auf die andere Seite von Arin, nachdem sie sich neben mich gesetzt hat. Sie bemerkt sein übermäßig bemühtes Grinsen und lächelt verlegen.
»Hallo«, sagt sie und streckt ihm ihre schlanke Hand hin. Und wieder zieht es mir das Herz zusammen bei dieser Geste, die Seth vollkommen verzaubert. Es ist eine Sache, von einem Mann fallen gelassen zu werden. Das passiert selbst den Besten unter uns. Aber dann zusehen zu müssen, wie genau dieser Kerl um eine andere herumscharwenzelt, sollte nicht sein.
»Hallo.« Seth will nach Arins Hand greifen, stößt dabei ein Glas Wasser um und kippt ihr die eisgekühlte Flüssigkeit in den Schoß.
Arin schießt hoch wie ein Seelöwe aus dem Wasser. »Iiiih, kalt!« Ihre Hände zittern, sie schaut auf ihre Jeans und schaut dann zu mir. »Ashley, würdest du mit mir auf die Toilette kommen?«
»Wir sind gleich wieder da«, sage ich und hoffe, dass man uns nicht anmerkt, dass wir auf die Toilette gehen, um über Seth und seine ungeschickten großen Hände zu sprechen. Ich wünschte, ich könnte ihm diese Demütigung ersparen. Vielleicht hätte ich an jenem Abend, als er mich zum Essen eingeladen hatte, mehr sagen sollen. Vielleicht hätte ich noch direkter sein sollen - und ihm eins mit dem Vorschlaghammer verpassen sollen.
Wir ziehen Richtung Damentoilette davon, und vor dem Spiegel bricht Arin in kindliches Gekicher aus. »Ashley, wie heißt der arme Kerl noch mal?«
Sie macht sich nicht über ihn lustig, sondern will es tatsächlich wissen. Ich denke nicht mehr länger an meinen knurrenden Magen. Arin hat sich bei diesem Fiasko köstlich amüsiert, und meine innere Stimme sagt mir laut und deutlich, dass sie fasziniert ist. Diese wunderschönen Saphiraugen haben seine Glatze und seine dumme Ungeschicklichkeit überwogen. Der Schmerz steigt mir in den Hals und nimmt mir die Stimme.
»Das ist Seth Greenwood«, bekomme ich
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