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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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Hey, ich weiß, dass ich nach billiger Seife rieche. Das ist eine komische Geschichte, aber ... oder soll ich einfach darüber hinweggehen?
    Falls Kevin mein kräftiges Aroma bemerkt hat, schweigt er dazu. Meine Hoffnung ist, dass er diese typische Kaugummi-Erdbeer-Reinigungsmittel Duftmischung nicht bemerkt, weil Krankenhausseife noch viel strenger nach Desinfektionsmittel riecht. Darum bete ich.
    Mein Schweigen ist zu auffällig, und Kevin sieht mich erwartungsvoll an. Also lächle ich und lege den Kopf schräg, als sei ich wer weiß wie hübsch. »Ich bin wirklich froh, dass du mich am Flughafen aufgegabelt hast.« Ups. Ich hoffe, er weiß, dass ich »aufgegabelt« im Sinne von »abgeholt« meine.
    »Ich auch«, sagt er und übersieht meinen roten Kopf. »Es ist schön, wieder im Land zu sein. Meine ersten zwei Jahre hier sind offiziell vorüber. Das verlangt nach einer Feier. Und was könnte besser sein, als dass mein Vater die Rechnung dafür begleicht?«
    »Schön, dass sich deine Eltern hier mit dir treffen. Sie wissen doch, dass ich komme, oder?«
    »Natürlich wissen sie, dass du kommst. Sie sind schon ganz begierig darauf, dich kennen zu lernen. Weißt du nicht mehr?«
    Meine Augen werden schmaler. »Was meinst du mit ›sie sind ganz begierig‹? Was haben deine Eltern von Arin gehalten?« Wo kommt denn dieser Satz auf einmal her?
    Er reibt sich das Kinn. »Unsere Beziehung war nie so ernsthaft, dass sie sich darüber Gedanken gemacht hätten, aber sie meinten, sie sei nicht intelligent genug für mich.«
    Ich muss lachen. »Meine Mutter meint, niemand sei intelligent genug für mich. Was haben Eltern nur, dass sie immer meinen, ihre Kinder seien Genies?«
    »Ich bin Mitglied im Hochbegabtenverein Mensa.«
    Gut. Ein bisschen unheimlich. Ich glaube, die meisten Menschen hier in der Gegend sind intelligent genug, um Mensa-Mitglied zu sein. Dass sich jemand überhaupt die Mühe macht, den IQ-Test zu machen. Seltsam.
    Er zuckt mit den Achseln und tut mein Schweigen mit einem Lachen ab. »Bist du nicht Mitglied?«
    »Äh, nein.«
    »Hast du es schon einmal versucht?«, fragt er, als sei es das Natürlichste der Welt, Mensa-Mitglied zu sein.
    »Ist nichts für mich.«
    »Meinst du, du würdest bestehen? Hast du schon einmal einen IQ-Test gemacht?«
    »Ist der IQ-Test Voraussetzung, um mit dir befreundet zu sein?«
    »Ich bin ein überzeugter Verfechter der Genpooltheorie. Meine Eltern übrigens auch.« Kein Anzeichen eines Lächelns als Hinweis, dass das ein Scherz ist.
    »Hast du dich deshalb für Kinderheilkunde entschieden? Genmedizin?«
    »Was auch immer ich tun kann, um genetische Fehler zu korrigieren, hilft unserer Gesellschaft, meinst du nicht?« Die Aufzugtür öffnet sich. »Wir sind da.«
    Einen Augenblick lang bin ich überwältigt von der Aussicht. Das weltberühmte Transamerika-Gebäude, das sich in den kristallklaren, blaue Himmel reckt, und das alles vor dem Hintergrund der Bucht von San Francisco. »Das ist grandios. Ich kann mich an dieser Stadt niemals sattsehen.«
    »Dort sind meine Eltern.« Kevin legt mir die Hand auf den Rücken und dirigiert mich zu einem Ehepaar. Ich hätte gesagt, ein älteres Ehepaar, aber das sind sie nicht. Kevins Vater sieht aus, als hätte er gerade für einen Triathlon trainiert, und seine Mutter sieht aus, als kenne sie einen sehr guten Schönheitschirurgen. Ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen zeigen keinerlei Anzeichen von Überraschung, und in ihrem Gesicht sind keine Falten, obwohl sie es schon ihr ganzes Leben lang trägt. Saubere Arbeit. Ich studiere ihr Gesicht und versuche, meinen Blick davon zu lösen, als Kevin uns einander vorstellt.
    »Mutter, Vater, das ist Ashley Stockingdale.« Er schiebt mich ein bisschen vor.
    »Guten Tag«, sage ich und strecke meine Hand aus. »Ich freue mich, Sie kennen zu lernen.« Obwohl es auch Zeit gehabt hätte bis nach unserer ersten Verabredung.
    Seine Mutter studiert mich genau, und ihr Blick wandert an meinem schwarzen Kostüm auf und ab. Wahrscheinlich sucht sie nach irgendwelchen genetischen Defekten.
    »Miss Stockingdale«, erwidert seine Mutter mit einem kurzen Nicken.
    »Ashley, wir haben schon einiges über Sie gehört«, sagt Dr. Novak Senior. »Aber mein Sohn hat uns verschwiegen, wie hübsch Sie in Wirklichkeit sind.«
    Wenn das nicht die abgedroschenste Phrase ist, die ich je gehört habe. »Danke.«
    »Nehmen Sie Platz, bitte.« Kevins Vater ruft mit erhobenem Zeigefinger den Ober, und ich ertappe mich

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