LIEBES LEBEN
zumachen?« Ich schaue sie an. »Und kannst du mir die Unterlagen vom Reich des Bösen holen?«
Sie bekommt große Augen. »Klar.« Sie kommt zurück, lässt die Sachen auf meinen Tisch fallen und rennt hinaus, um zu Manny aus dem Verkauf zu gehen. Für die nächste Stunde schaue ich kein einziges Mal auf. Inzwischen unterhält sich Dianna mit Jeff aus der Marketingabteilung, aber ihr Gespräch wird abrupt unterbrochen, als Seth erscheint.
Dianna schiebt sich von ihrem Schreibtisch zurück und lässt den Notizblock, den sie im Arm hatte, fallen. Langsam steht sie auf und schaut ihn verstohlen an. Er schaut weg, und ich könnte jubeln. Als ich zum Fenster schaue, höre ich ihn sagen, er wolle zu Ashley.
Dianna verdreht die Augen. Sie hatte auf Seth gesetzt und dadurch Jeffs Aufmerksamkeit verloren. Schlechte Wette. Jetzt hat sie gar niemanden mehr zum flirten.
»Sie ist da drin.« Dianna macht eine Handbewegung in meine Richtung, aber macht sich nicht die Mühe, Seth zu begleiten oder ihrer Aufgabe nachzukommen und ihn anzukündigen. Das Ganze macht mich wütend. Gibt es irgendwo ein Büro, das nicht dem ständigen Verlangen der Verwaltungsassistentin nach Aufmerksamkeit ausgeliefert ist? Wenn ja, würde ich gerne dort arbeiten.
»Hallo.« Seth lehnt am Türrahmen, und bei seinem Anblick zieht sich mein Magen zusammen. Dr. Kevin Novak sieht so unglaublich gut aus, und Seth hat eine Glatze und zieht sich wie ein Ingenieur an. Fehlt mir das Wettbewerbs-Gen oder so?
»Hallo.« Ich stehe nur da und glotze, als würde er jetzt gleich irgendetwas aufführen. Es hat etwas Vertrautes, wenn er in meinem Büro ist.
»Hier hast du dein Baby wieder.«
»Hmm, hmm.« Das habe ich.
»Ich habe ihn auf den Parkplatz unter deinem Fenster gestellt.«
»Gut.« Ich schüttle den Kopf, um wieder klar zu denken. »Entschuldige, das war zu viel Zucker heute Morgen.« Ich schaue aus dem Fenster. Dort steht mein graues Cabrio und glänzt und strahlt in der Morgensonne. »Er sieht sauberer aus, als ich ihn zurückgelassen habe.«
»Ich habe ihn heute Morgen gewaschen. Es war so ein wunderschöner Tag, und ich finde, Auto waschen entspannt.«
»Was kann ich tun, um all das wiedergutzumachen, was du für mich getan hast?«
»Warum kannst du es nicht einfach nur annehmen, Ash? Ich bin dein Freund. Mehr als das will ich nicht.«
Seine Worte treffen mich mitten ins Herz. Nein, mehr als das will er nicht, und genau das ist das Problem, nicht wahr? Diese quälenden Worte, die niemand je hören will. Ich glaube, wir sind mehr als nur gute Freunde. Aber ich sollte mich eigentlich über diesen wunderbaren Arzt freuen, mit dem ich mich treffen werde. Was stimmt nicht mit mir?
Seth sieht mich nicht so . Das wird er nie. Und es wird Zeit, dass mein Herz den nächsten Schritt geht. Aber wenn ich in diese kristallblauen Augen schaue, mit ihrem warmen, fürsorglichen Ausdruck, frage ich mich, ob ich jemals den nächsten Schritt gehen werde. Irgendwann habe ich Seth mein Herz geschenkt. Auch wenn er nie mehr getan hat, als es mir wieder zurückzugeben.
»Hast du meine Schlüssel?«, frage ich. Er gibt sie mir, und ich muss gestehen, dass ich einen Augenblick lang versucht bin, ihn zu küssen. Auf der Stelle, hier in meinem Büro. Sozusagen ein Abschiedskuss. Und bevor ich es merke, berühren meine Lippen seine Wange. »Danke, Seth«, flüstere ich ihm ins Ohr.
Er bekommt ganz große Augen und blinzelt übermäßig. Dianna starrt mich an, als sei ich das lockere Mädchen von uns zwei, und ich kann sehen, wie die Rädchen im Gehirn des Botenjungen rattern, als würde ich vielleicht endlich was Wildes tun. Es fühlt sich gut an, alle überrascht zu haben, und ich richte mich auf. Vielleicht werden sie mich jetzt beachten und sich fragen, was für ein Herz in dieser jungen, etepetete Anwältin wirklich schlägt. Vielleicht habe ich ja meine Geheimnisse.
Ich trete zurück und streiche mir über den Hosenanzug. »Also, an die Arbeit.«
»In Ordnung.« Seth hebt die Hand. »Ich bin nur ein paar Blocks weiter. Ich kann hinlaufen.«
Seltsamerweise macht es mir gar nichts aus, dass ich diesen Mann zu Tode erschreckt habe. Ich weiß, dass es jetzt offiziell vorbei ist, und vielleicht kann ich jetzt den nächsten Schritt gehen. Vielleicht ist der Grund dafür, weshalb ich so lange in dieser Tretmühle festhänge, dass ich geglaubt habe, dass sich zwischen mir und Seth etwas entwickeln würde. Tief im Innersten meines Herzens habe ich diesen Traum nie
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