LIEBES LEBEN
Mann Autos mag, macht mir das Sorgen. In meiner vielleicht etwas verdrehten Vorstellung ist eine Frau, die Autos mag, selbstbewusst, cool, mutig. Aber ein Mann? Ein Sportwagen sagt mir, dass er unsicher ist und sich beweisen muss. Außerdem ist ein Boxster ein Frauen-Porsche: Es ist die nette, günstigere Porsche Variante. Ein Mann sollte einen Carrera fahren. Aber ich versuche, diese Gedanken abzuschütteln. Schließlich ist das mein neues Leben. In meiner neu erblühten Welt verhalten sich die Männer anders. Er ist kein Ingenieur. Er wird dieses Auto nicht auf der Interstate 280 zu Schrott fahren.
»Nein, keine weiteren Tests, versprochen.« Kevin legt den ersten Gang ein, und weg sind wir. »Außerdem musst du nicht nervös sein. Du hast den ersten mit Glanz und Gloria bestanden.«
»Das kannst du gar nicht wissen. Mit meinen Computerkenntnissen bei Patenten hätte ich herausfinden können, auf wen der Wagen zugelassen ist, und hätte gewusst, dass du mich nur auf die Probe stellen willst. Ich hätte deinen Kontostand überprüfen oder dich überwachen lassen können. Du weißt nicht wirklich, ob ich bestanden habe. Du bist immerhin ein Arzt aus Stanford.«
»Du bist ein harter Brocken, weißt du das?«
Bei dieser Bemerkung muss ich lächeln. »Natürlich weiß ich das. Das gehört zu meinem Charme.«
Wir rasen durch die Seitenstraßen, bis wir mitten im reichen Palo Alto sind. Obwohl es mitten unter der Woche ist, sind die Restaurants rappelvoll mit Stammkunden, die mehr Geld als Kochkenntnisse haben. Wir halten vor einem winzigen, sehr exklusiv wirkenden Restaurant, und Kevin bezahlt den Parkservice, damit er seinen Porsche parkt.
Das Wetter ist kühl, und ich wickle mir meinen neuen Angoraschal etwas enger um die Schultern. Kevin sieht, dass ich friere, legt seinen Arm um mich und bringt mich schnell ins L’aime Donia, ein kleines französisches Bistro, das total in zu sein scheint.
Salbeigrün und ein warmes Gelb an den Wänden mit handgemalten Landschaftsbildern sorgen für eine beruhigende Atmosphäre. Aber ich fühle mich hier nicht wohl. Nicht, dass ich nicht wüsste, wie man sich in so einem Restaurant benimmt, aber es scheint alles so verschwenderisch. Als wir sitzen, bringt uns der Ober eine übermäßig lange und teure Weinkarte. Neues Leben. Neues Leben , erinnere ich mich selbst.
»Was für einen Wein magst du am liebsten?«, fragt Kevin.
»Eigentlich gar keinen. Ich trinke nicht oft Alkohol.«
»Gut für dich. Sie haben hier einen fantastischen Merlot, aber er wird nur in der Flasche angeboten.«
Ich schüttle meine Stoffserviette aus und lege sie auf meinen Schoß. »Ich werde trotzdem keinen trinken«, sage ich entschuldigend. »Ohne meine Mutter und meinen Bruder habe ich keinen Grund, Alkohol zu trinken.«
Er lacht und hat dabei lauter Lachfalten um seine warmen Augen. »Siehst du, du hast soeben den zweiten Test bestanden: Gruppenzwang. Weißt du noch, dass ich gesagt habe, dass ich normalerweise nichts trinke, weil ich immer Rufbereitschaft habe?«
Ich bin ein wenig empört. Werde ich hier tatsächlich auf die Probe gestellt? Ich versuche, das ungute Gefühl zu verdrängen.
Er bestellt Mineralwasser. Und ich? Ein ganz klassisches Cola Light. Natürlich wieder mit einem Spritzer Zitrone; ich bin ja nicht aus der Provinz. Ich wage eine direkte Frage. »Machst du aus allem einen Test, Kevin?«
»Ich bin im Anerkennungsjahr. Da scheint irgendwie alles auf Probe zu sein.«
»Was machst du eigentlich jetzt in deiner Freizeit, wo du keine Modellschiffe mehr bauen kannst?«
Kevin hält inne und denkt lange über meine Frage nach. Nach einem langen Schweigen meint er: »Nichts. Ich mache eigentlich nicht viel außer arbeiten, schlafen, essen und meine Eltern besuchen, wenn sie in die Gegend kommen.«
Als ich Kevin anstarre, ist es plötzlich, als starre ich in einen Spiegel. Wir sind beide oberflächlich, fahren Sportwagen und verschwenden unser Geld mit teurem Essen. Das ist nicht mein neues Leben. Das kann es nicht sein. Ich ziehe mir meinen Angoraschal etwas enger um die Schultern, aber im Augenblick hält mich diese teure Verpackung auch nicht warm.
»Ist das nicht der Typ, von dem Arin gesprochen hat?«, fragt Kevin. »Es muss wohl gleich wieder verpufft sein.«
Ich schaue zu einem Ecktisch weiter hinten und falle fast vom Stuhl beim Anblick von Seth Greenwood, der dort mit einem Rotschopf gemütlich im Eck sitzt. Sie hat langes, schönes, rotes Haar, das sie in
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